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Auf den Spuren Caminadas: Der Aargauer Manuel Steigmeier gewinnt einen Michelin-Stern und den Young Chef Award

Mit einem Michelin-Stern durfte Manuel Steigmeier vom Restaurant Fahr in Künten-Sulz rechnen, aber es wurde noch mehr: Der 27-jährige Aargauer wurde in Lausanne mit dem Michelin Young Chef Award ausgezeichnet.

Einen knappen Monat ist es her. Manuel Steigmeier und seine Frau Alexandra waren gerade auf dem Weg zu Starkoch Andreas Caminada auf Schloss Schauenstein, um dort ihren dritten Hochzeitstag zu feiern, als sie von der Einladung des Guide Michelin erfuhren. Das junge Wirtepaar, er 27, sie 33, würde am 17. Oktober der Verleihung der Michelin-Sterne in Lausanne beiwohnen dürfen.

Es folge ein Wochenende auf Wolke sieben: Hochzeitstag (das Paar erwartet Ende Jahr sein zweites Töchterchen), ein Treffen mit dem Dreisterne-Koch und die Aussicht auf den ersten eigenen Stern. Da war aber auch die Ungewissheit, ob die Einladung wirklich gleichbedeutend mit dem Erhalt der begehrten Auszeichnung sein würde.

Seit Montag ist klar: Sie war es. Und noch mehr. Koch Manuel Steigmeier gewinnt nicht nur einen Michelin-Stern, sondern auch den Michelin Young Chef Award, einen der begehrtesten Preise der Szene. Steigmeier ist damit einer der jüngsten Schweizer Köche, der je einen Stern erhalten hat. Caminada erhielt seinen ersten Stern ebenfalls mit 27.

Das Restaurant Fahr zählt mit einem Stern zu den insgesamt 138 auserwählten Restaurants der Schweiz mit ein bis drei Sternen. Zum Vergleich: «Gault Millau», die andere Gourmet-Bibel, hat 860 Restaurants mit 12 bis 19 Punkten ausgezeichnet. Der 20. Punkt ist im Sinn der Gründer Henri Gault und Christian Millau für Gott reserviert.

Guide Michelin 2022: Alle 138 Schweizer Sternerestaurants im Überblick

Ein bemerkenswerter Höhenflug

Vor fünf Jahren setzte das junge Wirtepaar in der idyllischen Reussebene mitten im Naturschutzgebiet zu seinem bemerkenswerten Höhenflug an.Von «Gault Millau» gab es auf Anhieb 14 Punkte. Im Jahr darauf folgten 15, dann 16 und noch einmal 16. Seit drei Jahren ist das «Fahr» das bestbewertete Restaurant im Kanton.

Der Michelin Young Chef Award für Manuel Steigmeier.

«Der Young Chef Award und der Stern sind eine grosse Freude und Auszeichnung», sagt Manuel Steigmeier, «darauf haben wir fünf Jahre hingearbeitet.» Bemerkenswert ist das auch, weil Steigmeier nicht aus der Talentschmiede eines sogenannten Starkochs stammt und in dessen Dunstkreis jahrelang auf höhere Aufgaben vorbereitet wurde.

Steigmeier hat die Kochlehre im «Bären» Birmenstorf bei Harry Pfändler (14 Punkte) absolviert. Dort lernte er auch seine Frau Alexandra kennen, die wie heute im Service tätig war.

Es folgte ein kurzer Abstecher ins Clouds Zürich (ein Stern), ehe Steigmeier jung den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. Der Fislisbacher Unternehmer Viktor Bosshard wollte in Künten ein Restaurant eröffnen, suchte einen talentierten Koch und fand den damals 21-jährigen Steigmeier. Ein Wagnis, das sich vom ersten Tag an ausbezahlt hat.

Ein Stern, 16 Punkte: Das Restaurant Fahr in Künten-Sulz.
Mathias Förster

Michelin: «Ausdrucksstarke Gerichte ohne Chichi»

Der Guide Michelin schreibt in seiner Bewertung: «Ausdrucksstarke Gerichte ohne Chichi – toll die Produkte, fast ausschliesslich aus der Schweiz.» Er lobt die «besonders interessante Weinkarte», die mittlerweile 500 Positionen umfasst, das in Schweizer Hartholz gehüllte Restaurant, das chice, geradlinige Interieur und die herrliche Terrasse.

Das Highlight im «Fahr» ist die Abendkarte. Die Küche verbindet Klassik und Moderne. Der Gast kann zwischen fünf, sechs oder sieben Gängen auswählen, optional gibt es eine Weinbegleitung. Die Karte wechselt alle zwei Monate.

Weisser Alba Trüffel im Restaurant Fahr von Manuel Steigmeier.
Zvg

Seit letzter Woche hat Steigmeier erstmals den angesagten weissen Alba Trüffel im Angebot, serviert auf Risotto mit Knollensellerie. Die Teller sind skandinavisch-reduziert angerichtet mit dem Fokus auf ein, zwei Komponenten. Alle Gerichte gibt es auf Wunsch auch vegetarisch, laktose- oder glutenfrei. Über den Mittag gibt es gutbürgerliche Küche mit Niveau.

Im «Fahr» arbeiten neun Personen, fünf in der Küche, vier im Service. Früh hat Steigmeier auf die Vier-Tage-Woche gesetzt, um als attraktiver Arbeitgeber nicht unter dem Fachkräftemangel zu leiden. Einer seiner Köche arbeitete einst gar für Caminada. Für Steigmeier ist der 45-jährige Bündner, der im Alter von 34 Jahren seinen dritten Stern erhielt, das grosse Vorbild. Am Ende seiner Lehre schrieb er seine Vertiefungsarbeit über ihn und traf ihn für ein Interview.

Die optische Ähnlichkeit mit Caminada ist kein Zufall

«Andreas Caminada ist der Roger Federer des Kochens», sagt Steigmeier. «Er ist mein Idol, kochtechnisch, aber auch in Sachen Marketing und Optik.» Umso grösser war die Freude, als er ihn vor einem Monat auf Schloss Schauenstein wieder treffen konnte und sich Caminada nach zehn Jahren noch immer an den jungen Aargauer erinnerte. Nun hofft Steigmeier, dass Caminada auch einmal den Weg ins «Fahr» findet.

Die Weinkarte im «Fahr» zählt 500 Positionen.
Mathias Förster

Das Restaurant ist schon jetzt weit über die Kantonsgrenzen bekannt. «Mit dem Michelin-Stern werden wir auf dem Radar von noch mehr Gästen sein», sagt Steigmeier und fügt wohlwissend an: «Es werden auch einige selbst ernannte Experten auftauchen.»

Aus der Ruhe bringen wird das den sympathischen, klugen Koch, der mit Frau und Töchterchen Victoria in Stetten wohnt, nicht. «Mit dem Stern ging nicht nur ein Kindheitstraum in Erfüllung, er ist auch die Bestätigung für das Handwerk, die Sensorik und unsere Teamleistung.» Man könne nun noch befreiter aufkochen, mehr wagen und an die Grenzen gehen.

An der Karte oder den Preisen werde sich aber nichts ändern. «Der Stern hat für mich mehr Wert als Geld», sagt Steigmeier, der nun gespannt auf den 7. November wartet. Dann erscheint der neue «Gault Millau». «Wir hoffen, dass wir die 16 Punkte halten können und träumen, dass es 17 werden.»

Holzfassade: Das Restaurant Fahr eröffnete 2017.
Mathias Förster