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«Mir fehlt schon nur die Geduld für die Politik»

Der Reitnauer Markus Mahler wird in der Öffentlichkeit als Präsident des FC Aarau wahrgenommen. Er war und ist aber auch in Firmen wie «Brack» oder «Mobility» prägende Figur und hat mit «Mahler & Co» eine eigene Firma gegründet. Der Bauernsohn tritt für Nachhaltigkeit ein und mag positive zwischenmenschliche Auseinandersetzungen.

Markus Mahler. Was hat Sie dazu bewogen, nach Reitnau zu ziehen?

Meine Frau (lacht). Also, erste Berührungspunkte mit Reitnau hatte ich schon als Kind, meine Cousins wohnten hier, wo ich manchmal auch meine Ferien verbrachte. Es war übrigens meine Cousine, die mich mit meiner Frau bekannt gemacht hat. Vor elf Jahren haben wir uns dann entschieden, hierherzuziehen.

Wenn Sie Werbung machen müssten für das Dorf, was würden Sie sagen?

Mich fasziniert es sehr, dass Reitnau sehr ländlich ist. Mit einem Schritt durch die Haustüre bin ich in der freien Natur, kann biken oder spazieren gehen. Es hat viele schöne Brötlistellen hier und der Wald ist wunderbar weitläufig. Gleichzeitig – und das unterschätzt man ein bisschen – sind Städte wie Sursee, Zofingen und Aarau sehr nahe: Man kommt in nützlicher Zeit in alle Himmelsrichtungen in einen grösseren Ort, sowohl mit dem Auto wie auch mit dem öV.

Sie sind ja auch ein Mann von Welt, Verwaltungsrat bei «Brack» und dem FC Aarau. Passt Ihre Liebe zum Ländlichen zu diesen sogar international tätigen Unternehmen?

Als ich zu «Brack» kam, war die Firma noch sehr klein, ich denke aber nicht, dass sich das beisst. Wir haben das Unternehmen behutsam aufgebaut. Und als ich angefragt wurde, ob ich Präsident des FC Aarau werden will, hatte meine Zusage viel mit Emotionen zu tun, die man in der ganzen Region spürt. Ich war mit fünf Jahren das erste Mal auf den Stehrampen des Brügglifelds, da entwickelt man eine grosse Verbundenheit zum Club. Diese Arbeit bereitet mir viel Freude, auch wenn ich überrascht war, wie viel es zu tun gibt bei einem Fussballverein.

Sie wurden ja auch schon «Spinner vom Eichberg» genannt. Woher kommt das?

Ja, mein Vater war in Seengen Bio-Pionier. Damals, als er den Betrieb umgestellt hatte, bewegte er sich gegen den Trend der Industrialisierung und alle sagten, der spinnt ja, wenn er auf Bio setzt, das ginge doch viel einfacher.

Wäre die Politik etwas für Sie? Markus Mahler, Gemeinderat in Reitnau. Welche Partei würden Sie bevorzugen?

Nein, ich bin kein Politiker. Ganz banal gesagt: Mir fehlt schon nur die Geduld für Politik. Ich habe höchste Achtung vor der Ausdauer und dem Willen jener, die sich auf diese Weise für die Öffentlichkeit engagieren. Ich bin eher jener, der aktiv umsetzt. Mir würde es auch schwerfallen, mich einer Partei zuzuschreiben. Ich finde die Parteienvielfalt sehr gut, alle vertreten wichtige Anliegen.

Also kein Politiker Markus Mahler. Wie wärs mit dem Hotelier Markus Mahler?

Das ist tatsächlich ein Kindertraum von mir gewesen. Wir konnten nur im Winter Ferien machen, weil auf einem Bauernhof immer Hochbetrieb herrscht. Als Teenager wurden wir von einem alten Schulkollegen meines Vaters in ein Hotel eingeladen. Das hat mich so fasziniert, dass ich unbedingt Hotelier werden wollte. Ich habe sogar meine Lehrstelle danach ausgesucht, damit ich die Hotelfachschule hätte machen können. Der Traum hat sich dann aber irgendwie verloren, ich habe aber heute noch ein Faible für schöne Hotels. Wer weiss, vielleicht eröffne ich mit 65 ein kleines Boutique-Hotel, aber es ist kein fixer Traum mehr. Und wenn, dann lieber im Tessin und lieber etwas Kleines, Schmuckes.

Nachhaltigkeit ist für Sie ein wichtiges Thema, deshalb eine typische HR-Frage: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Ich kann nicht weit in die Zukunft planen. Auch in den Unternehmen, in denen ich tätig bin, bin ich zum Schluss gekommen, dass es keinen Sinn macht, auf fünf Jahre hinaus zu planen, weil sich alles so schnell verändert. Man muss mit den Veränderungen mitgehen können und entsprechend agil sein. Es würde mich zu sehr einschränken, wenn ich mich festlegen müsste, was in fünf Jahren ist.

Gilt das auch für den FC Aarau? Da winkt ja der Aufstieg und eine Super League muss man anders planen als eine Saison in der Challenge League.

Das sind genau die unterschiedlichen Ebenen. Sich vorzubereiten auf alle Möglichkeiten, die sein könnten, ist megawichtig. Dass wir uns Gedanken machen, ob wir uns die Super League leisten können, gehört natürlich dazu. Was braucht es finanziell und infrastrukturell? Das ist ja auch eine Verpflichtung. Wir bereiten uns auf alle Szenarien vor, damit wir operativ bereit sind für die nächste Aufgabe. Ebenso gehört dazu, dass man die Resultate aus Fleiss und Arbeit ernten darf und Freude daran hat, ohne sie aber als selbstverständlich oder gegeben anzusehen.

Wäre es eine Option, stillzustehen, quasi sich mit dem zufrieden zu geben, was man hat?

Nein, ich bin definitiv kein Verwalter, ich würde versuchen, alle von neuen Träumen zu überzeugen, als den Stillstand mitzumachen. Ich habe Freude daran, Dinge voranzubringen.

Das klingt nach viel Arbeit. Bei welcher Firma arbeiten Sie eigentlich am meisten und am liebsten?

Wo am meisten Arbeit anfällt, hängt vom Geschäftsverlauf ab, das ändert immer wieder. Von einer Lieblingsfirma zu sprechen, ist noch schwierig. Natürlich liegt mir die «Mahler & Co» sehr am Herzen, weil ich sie selber gegründet habe. Für mich ist es sehr wichtig, dass Aufgabe und Inhalt Sinn machen und ich einen Mehrwert bringen kann. Ich möchte es mit den Leuten in der Firma gut haben. Ich möchte nirgends arbeiten, wo man ständig mit Widerständen zu tun hat.

Sie sind harmoniebedürftig?

Das ist mir ein zu liebes Wort. Mir ist es wichtig, dass man aufeinander eingehen kann und die Individualität schätzen kann. Sich menschlich zu verstehen, hat sehr viel mit Effizienz und zuletzt mit Erfolg zu tun. Es ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, sondern ein miteinander konstruktiv arbeiten zu können.

Da spricht jetzt der Coach.

Das gehört absolut zusammen. Ich habe den Master of Coaching an der Fachhochschule gemacht, weil es zu meinem Führungsverständnis gehört. In früheren Ausbildungen wurde Führung in theoretischen Modellen doziert, doch mir fehlten die zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen, die man täglich hat. Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch, solange er die Motivation für seine Aufgabe hat, im Freiraum sich am besten entwickelt.

Sie haben zum Schluss noch einen Wunsch frei.

Ich wünsche uns für die positiven Projekte dieser Welt alles Gute. Der Aufstieg des FC Aarau gehört ebenfalls zum Guten, auch wenn wir ihn nicht so ultimativ einfordern wie alle anderen (lacht). Im Ernst: Dafür macht man es doch, es soll etwas besser werden und ich möchte meinen positiven Beitrag leisten, im gesamtheitlichen Sinn, mit dem Nachhaltigkeitshintergrund, den ich habe.