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Suhner bereits in Kurzarbeit – sind das erste Folgen von Trumps Zollchaos?

Ob kleine, mittlere oder grosse Unternehmen: Die Industrie im Aargau steht wegen der Frankenstärke unter Dauerdruck. Die aus den USA gestifteten Unsicherheiten erschweren die Situation nun. Zuletzt sind die Kurzarbeitsanträge gestiegen.

Leicht hat es die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) nicht. Hierzulande zu produzieren, kostet mehr als anderswo. Die Frankenstärke verteuert die Exporte. Und nun gibt es noch die von den USA gestifteten Unsicherheiten auf dem Weltmarkt.

Anfang Mai schon prophezeite die Aargauische Kantonalbank in ihremKonjunkturbarometer, dass die Handelskonflikte «zu rückläufiger Investitionstätigkeit hiesiger Unternehmen» führen könnten. Unter Druck stehen auch mittlere- und kleine Unternehmen im Aargau.

Nun zeigt sich: Weil nicht klar ist, wie es in Sachen Zöllen weitergeht, warten viele ausländische Kunden von Schweizer Industriebetrieben mit Bestellungen ab. Von den Auswirkungen des «Zollchaos aus Washington» schrieb auch die Zeitung«Finanz und Wirtschaft». Über ein Drittel der Unternehmen habe angegeben, ihre Produktion zurückgefahren zu haben, weil weniger Aufträge eingegangen seien.

Am Montag gaben dann UBS und «procure.ch»die Mai-Daten vom Einkaufsmanagerindex (PMI)für die exportorientierte Schweizer Industrie bekannt. Im Vergleich zum Vormonat sank dieser Index um 3,7 Punkte auf 42,1. So tief lag er zuletzt Ende 2023. Schon im April war er um 3,1 Punkte gefallen. Unter 50 Punkte bedeutet, dass der Sektor schrumpft.

US-Zollchaos gilt neu als Kurzarbeitsgrund

Zum Teil ist dies bereits an den Kurzarbeitsanträgen spürbar. Eigentlich war das Jahr noch relativ vielversprechend gestartet. Doch nachdem die Anzahl Aargauer Betriebe in Kurzarbeit von 40 im Januar auf 34 im März gesunken war, steigt diese Anzahl wieder. Im April waren es 37 Betriebe, im Mai 38. Von diesen sind neu drei Firmen sicher «aufgrund direkter oder indirekter Betroffenheit mit der Thematik US-Zölle» im Kurzarbeitsregime, wie der Kanton auf Anfrage sagt.

Negative Auswirkungen der Einführung von US-Zöllen werden neuerdings als Begründung bei Anträgen auf Kurzarbeit vom Bund akzeptiert. Über 500 Schweizer Unternehmen warenlaut dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)zuletzt von Kurzarbeit betroffen. Die aktuellen Werte ähneln der Zeit, als der Euro-Mindestkurs aufgehoben worden war.

Swissmem, der Verband für Firmen der Schweizer Tech-Industrie, fordert aktuell eine Verlängerung der maximalen Kurzarbeitsdauer von 18 auf 24 Monate, wie er Ende Maiin einer Mitteilungbekannt gab. Schon im August war die Frist von 12 auf 18 Monate verlängert worden.

Die Unternehmen bräuchten diese Verlängerung «als notwendige Brücke», um etwas Plansicherheit zu erhalten und den Verlust von Know-how zu verhindern. Es würden nämlich keine strukturellen Probleme herrschen, sondern eine nicht vorhersehbare Krise und es seien gerade Unternehmen betroffen, «die international wettbewerbsfähig und in ihren Nischen weltweit führend sind». Die Schweizer MEM-Industrie gilt als Zulieferin von Spezialtechnologie für andere Industrieunternehmen, insbesondere in Europa. Gut 80 Prozent sind exportorientiert.

Suhner in Lupfig seit Mai in Kurzarbeit

Ein prominentes Beispiel aus dem Aargau ist die Firma Suhner, die in Lupfig 150 Personen beschäftigt: Dort herrscht seit Mitte Mai Kurzarbeit, wie Verwaltungsratspräsident Jürg Suhnergegenüber der NZZbekannt gab. Mindestens bis Juli soll diese Situation dauern.

Suhner stellt Spezialwerkzeuge her, zum Beispiel für das Abschleifen von Flugzeug- und Kraftwerksturbinen. Auch er berichtet von einem guten Jahresanfang, gefolgt von einer grossen Ernüchterung ab April, als der «Zollhammer» aus den USA konkreter wurde. «Viele Kunden begannen abzuwarten.»

Die Suhner Gruppe an der Industriestrasse in Lupfig.
Bild: Severin Bigler

Noch zu früh, um Schlüsse zu ziehen

AuchBetriebe aus der Ostschweiz, den KantonenLuzernoderSolothurnsprechen von dieser Zurückhaltung bei den Bestellungen. Um Entlassungen zu vermeiden, griffen auch sie zu Kurzarbeit. Der in Zeiten von Unsicherheit gewöhnlich weiter erstarkte Franken bremse Exporte zusätzlich, weshalb die Schweiz überdurchschnittlich von der aktuellen Lage betroffen sei, «ausser im robusten Chemie-Pharma-Sektor».

Nachgefragt beim kantonalen Departement Volkswirtschaft und Inneres sagt Lukas Axiopoulos aber, dass man Stand jetzt noch nicht direkt die Auswirkungen der US-Zölle als Hauptgrund für die vermehrten Kurzarbeitsanträge im Aargau setzen könne. «Auch lassen die Anfragen in der Kurzarbeitshotline des Amtes für Wirtschaft und Arbeit als Frühindikator aktuell nicht auf eine erhöhte Kurzarbeitstendenz infolge der US-Handelszölle schliessen.»