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No bad feelings: Charles III. reist doch noch in das krawallversehrte Frankreich 

Gewalttätige Demos in Paris hatten seinen Besuch im März verunmöglicht. Am Mittwoch holt der britische König Charles III. seine Frankreich-Visite nach.

34mal hatte Charles schon in Frankreich geweilt. Jetzt besucht der sehr frankophile Brite das Nachbarland, das mit Grossbritannien eine historisch komplexe Beziehung und Rivalität verbindet, erstmals als König.

Die erste Auslandsvisite in dieser Eigenschaft war schon im März geplant gewesen, noch vor der eigentlichen Krönung nach dem Tod von Charles’ Mutter, Elizabeth II. Zwei Tage zuvor kamen Charles und der französische Präsident Emmanuel Macron aber in einem Telefongespräch überein, die Reise abzusagen. Die heftigen Sozialproteste in Frankreich gegen Macrons Rentenreform liessen befürchten, dass die Gewerkschaften den Staatsbesuch für ihre Zwecke vereinnahmen und zum Beispiel den Strom kappen könnten. Für die Briten war es undenkbar, dass ihr designierter König, und sei es auch nur am Rande, in diese Wirren verwickelt werden könnte.

Seinen gleich anschliessenden Besuch in Deutschland hielt das britische Königshaus aufrecht – und Charles’ Auftritt vor dem Bundestag ging als Erfolg in die Annalen ein. Mit einiger Zerknirschung und einer Prise Neid versucht Macron den Frankreich-Besuch des Königspaares nun mit möglichst viel republikanischem Pomp nachzuholen.

Das ursprüngliche Programm braucht er nicht grundlegend zu ändern. Unter dem Triumphbogen in Paris legen die hohen Staatsgäste zuerst einen Kranz am Grab des Unbekannten Soldaten nieder. Danach fahren Charles und Macron die von Publikum gesäumte Prachtavenue der Champs-Elysées hinunter. Nach einem bilateralen Gespräch steht in Schloss Versailles ein nicht minder pompöses Galadinner an. 180 Geladene werden im 73 Meter langen Spiegelsaal Platz nehmen, die Damen im Festkleid, die Herren s’il vous plaît in weisser Krawatte.

Im Elysée hört man die Auskunft, der frühere Sitz des Sonnenkönigs im Westen von Paris sei mit einem nostalgischen «Clin d’Oeil» (Augenzwinkern) gewählt worden, habe doch Elizabeth II. Versailles bei mehreren Staatsbesuchen aufgesucht. Allerdings mag auch Macron das grandiose Schlossdekor für seine internationalen Rendezvous; 2017 gab er dort unter anderem noch dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Ehre.

Charles III. und Macron I.

Der republikanische Präsident, der die grossen Gesten liebt, tritt damit fast monarchischer auf als der jüngst gekrönte König aus London. Charles bemühte sich um ein Besuchsprogramm, das so politisch sein konnte, wie es seine Stellung erlaubt. So wird er vor dem Senat, dem französischen Oberhaus, eine Rede halten – und dies voraussichtlich auf Französisch, das er perfekt beherrscht. Diplomatisch verbrämt dürfte er dabei auch eine Brücke von der «Entente Cordiale» Frankreichs und Grossbritanniens in den Weltkriegen bis zum Krieg in der Ukraine schlagen, wo die beiden Länder erneut auf der gleichen Seite stehen.

Ihren Einsatz für Umwelt- und Klimabelange werden Charles und Königin Camilla unterstreichen, indem sie nicht im Privatjet, sondern im TGV-Zug zwei Stunden lang von Paris nach Bordeaux reisen, wo sie unter anderem Biowinzer besuchen. Macron und französische Minister werden in Pariser Medien immer wieder kritisiert, weil sie sogar auf kürzeren TGV-Strecken wie Paris-Rennes (anderthalb Stunden) nicht den Zug benützen, sondern einen unwesentlich schnelleren Regierungsjet nehmen. Ob das britische Königspaar auch von London nach Paris den Eurostar-TGV durch den Ärmelkanaltunnel nimmt, bleibt aus Sicherheitsgründen offen.

In der französischen Presse kommt Charles III. nach seinem ersten Amtsjahr bisher gut weg, nachdem sie ihn in der allgemeinen Trauer über den Tod Elizabeths noch als «Übergangskönig» betitelt hatte. In Paris liest man heute auch weniger sarkastische Kommentare zur britischen Immigrationspolitik. 2021 hatte der damalige Premier Boris Johnson noch damit gedroht, alle Bootsmigranten am Ärmelkanal nach Frankreich zurückzuschaffen.

Ein Jahr später weigerte sich Kurzzeit-Premier Liz Truss zu sagen, ob sie Frankreich als «Freund oder Feind» betrachte. Unter Rishi Sunak hat sich zumindest das persönliche Verhältnis zu Macron entspannt und beruhigt. Und wie schon im Frühjahr in Deutschland hofft Charles auch in Frankreich neuen Goodwill für das Brexitland zu sammeln.