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Notfall auf dem Bauernhof: So bereitet sich ein Aargauer Landwirt auf einen Stromausfall vor

Wenn der Strom ausfällt, wird es rasch kritisch: Das gilt auch für Bauern – zum Beispiel dann, wenn der Milchroboter nicht mehr läuft. Aargauer Landwirte befassten sich an einer vom Bauernverband organisierten Veranstaltung mit den verschiedenen Aspekten der Notstromversorgung.

Jolanda und Lukas Siegrist betreiben auf dem Langmatthof in Meisterschwanden Bio-Milchwirtschaft und züchten daneben Nutz- und Mastvieh. Ihre Tiere müssen regelmässig mit Futter und Frischwasser versorgt und die Ställe gemistet werden. Vieles passiert über die entsprechenden Einrichtungen weitgehend automatisch. Zentral dabei ist der sogenannte Milchroboter. Von ihm werden die knapp vier Dutzend Kühe, die sich im Laufstall und auf den Weiden frei bewegen können, im Schnitt rund dreimal pro Tag gemolken.

Die modernen technischen Einrichtungen auf dem Langmatthof brauchen Strom. Fällt er aus, wird es rasch kritisch. Denn: Futter und Wasser könnte im Notfall noch von Hand herangeschafft werden und auch das Misten der Ställe wäre auf diese Weise möglich. Doch vor allem mit dem Melken würde es schwierig. Zum einen können Kühe, die an einen Melkroboter gewöhnt sind, kaum noch von Hand gemolken werden. Zum andern liesse sich der damit verbundene Aufwand mit den knappen personellen Ressourcen auf dem Hof nicht stemmen.

Für allfällige Stromausfälle gewappnet

Werden die heutigen Hochleistungskühe nicht regelmässig gemolken, ist ihre Gesundheit akut gefährdet. Übervolle Euter können zwar kaum platzen, wie gelegentlich kolportiert wird, aber sie verursachen für die Kühe starke Schmerzen und sie können sich entzünden. Dadurch wird auch die Milch für die Weiterverarbeitung unbrauchbar und für den Bauern entsteht neben den Kosten für die ärztliche Behandlung der Tiere weiterer wirtschaftlicher Schaden.

Lukas Siegrist hat auf seinem Hof für einen Stromausfall vorgesorgt. Mit einem Generator, den er über seinen Traktor betreibt, kann er in einem Notfall selber Energie erzeugen. Mit der Anschaffung des Generators allein war es allerdings nicht getan. Damit das Ganze bei Bedarf auch richtig funktioniert, ist die Stromverteilung auf dem Hof unter dem Beizug von Fachleuten angepasst worden.

Läuft: Landwirt Lukas Siegrist startet den mit Notstrom betriebenen Melkroboter.
Bild: Toni Widmer

Mit einem Schalter kann der Bauer notwendige Energieverbraucher von den wünschbaren trennen und somit den Strom dorthin leiten, wo er für das Funktionieren des Betriebes unbedingt nötig ist. So kann eine Überlastung des Generators und damit ein Zusammenbruch der betriebseigenen Notstromversorgung vermieden werden.

Rechtzeitig Vorsorge treffen macht Sinn

Das Thema Stromknappheit, Stromkontingentierung oder sogar totaler Stromausfall über mehrere Tage ist der Schweizer Bevölkerung erstmals im Herbst 2022 so richtig ins Bewusstsein geraten. Solche Szenarien drohten damals für den bevorstehenden Winter, weil sich mehrere Faktoren kumulierten: der Wasserstand in den Stauseen war sehr tief, in Frankreich waren aus Sicherheitsgründen mehrere Atomkraftwerke vorübergehend abgeschaltet worden, in Deutschland stand die Abschaltung der AKW aus politischen Gründen unmittelbar bevor und wegen dem Ukraine-Krieg war die Gasversorgung plötzlich unsicher.

Martin Schmidmeister, CEO der Jost Elektro AG in Brugg und Mitglied der RFO, zeigt den für die Notstromversorgung eingerichteten Hausanschluss.
Toni Widmer

«Durch diese Lage waren auch wir gefordert und mussten uns Notfall-Szenarien überlegen», erklärte Jürg Link, Chef des Regionalen Führungsorgans Lenzburg Seetal (RFO) an einer Veranstaltung vom Mittwoch auf dem Langmatthof. An diesem Anlass, der vom Bauernverband Aargau (BVA) in Zusammenarbeit mit RFO, AEW Energie AG und der auf Notstromversorgungen spezialisierten Firma Kilowatt24 organisiert worden war, ging es um die rechtzeitige Vorsorge für Notfälle.

Das, sagte Jürg Link, mache nicht nur für Bauern Sinn. Auch Private sollten sich frühzeitig Gedanken machen, wie sie auf Stromausfälle oder -engpässe reagieren könnten. «Wenn es soweit ist, kann man nur noch schwer oder überhaupt nicht mehr handeln», erklärte der RFO-Chef. Es gehe ihm, bekräftigte Link weiter, keineswegs darum, Panik zu schüren. Doch Mangellagen seien angesichts der weltpolitischen und wirtschaftlichen Lage nicht gänzlich auszuschliessen. Ergo sei es auch keineswegs falsch, sich frühzeitig mit solchen Eventualitäten zu befassen.

Notfallszenarien sind mittlerweile nicht nur vom Kantonalen Führungsstab (KFS) und den verschiedenen Regionalen Führungsorganen ausgearbeitet worden. Auch die AEW als grösste Aargauer Stromversorgerin hat sich intensiv damit befasst. Adrian Schwammberger leitet dort den Bereich Netzinfrastruktur und ist zudem Mitglied im KFS. Auch er zeigte auf, dass auf Stromausfälle nur effizient reagieren kann, wer sich frühzeitig damit befasst und entsprechend effizient vorbereitet.