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Marcel Bolz kam ohne Deutschkenntnisse in die Schweiz – und beriet später die Aargauer Regierung während 31 Jahren

Vor knapp sieben Jahren ging der Leiter des regierungsrätlichen Rechtsdienstes in Pension. Kurz darauf wählte ihn der Grosse Rat zum Präsidenten des Justizgerichts. Der 71-Jährige ist im Amt verstorben.

Marcel Bolz arbeitete während drei Jahrzehnten in einer der einflussreichsten Positionen der Kantonsverwaltung. Als Leiter Rechtsdienst war er «das juristische Gewissen des Aargauer Regierungsrats», wie der frühere Regierungssprecher Peter Buri seinen Weggefährten im August 2018 bezeichnete. Bolz ging damals 65-jährig in Pension. Im gleichen Jahr wählte ihn der Grosse Rat erstmals zum Präsidenten des Justizgerichts mit Wirkung ab dem 1. Januar 2019.

Das Justizgericht ist hauptsächlich für die Beurteilung von Disziplinarverfahren gegenüber Richterinnen und Richtern zuständig. Daneben kümmert es sich um Fragen der Gerichtsverwaltung. Präsident Marcel Bolz war noch im Amt, als er am 24. Mai 71-jährig nach kurzer, schwerer Krankheit verstarb. «Und wir glaubten, wir hätten noch so viel Zeit», schreibt seine Familie in der Todesanzeige.

Er hatte ein offenes Ohr für Sorgen der Bürger

Als Sohn einer Kolumbianerin und eines Schweizers wuchs Marcel (Edgar Marcelo) Bolz in der kolumbianischen Hauptstadt Bogota auf. Ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, kam er 14-jährig in die Schweiz. In der Sekundarschule habe er schnell Anschluss gefunden, hielt er rückblickend fest. Auf die kaufmännische Ausbildung folgte die Erwachsenenmatura und später das Jus-Studium an der Universität Zürich.

Beim Aargauer Staats- und Verwaltungsrechtler Georg Müller war Bolz Assistent, bevor er 1987 beim Rechtsdienst des Regierungsrats einsteigen konnte. Seine gewissenhafte und unaufgeregte Art zeichnete ihn aus. Nach wenigen Jahren übernahm er die Leitung. Woche für Woche erklärte er der Regierung juristische Details, beantwortete Fragen und zeigte drohende Probleme auf. Die Affäre umden ehemaligen Wohler Gemeindeammann Walter Dublerund der Aarauer Stadionstreit zählten zu seinen schwierigsten Fällen.

Seine Rolle im Hintergrund störte ihn nie. Unbestechlich und unparteiisch kümmerte er sich auch um Reklamationen, wenn Bürgerinnen und Bürger mit einem Entscheid – sei dies eine abgelehnte Baubewilligung oder eine misslungene Lehrabschlussprüfung – unzufrieden waren. Es gab Leute, die Bolz dankten, weil ihnen zum ersten Mal jemand zugehört habe.

Gewissenhafte Vorbereitung auf die Pensionierung

Über die Jahre wurde die Stadt Aarau zu seiner beruflichen und privaten Heimat. Gewissenhaft bereitete sich Marcel Bolz über vier Jahre auf seine Pensionierung vor. Er freute sich aufs Bücherlesen, Reisen und das Hüten seiner Enkelkinder.

Familie und Weggefährten trauern nun um einen liebevollen und wunderbaren Menschen, der diese Welt viel zu früh verlassen musste. Der Trauergottesdienst für Marcel Bolz findet am Freitag, 6. Juni, um 14 Uhr in der reformierten Stadtkirche Aarau statt.

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