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Mit Loopings gegen den Schwindel – Universitätsspital Zürich entwickelt medizinischen Drehstuhl 

Schwindelanfälle können für alte Menschen gefährlich sein. Manchmal hilft ihnen ein verblüffend einfaches Manöver. Dafür hat das Universitätsspital Zürich einen Drehstuhl entwickelt.

Auf einem Spielplatz würde das Gerät für helle Freude sorgen: Man wird auf dem Sitz mit Gurten angeschnallt und dann kopfüber nach hinten gekippt. Doch der Drehstuhl im Universitätsspital Zürich wird meist von betagten Menschen benutzt.

Damit kann die häufigste Ursache von Schwindelanfällen diagnostiziert und behoben werden. Beim sogenannten gutartigen Lagerungsschwindel geraten winzige Kalksteinchen in die Bogengänge des Innenohrs. Diese Partikel sind für das Gleichgewicht zuständig. Normalerweise sind sie in einer gelartigen Masse auf den vielen Tausend Härchen befestigt, die bei Kopfbewegungen zum Schwingen gebracht werden und die Lage des Kopfes über den Nerv ans Gehirn melden.

Schwimmen die Steinchen frei herum, lösen sie bei schnellen Bewegungen ungewöhnlich starke Strömungen in der Flüssigkeit der Bogengänge aus. Wenn Betroffene schnell aufstehen oder den Kopf drehen, verspüren sie ein heftiges Schwindelgefühl, das bis zu einer Minute anhält, oft verbunden mit Übelkeit. Wieso sich die Kristalle lösen, ist nicht genau bekannt. Gehäuft tritt Lagerungsschwindel aber nach Erschütterungen des Kopfes auf.

Krankheit bleibt oft unerkannt

Während der Untersuchung tragen die Patienten eine Brille mit Infrarotkamera, welche die Augenbewegungen auf einem Bildschirm sichtbar macht. Denn schnelle, zuckende Augenbewegungen (Nystagmus) sind ein sicheres Zeichen für einen Lagerungsschwindel. Die Erkrankung sei aber immer noch wenig bekannt und werde häufig übersehen, sagt Dominik Straumann, Leiter des interdisziplinären Zentrums für Schwindel und neurologische Sehstörungen am Universitätsspital Zürich (USZ). «Dabei kann Betroffenen mit einfachen Massnahmen nachhaltig geholfen werden. Dadurch verbessert sich ihre Lebensqualität erheblich.»

Dominik Straumann, Universitätsspital Zürich
Biuld: USZ

Durch gezieltes Drehen der Körperachsen werden die Kristalle aus dem betroffenen Bogengang herausmanövriert. Nach wenigen Stunden lösen sie sich spontan auf. Die Behandlungsmethode kann auch mittels Übungen im Liegen durchgeführt werden, bei denen der Kopf von der Bettkante hängt. Anleitungen für die selbstständige Durchführung finden sich auf der Website der Schwindelsprechstunde des USZ. Diese Methode komme aber nicht für alle infrage, sagt Straumann. «Für die meisten Betagten oder Menschen mit Nackenbeschwerden wäre das eine Tortur.»

Taumel beim Aufstehen

20 bis 30 Prozent der Bevölkerung ist regelmässig von Schwindel betroffen. Mit zunehmendem Alter treten sie häufiger auf und werden auch gefährlicher. Es kann zu Stürzen und Knochenbrüchen kommen. Regelmässige Schwindelattacken sollten deshalb ärztlich abgeklärt werden.

Neben dem gutartigen Lagerungsschwindel gibt es diverse weitere Ursachen für das lästige Drehen im Kopf. Ein häufiger Grund sind Blutdruckschwankungen, zum Beispiel beim Aufstehen von einem Stuhl oder vom Bett. Bei Menschen mit generell niedrigem Blutdruck kann dies bereits in jungen Jahren zu Schwindel- oder gar Ohnmachtsanfällen führen. In späteren Lebensjahren kommen auch Rhythmusstörungen oder anderen Herzkrankheiten infrage.

Bei heftiger Attacke in den Notfall

Eine weitere Ursache ist die Menière-Krankheit, die mit einem erhöhten Druck der Flüssigkeit im Innenohr zu tun hat. Sie kann zu Attacken mit Übelkeit und Erbrechen führen. Häufig treten Schwindelsymptome auch bei Migräne-Patientinnen und -Patienten auf. In seltenen Fällen können schwerwiegende Erkrankungen wie ein Schlaganfall, ein Herzinfarkt oder gar ein Tumor dahinterstecken, warnt Dominik Straumann. «Tritt Schwindel ungewohnt heftig auf und hält an, ist sofort eine Konsultation im Notfall angezeigt.»