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Schweizer Forschende finden Ursache für seltene Immunerkrankung

Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine seltene Krankheit, bei der das Immunsystem die Nerven angreift. Betroffene leiden an Muskelschwäche und Lähmungen. Ein Forschungsteam der ETH Zürich hat nun den Mechanismus dieser Autoimmunreaktion aufgeklärt.

In der Regel beginnt die Krankheit mit Schwäche und Kribbeln in den Beinen. Dieses Gefühl breitet sich schliesslich auf den Oberkörper und die Arme aus. Das Gehen und Sich-Bewegen wird zunehmend schwieriger. In schweren Fällen kann es auch zu Lähmungen der Atemmuskulatur kommen. Patientinnen und Patienten mit dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS) leiden an einer seltenen bislang weithin unbekannten Störung des peripheren Nervensystems, deren zugrund liegenden Mechanismen bislang weitgehend unbekannt waren.

Nun hat eine kürzlich in der Fachzeitschrift «Nature» veröffentlichte Studie unter der Leitung von Daniela Latorre vom Institut für Mikrobiologie an der ETH Zürich einen zentralen Aspekt der Ursache aufgedeckt. Mit einem hochempfindlichen Messverfahren konnten die Forschenden nachweisen, dass bei GBS-Patientinnen und -Patienten spezifische Zellen des Immunsystems, sogenannte T-Lymphozyten, in das Nervengewebe eindringen und auf die isolierende Hülle der Nervenfasern, die Myelinscheide, reagieren.

Immunzellen greifen äussere Schicht der Nerven an

Bei gesunden Menschen spielen T-Lymphozyten eine tragende Rolle bei der Immunabwehr, indem sie körperfremde Strukturen, zum Beispiel Bakterien und Viren, sowie abnormale körpereigene Zellen erkennen und eliminieren. In seltenen Fällen können T-Zellen jedoch fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreifen, was zu Autoimmunerkrankungen wie GBS führen kann.

«Wir haben herausgefunden, dass diese autoreaktiven T-Lymphozyten ausschliesslich bei Patienten mit einer GBS-Variante vorkommen, bei der die Myelinschicht der Nerven beschädigt wird», wird Latorre in der Medienmitteilung zitiert. Und dass die T-Zellen eine krankheitsspezifische Signatur aufweisen, die sie von gesunden Personen unterscheidet.

In Europa und den USA treten jährlich etwa 1 bis 2 Fälle pro 100’000 Menschen auf. Während der Coronapandemie wurde nach der Verabreichung gewisser Impfstoffe ein leicht erhöhtes Risiko, am Guillain-Barré Syndrom zu erkranken, festgestellt. Gemäss Britischen Forschenden stellt aber eine Infektion mit Corona ein deutlich höheres Risiko für die Nervenerkrankung dar als die Covid-Impfung. Forschende gehen davon aus, dass auch der Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers, das Epstein-Barr-Virus, GBS verursachen kann.

Heutige Therapien sind zwar bei vielen GBS-Patientinnen und -Patienten wirksam, aber sie sind nicht spezifisch genug. Das führt dazu, dass etwa zwanzig Prozent der Patientinnen und Patienten schwer behindert bleiben oder sterben. Die neuen Erkenntnisse, so hoffen die Forschenden, sollen zu einem besseren Verständnis der Krankheit beitragen und dereinst gezieltere Therapien ermöglichen.