
Nach dem Amoklauf in Graz: Wie sind die Aargauer Schulen auf solche Fälle vorbereitet?
Der Amoklauf vom Dienstag an einer Mittelschule in Österreich erschüttert. Der 21-jährige Täter – laut Medienberichten ein ehemaliger Schüler, der den Abschluss nicht geschafft hatte – tötete mindestens zehn Menschen und verletzte etwa gleich viele schwer.
Betroffen war ein Gymnasium in Graz, wo rund 400 Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahre in die Schule gehen. Es ist in der Grösse vergleichbar mit der Kanti Zofingen, der kleinsten Aargauer Kantonsschule. Wohlen ist etwa doppelt so gross, Baden oder die Alte Kanti Aarau mehr als dreimal.
In Graz seien sofort Spezialeinheiten alarmiert worden, das Gebäude evakuiert, an die 300 Polizeikräfte im Einsatz gewesen. Schlimmeres konnte verhindert werden. Nicht möglich war aber, die Tat bereits präventiv zu vereiteln. Was in Österreich geschehen konnte, wäre theoretisch auch hier möglich.
Drohungen, wenn auch leere, gibt es offenbar immer wieder: Letzten Dezember wurde eine verdächtige Person nach einer Amok-Drohung am Oberstufenschulhaus Menziken angehalten. In den Monaten zuvor soll es zu ähnlichen Fällen auch in Suhr, Buchs, Lenzburg oder Bremgarten gekommen sein.
Früher nur aus den USA bekannt, schwappte die Problematik mit dem Amoklauf eines Schülers im deutschen Erfurt 2002 nach Europa über. Tage darauf schrieb jemand im Gästebuch der damaligen Website der Kanti Baden den Satz «nach Erfurt kommt Baden». Ein Eintrag, der umgehend von den Behörden ernstgenommen wurde. Ebenfalls in Baden lief fünf Jahre später ein damals 26-jähriger, ehemaliger Kantonsschüler beim früheren Hotel La Cappella im Ortsteil Kappelerhof Amok und tötete eine Person.
Kanton empfiehlt den Schulen, Konzepte zu erarbeiten
Wie gut sind die Schulen im Aargau auf solche Fälle vorbereitet? Auf Anfrage erklärt das kantonale Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS): Drohungen werden immer ernst genommen und die Schulen sind angehalten, sofort die Polizei zu verständigen. Diese sei für solche Fälle gewappnet. Letztes Jahr habe die Kantonspolizei sogar «ein Amok-Merkblatt» erarbeitet und den Schulen verteilt. Zur Verhinderung von Nachahmungseffekten sei dieses nicht öffentlich einsehbar.
Weiter sagt das BKS, dass die kantonale Schulaufsicht durch Bereitstellung von Informationen und Vermittlung von Fachstellen die Schulen weiter unterstütze. Der Schulpsychologische Dienst stelle die Betreuung sicher. Zudem empfehle der Kanton den Schulen, «standortbezogene Kriseninterventionskonzepte zu entwickeln und zu schulen», die den Umgang mit Notfällen, darunter auch einen Amokfall, abdecken.
Eine Empfehlung also, aber keine Pflicht? Das BKS erklärt: Die Schulen seien selber für die Erarbeitung zuständig, da jede Schule anders gebaut oder organisiert sei und die Einbindung der Gemeinde berücksichtigt werden müsse. «Die kantonale Schulaufsicht geht davon aus, dass die meisten Schulen ein entsprechendes Konzept haben und auch Übungen durchgeführt werden», sagt das BKS weiter. Im Rahmen der Qualitätskontrolle könne das Notfallkonzept einer Volksschule zum Thema werden.
Was die sechs Kantonsschulen betrifft, versichert das BKS, dass alle über ein Notfallkonzept verfügen und auf einen entsprechenden Ernstfall vorbereitet sind. Auf Anfrage bestätigte dies bis Mittwochabend etwa die Neue Kantonsschule Aarau.

Kantonspolizei trainiert das Vorgehen regelmässig
Für die Situation vorbereitet ist auch die Aargauer Kantonspolizei: Sie trainiere regelmässig das Vorgehen bei möglichen Amokläufen, wie Mediensprecher Pascal Wenzel auf Anfrage erklärt. «Hinweise aus der Bevölkerung werden konsequent ernst genommen und von Spezialisten geprüft.» Die Polizei stehe mit dem BKS im Austausch.
Seit der Revision des Polizeigesetzes vor vier Jahren gibt es auch das Aargauische Bedrohungsmanagement: Fachpersonen und eine Psychologin des Gewaltschutzes klären dabei auffällige Personen ab, um Gewalt zu verhindern, bevor diese auftritt. Vor einem Jahr waren 700 potenziell gefährliche Personen in einer Datenbank eingetragen und nach drei Gefährderstufen eingeteilt. Das sind in etwa 0,1 Prozent der Kantonsbevölkerung. 13 Personen waren damals in der höchsten Stufe, 181 in der zweithöchsten. Die Mehrheit der Personen sei im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt erfasst, hiess es.