
Polka Dots: Wie Sie in diesem Spätsommer und Herbst modisch eine Punktlandung hinlegen
Zehn Punkte für Kopenhagen! Die Fashion Week ist soeben zu Ende gegangen, meine Schwärmerei ist gross. Nicht unbedingt für die Kollektionen auf den Laufstegen, sondern für die Street Styles der Besucherinnen und Besucher des Modeevents. Milano ist mir zu bunt, London zu versifft, New York zu Mainstream. Die Kopenhagener aber verbinden Coolness mit Chic, Kreativität mit Minimalismus – die Scandi-Version des berühmten «Je ne sais quoi», das wir von den Pariserinnen kennen.

Bild: Raimonda Kulikauskiene / Getty Images Europe
Was hier auf den Strassen getragen wird, ist ein grosses Ding. Aktuell sind das Polka Dots. Das Punktemuster gilt als einer der grössten Trends des Jahres 2025 und wurde in Kopenhagen in allen erdenklichen Varianten getragen. Im Ganzkörperlook, wild kombiniert zu Streifen und Karos, in bester Stilbruch-Manier zu Lederjacken, Sneakers, Jeans und derben Boots, zu sehen auch auf asymmetrisch geschnittener Kleidung.

Bild: Christian Vierig / Getty Images Europe
Ein schöner Kontrast zu der Lieblichkeit und dem Spassfaktor, die Punkte – ob gross oder klein im Druck – eigentlich immer signalisieren. So wirkt das Ganze ein wenig edgy, ein Stück verwegener – und sehr zeitgemäss.

Bild: Wwd / WWD
Lepra, Dior, Marilyn und viel Glamour
Kaum vorstellbar, dass Punkte im Mittelalter als unheimlich galten – unregelmässige Flecken erinnerten an Pocken oder Lepra. Erst mit den Drucktechniken des 18. und 19. Jahrhunderts wurde der Punkt gesellschaftsfähig, um 1850 erhielt das Muster seinen Namen: Polka Dot, inspiriert vom gleichnamigen beschwingten Tanz.
Der modische Schub kam indes erst 100 Jahre später. Nach den Gräueln des Krieges sehnte sich die Welt in den 1950er-Jahren nach Optimismus. Diors «New Look» mit schmaler Taille und voluminösem Rock bot die perfekte Bühne für grossformatige Punkte. Marilyn Monroe, Audrey Hepburn und Minnie Mouse prägten das Bild des «Polka Dot Girl»: verspielt, aber stilvoll. Das Muster lud das damals vorherrschende konservative Frauenbild spielend mit Glamour auf. So wurde der Punkt zum Inbegriff unbeschwerter Weiblichkeit.

Bild: Bettmann Archive/Getty Images
Das funktioniert auch heute noch. Erst vor wenigen Wochen habe ich mir ein schokoladebraunes Kleid mit weissen Punkten von «Phase Eight» gekauft und fühle mich darin unbeschreiblich weiblich. Es erinnert mich an das Polka-Dot-Kleid, das Julia Roberts im Jahr 1990 in ihrer Rolle als Prostituierte Vivien im Film «Pretty Woman» zu einem Polo-Spiel trug. Einer der ikonischsten Film-Looks aller Zeiten. Kurz nach Erscheinen des Films waren in den Kleiderläden meiner Stadt überall Punkte zu sehen.
Punktemuster sind in der Mode zwar längst ein Klassiker. Aber wie in den 1950- und 1990ern drehen sie jetzt wieder so richtig auf. Denn auch fernab von Kopenhagen feiern Polka Dots ein Revival, etwa in den Strassen Sohos. Dort wurde Ende Juli die 58-jährige Schauspielerin Pamela Anderson in einem schwarzen Midikleid mit weissen Punkten gesichtet, sehr schick, sehr elegant, eine schöne Inspiration für anstehende kühlere Tage.

Bild: Aeon / GC Images
Punkte gehen nämlich nicht nur im Sommer. Gerade mit kleinen Punkten, die eine gewisse Zartheit und Zurückhaltung suggerieren, legt man im Herbst eine Punktlandung hin. Grosse wirken derweil eher knallig und überdreht und stehen für die pure Lebenslust, passen also besser zur warmen Jahreszeit.
Mal lässig, mal elegant, romantisch oder minimalistisch-modern – es ist wohl ihre stilistische Flexibilität, die Polka Dots derzeit so beliebt machen. Aber auch die Unbeschwertheit, die sie signalisieren. Und dass sie jedem Typ und jedem Alter stehen. Besonders aber jüngere Menschen scheinen jetzt Gefallen an den Punkten gefunden zu haben. Auf Instagram zählt #polkadots rund 3,38 Millionen Beiträge, stündlich kommen 39 neue dazu; auf TikTok bringt derselbe Hashtag knapp 17’700 Videos mit insgesamt über 66 Millionen Aufrufen. Optimistische Vibes mit 1950er-Jahre-Flair können wir wohl alle vertragen jetzt.