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Der Abstimmungskrampf: Die SP wirbt für ein Nein zur OECD-Reform – doch nicht mal die eigene Basis zieht mit

Die SP hat sich ein Problem eingebrockt: Sie weibelt gegen die Umsetzung der OECD-Mindestreform, doch die Basis macht nicht mit. Es droht eine empfindliche Niederlage.

Normalerweise ist die SP in Steuerfragen eine Wucht. Mit Schlagworten wie «Steuerbeschiss» bodigte sie in den vergangenen Jahren praktisch im Alleingang eine Reihe von Steuervorlagen an der Urne, zuletzt die Reform der Verrechnungssteuer. Die SP eilte von Sieg zu Sieg.

Doch mit der Nein-Parole zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer hat sich die Partei in eine ungemütliche Lage manövriert. Die Siegesserie dürfte reissen, darauf deuten zumindest Umfragen hin. Der Nimbus als Vetomacht in Steuerfragen könnte leiden.

Das Malaise der SP beginnt damit, dass sich ihre Position im Abstimmungskampf nicht leicht vermitteln lässt: Sie ist zwar grundsätzlich für die Reform, aber gegen die geplante Umsetzung. Der Spagat zeigte sich an der Medienkonferenz am Donnerstag schon im ersten Votum. Die Einführung einer globalen Mindeststeuer sei ein Fortschritt, sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth – um gleich das grosse Aber anzuhängen: Bei der Abstimmung am 18. Juni gehe es um die Umsetzung im Inland, und diese sei gründlich misslungen.

Die SP stösst sich daran, dass 75 Prozent der Einnahmen an die Kantone gehen sollen. Zug und Basel-Stadt würden besonders profitieren. Dadurch werde der Steuer- und Standortwettbewerb verschlimmert, kritisiert die Partei. Zudem würden die Einnahmen via Standortförderung zurück an Konzerne und Grossaktionäre fliessen, während die Bevölkerung leer ausgehe.

Von goldenen Randsteinen und Krankenkassenprämien

«Wer hat, dem wird gegeben», sagte SP-Vizepräsident David Roth. Von der Reform sollte die ganze Bevölkerung profitieren – und nicht in Zug die Randsteine vergoldet werden. Nach Ansicht der SP müsste das Geld etwa für Prämienverbilligungen oder Kitas eingesetzt werden.

Doch lohnt es sich, deswegen für ein Nein einzutreten? Mehrere SP-Parlamentarier wie Jacqueline Badran hatten sich im Vorfeld für Stimmfreigabe ausgesprochen. Das hätte der Partei den ungemütlichen Abstimmungskampf erspart. Andere setzen sich gar für die Reform ein, wie etwa Ständerätin Eva Herzog. Auch zwei Kantonalparteien – Solothurn und Genf – fassten die Ja-Parole. Und sie sind damit nah bei der Basis: Gemäss ersten Umfragen wollen weniger als 20 Prozent der SP-Anhängerschaft Nein stimmen – ein desaströser Wert. «Es ist uns bewusst, dass wir hier Arbeit leisten müssen», sagte Wermuth. Deshalb starte man jetzt die Kampagne. Und: Man argumentiere für ein «konstruktives Nein».

Abstimmungskampf auf Sparflamme

Nach Ansicht der SP könnte rasch eine neue, bessere Umsetzung verabschiedet werden. Die Befürworter und Befürworterinnen, die ebenfalls am Donnerstag vor die Medien traten, widersprechen: Das sei eine Illusion, sagte Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter mit Verweis auf die Trägheit des Systems.

Die bürgerlichen Parteien warnen, die Einnahmen würden ins Ausland fliessen, wenn die Schweiz die Reform ablehne. SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher fügte an die Adresse der SP an: «Es gibt keine bessere Lösung.» Es sei richtig, dass die Kantone einen Grossteil der Einnahmen erhielten, um gezielt Standortmassnahmen zu finanzieren. Die Bürgerlichen gaben sich am Donnerstag zuversichtlich, die Abstimmung gewinnen zu können.

Angesichts der Ausgangslage scheint dies realistisch, zumal die SP auch nicht mit der grossen Kelle anrichtet. Die Kampagne sei kleiner als bei der Verrechnungssteuer, weil mit dem Klimaschutzgesetz eine zweite wichtige Vorlage zur Abstimmung komme, sagt SP-Sprecher Nicolas Haesler. Das Budget betrage rund 50’000 Franken, «bei entsprechenden Spendeneinnahmen würden wir das auch noch etwas erhöhen».

Sie werben für ein Ja: Magdalena Martullo-Blocher (SVP), Petra Gössi (FDP), Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte), Jürg Grossen (GLP), Lilian Studer (EVP).
Bild: Anthony Anex/Keystone