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Bundesrat will tiefere Sozialhilfe für Ausländer aus Drittstaaten – das sagt der Aargauer Regierungsrat dazu

Mit einem Massnahmepaket will der Bund Anreize für eine bessere Arbeitsintegration von Ausländern schaffen. Obwohl er sich eine finanzielle Entlastung von Kantonen und Gemeinden verspricht, reagiert der Aargauer Regierungsrat kritisch. Das sind die Gründe.

Das Sozialhilferisiko ist statistisch bei Ausländerinnen und Ausländern aus Drittstaaten deutlich höher als bei Schweizerinnen und Schweizern oder bei Angehörigen der EU/Efta-Staaten. Ein Massnahmenpaket des Bundesrates soll die Sozialhilfeleistungen für diese Personengruppe einschränken, um Anreize für eine bessere Arbeitsintegration zu schaffen und die Ausgaben der Kantone und Gemeinden zu reduzieren. Konkret schlägt der Bundesrat einen tieferen Sozialhilfe- Unterstützungsansatz in den ersten drei Jahren nach Erteilung einer Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung vor.

Die Kantone können dazu Stellung nehmen. Die Aargauer Regierung verspricht sich in ihrer Antwort nicht viel von den Vorschlägen aus Bern. Mit der Revision des Ausländer- und Integrationsgesetzes per 2019 seien verschärfte Bestimmungen zum Widerruf und zur Rückstufung einer Niederlassungsbewilligung sowie zum Familiennachzug in Kraft getreten, hält sie fest.

Für den Familiennachzug, der bei Drittstaatsangehörigen den zahlenmässig häufigsten Einwanderungsgrund darstellt, werde seither ausdrücklich vorausgesetzt, dass er nicht zum Sozialhilfebezug führt. Ein Bezug von Ergänzungsleistungen werde ebenfalls ausgeschlossen. Einzige Ausnahme sei der Zuzug von Familienangehörigen zu Schweizer Staatsangehörigen. Dieser werde zugelassen, auch wenn dies zu einem allfälligen Bezug von Unterstützungsleistungen führe.

Kanton will sich Kompetenz nicht wegnehmen lassen

Eine Einschränkung der Sozialhilfe für Drittstaatenangehörige in den ersten drei Jahren ihres Aufenthalts in der Schweiz würde Sozialhilfeleistungen direkt zum Gegenstand bundesrechtlicher Bestimmungen machen, schreibt der Regierungsrat, und kritisiert:

«Damit beansprucht der Bund eine Regelungskompetenz, welche den Kantonen zusteht. Anders als im Asylbereich, wo der Bund die Sozialhilfe mitfinanziert, ist dieses Vorgehen aus föderalistischer Sicht im Ausländerbereich problematisch.» Der Regierungsrat fragt sich, ob für einen solchen Kompetenztransfer nicht gar eine Verfassungs­revision notwendig wäre.

Wirkung der Massnahme völlig unklar

Im erläuternden Bericht des Bundes heisse es gestützt auf eine Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (Bass), dass zwischen vier und fünf Prozent der 2010–2016 zugezogenen Drittstaatsangehörigen innert dreier Jahre nach ihrer Einreise Sozialhilfe bezogen hätten.

Die Gesetzesrevision beträfe also eine zahlenmässig sehr beschränkte Gruppe, schliesst die Kantonsregierung. Berücksichtige man zusätzlich, dass sich das Ergebnis der Bass-Studie auf die Gesetzeslage vor der eingangs erwähnten und den weiteren Verschärfungen von 2018 und 2019 bezieht, sei davon auszugehen, «dass sich die Zielgruppe und damit die effektive Wirksamkeit der vorgeschlagenen Revision nochmals verkleinert».

Der Bericht lege nicht konkret dar, welche Wirkung die vorgeschlagene Bestimmung entfalten soll. Insbesondere zeige er keine Hochrechnungen oder Schätzungen zur Zielerreichung einer Kostenreduktion. Hier sei der Bericht unvollständig und unklar, wird kritisiert, und: «Angesichts dieser Überlegungen kann der Regierungsrat der vorgeschlagenen Änderung nicht zustimmen. Er lehnt einen solchen Kompetenztransfer ab. Zudem müssten zumindest zuerst die Auswirkungen der erwähnten Gesetzesverschärfungen ausgewertet werden, um festzustellen, ob überhaupt zusätzlicher Handlungsbedarf besteht.»