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Der Kanton wusste nichts von den Geldproblemen der Mobilen Ärzte – dennoch hegte er ein gewisses Misstrauen

Von einem Tag auf den anderen konnte die Mobile Ärzte AG im November ihre Leistungen nicht mehr erbringen. Die Aargauer Regierung wusste nach eigenen Angaben nichts von den finanziellen Nöten, hatte aber schon vorher Worst-Case-Szenarios geprüft. 

Die Hiobsbotschaft kam am 12. November 2023: Eine Mitarbeiterin der Mobile Ärzte AG informierte an jenem Sonntagabend mit einem Telefonanruf die kantonale Notrufzentrale, dass die Firma ihre vereinbarten Leistungen gegenüber dem Kanton Aargau nicht mehr erbringen werde. Sie war in Konkurs gegangen.

Die Mobilen Ärzte waren unter anderem für die Entscheide über fürsorgerische Unterbringungen und die Prüfung der Hafterstehungs- und der Einvernahmefähigkeit verantwortlich. Eiligst wurde eine Taskforce einberufen, der Kanton musste Notlösungen organisieren.

Die chaotischen Zustände riefen auch die Politik auf den Plan. Alfons Paul Kaufmann (Mitte) und Therese Dietiker (EVP) verlangten von der Regierung mittels Vorstoss eine Auslegungsordnung. Unter anderem wollten die beiden Grossräte wissen, seit wann der Regierungsrat um die schwierige Situation des Anbieters wusste.

Nun hat die Regierung den Vorstoss beantwortet. Sie habe keine Kenntnis von der schwierigen finanziellen Situation der Mobilen Ärzte AG gehabt und sei auch nicht durch die Leistungserbringerin informiert worden, heisst es in der Antwort.

Verbesserung möglich, Worst-Case-Szenario nicht ausgeschlossen

Der Regierungsrat lässt durchblicken, dass er mit den Mobilen Ärzten nicht vollumfänglich zufrieden war. Zwar habe man die Verträge für die Prüfung der Hafterstehungs- und Einvernahmefähigkeit bereits für das Jahr 2024 erneuert und auch für Anordnung der fürsorgerischen Unterbringung sei eine vorläufige Weiterführung der Leistungsvereinbarungen geplant gewesen – wohl aber eher mangels Alternativen.

Es hätten «regelmässige Controlling-Gespräche und Standortbestimmungen» stattgefunden. «Die Erfahrungen und die Gespräche hatten gezeigt, dass Verbesserungspotenzial in der Leistungserbringung bestand und dass auch ein Worst-Case-Szenario nicht ausgeschlossen war», schreibt der Regierungsrat.

Sowohl das Departement Volkswirtschaft und Inneres als auch das Departement Gesundheit und Soziales hätten sich auf ein solches Szenario vorbereitet. Dank früher Sondierungsgespräche mit der Oseara AG hat die Firma laut Regierung knapp zwei Wochen nach der Konkurseröffnung der Mobilen Ärzte einen Teil der Leistungen übernehmen können. In Zukunft soll die Firma sämtliche Dienstleistungen im Bereich der fürsorgerischen Unterbringungen sowie der Prüfung von Hafterstehungs- und Einvernahmefähigkeit erbringen.

Keine Option für den Regierungsrat ist eine Wiedereinführung des Amtsarzt-Modells. Dieses sei 2017 abgelöst worden, «weil sich kaum noch Ärztinnen und Ärzte für diese Aufgaben zur Verfügung stellten und die Tätigkeiten neben dem eigenen Praxisbetrieb kaum sicherzustellen waren». Auch das Institut für Rechtsmedizin könne aus personellen und fachlichen Gründen keine amtsärztlichen Aufgaben übernehmen.

Keine zusätzlichen Kosten für Pflegeheime und Spitex

Der Konkurs brachte auch Pflegeheime und Spitexorganisationen in eine schwierige Lage. Die Mobilen Ärzte, welche 2018 die Amtsärzte abgelöst hatten, stellten abends, nachts und am Wochenende – wenn Hausärzte nicht verfügbar sind – für diese Todesbescheinigungen aus und nahmen ärztliche Beurteilungen vor.

Wie die Regierung nun klarstellt, entstanden für die Pflegeheime und Spitexorganisationen keine zusätzlichen Kosten durch die Notfallsituation. Diese Kosten sind durch den Kanton zu tragen.