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Viel zu viel Luft in der Cookie-Verpackung? Ein Freiämter erstattete Strafanzeige gegen unbekannt – was dann passierte

Es ist ein Kampf gegen Windmühlen: Ein Freiämter nervt sich so sehr darüber, dass Cookie-Verpackungen den Kunden viel mehr Inhalt vorgaukeln, als tatsächlich darin ist. Er klagt gegen unbekannt. Dass seine Anzeige von der Staatsanwaltschaft abgelehnt wird, wäre schlimm genug. Aber die Verfahrenskosten will er sicher nicht tragen.

Albert (Name geändert) steht vor dem Laden und nervt sich. In seiner Hand hält er eine offene Packung Cookies. Er hat sie voller Freude gekauft. Doch als er sie aufgemacht hat, erkennt er: Die Packung beinhaltet fast nur Luft. Das ist doch unfair den Kunden gegenüber. Natürlich steht auf der Verpackung, wie viele Cookies unter der Plastikfolie zu finden sind. Aber wieso sollte man dann die Packung so gross machen, dass die Kunden meinen könnten, es seien viel grössere Cookies darin?

Albert reicht’s. Er erstattet bei der Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten Strafanzeige gegen unbekannt wegen unlauteren Wettbewerbs. Das war am 12. Mai 2023. Anderthalb Monate später erhält er die Mitteilung, dass die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten seiner Anzeige nicht nachgeht. Das findet er nicht recht, er konnte nicht einmal bei der Staatsanwaltschaft vorsprechen.

Was ihn aber richtig ärgert, sind die Verfahrenskosten von 200 Franken, die man ihm auferlegt. Die will er nicht bezahlen. Er legt Beschwerde beim Obergericht ein.

Staatsanwaltschaft wirft ihm grobe Fahrlässigkeit vor

Dann nimmt die Geschichte Fahrt auf, allerdings in eine unerwartete Richtung. Albert muss vorerst 800 Franken als Sicherheit für allfällige Kosten an die Obergerichtskasse bezahlen. Das tut er postwendend. Doch zwei Monate später, Ende September 2023, meldet er dem Gericht, er sei obdachlos und könne gerichtliche Schreiben nicht mehr entgegennehmen. Er gibt die Adresse eines Bekannten an, den er beauftragt und bevollmächtigt hat, seine Post und behördliche Zustellungen entgegenzunehmen und an ihn weiterzuleiten.

Unterdessen mahlen die Mühlen der Justiz. Es geht immer noch um die 200 Franken, die Albert bezahlen soll, aber nicht will. Ein Oberrichter hat darüber zu entscheiden. In seinem Urteil erklärt er, dass Albert die Verfahrenskosten nur dann belastet werden können, wenn er grobfahrlässig gehandelt und somit das Gerichtsverfahren mutwillig verzögert hat.

Denn das hat ihm die Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Sie schrieb, es wäre «bei richtiger Betrachtung der Packung bereits im Laden, vor dem Kauf, erkennbar gewesen, wie viele Cookies sich in der Packung befänden.» Im Urteil wird erklärt, dass grobfahrlässig handelt, «wer unter Verletzung elementarer Vorsichtsmassregeln ausser Acht gelassen hat, was jedem verständigen Menschen in gleicher Lage und unter gleichen Umständen hätte einleuchten müssen».

Was bleibt, ist der Ärger über die Luft in der Packung

Der Oberrichter kommt jedoch zum Schluss, dass hier nicht von grober Fahrlässigkeit die Rede sein kann. «Insbesondere verfängt die Begründung nicht, dem Beschwerdeführer sei aufgrund unzureichender Betrachtung der Verpackung Grobfahrlässigkeit vorzuwerfen.» Er kritisiere das Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Inhalt und der Verpackung. Dieses könne grundsätzlich einen Anhaltspunkt für eine Verschleierung (eine sogenannte Mogelpackung) sein.

Der auf der Packung angebrachte Hinweis auf die tatsächliche Produktemenge könnte eine solche Verschleierung beseitigen. Ob dies im konkreten Fall jedoch schon genügt, könnte jedoch nur durch eine Umfrage unter Durchschnittskunden geprüft werden.

Zusammengefasst, schreibt der Oberrichter, sei kein grobfahrlässiges Handeln Alberts ersichtlich, weshalb die Verfahrenskosten vom Staat zu tragen sind. Albert muss die 200 Franken also nicht bezahlen. Über die viele Luft in der Cookie-Verpackung ärgern muss er sich jedoch weiterhin.