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«Wir verkommen zum SBB-Schalter»: Deshalb verzichten viele Gemeinden auf die neue Spartageskarte

Anfang des kommenden Jahres lanciert die SBB die neue «Spartageskarte Gemeinde» als Nachfolgelösung der bisherigen Gemeinde-Tageskarten. Eine Umfrage zeigt allerdings: Viele Gemeinden machen da nicht mehr mit. Verschiedene Preisstufen, der administrative Aufwand hinter einer Reservation und der Preis an sich lassen sie verzichten. 

Das letzte Stündchen der «Tageskarte Gemeinde» der SBB hat schon bald geschlagen. Genauer gesagt am 30. Januar 2024. Dann kann letztmals mit dem bestehenden Ticket so viel Zug an einem Tag gefahren werden, bis die Gleise glühen. Per 1. Januar 2024 führt die SBB den Nachfolger ein: Sie heisst «Spartageskarte Gemeinde» – und wird gegenüber dem Vorgängermodell einige Neuerungen erfahren.

Doch bei Weitem nicht alle Gemeinden machen mit. Gewisse Neuerungen sind auch für viele Fricktaler Gemeinden ein Grund, die neuen Billette nicht anzubieten.

Kein Onlineverkauf möglich

«Aufwand und Ertrag stimmen für uns beim neuen Angebot nicht mehr», sagt etwa Corina Gilgen, Leiterin Einwohnerdienste in Wallbach. Der Aufwand sei insbesondere bei Reservation, Rückfragen, Reklamationen, Umtausch, Klassenwechsel und Rückerstattungen sehr hoch.

Mussten die Gemeinden früher die Tageskarten noch vorgängig kaufen und beim Nichtverkauf einen Verlust einfahren, werden die neuen «Spartageskarten Gemeinde» von einem schweizweiten Pool bezogen. Zwar können auch die Endkundinnen und Endkunden – sprich die Zugfahrenden – im Internet die tägliche Verfügbarkeit von Tickets überprüfen. Eine Reservation ist aber online nicht mehr möglich. Zudem sind alle Tickets neu personalisiert.

«Das lässt den Anschein erwecken, dass die Gemeinden zum SBB-Schalter verkommen», sagt Marco Waser, Stadtschreiber I in Laufenburg. Die Stadt wird daher auf das neue Angebot verzichten. Gemäss Sachbearbeiterin Sara Schäfer hält man auch in Kaisten die Handhabung der SBB, die Reservation nur telefonisch oder am Schalter zu ermöglichen, für nicht zeitgemäss und zu aufwendig für die Gemeinde.

Einige Gemeinden monieren ausserdem, dass es beim neuen Sparangebot gar nicht so viel zu sparen gibt. «Die SBB bieten ja selber Spar-Tageskarten zu einem ähnlichen Preis an. Wenn man früh genug dran ist, bekommt man sie sogar günstiger», sagt Reto Hofer, Gemeindeschreiber in Mumpf.

Das teuerste Ticket kostet 148 Franken

Anders als die auslaufende «Tageskarte Gemeinde», die für die Reisenden jeweils fix rund 45 Franken gekostet hat, ist die Preisspanne ab dem kommenden Jahr viel grösser. Die neue «Spartageskarte Gemeinde» kostet zwischen 39 und 148 Franken. Wobei nur eine von acht Konditionen, zu denen das Ticket gekauft werden kann, über 100 Franken kostet.

Die grossen Unterschiede erklären sich mit der Möglichkeit, zwischen 1. und 2. Klasse und mit oder ohne Halbtax-Abo zu wählen. Zudem bestehen zwei verschiedene Preisstufen: Wer mehr als zehn Tage vor der Reise bestellt, profitiert von deutlich günstigeren Konditionen.

Natürlich sind nicht alle Fricktaler Gemeinden dem neuen Sparangebot der SBB abgeneigt. «Die Bevölkerung hat sich dieses Angebot gewünscht», sagt etwa Manuela Riner, Leiterin Einwohnerkontrolle in Münchwilen. Auch in Frick wird bald die «Spartageskarte Gemeinde» verkauft werden. «Das bisherige Angebot ist bei der Bevölkerung sehr beliebt, weshalb wir dem neuen Angebot eine Chance geben möchten», sagt Gemeindeschreiber Michael Widmer.

Für Stein bietet sich neben der Dienstleistung für Einwohnerinnen und Einwohner auch noch ein Vorteil in eigener Sache: «Das Kostenrisiko für die Gemeinden reduziert sich stark und sie erhalten neu eine Verkaufsprovision», sagt Gemeindeschreiber Sascha Roth. Auch wenn Stein die neue Spartageskarte anbieten wird, konnte die alte Tageskarte nur noch bis zum 30. Juni bezogen werden. Da die Tageskarten bisher in Sets gekauft wurden, haben einige Gemeinden keine neuen Sets mehr bestellt, da sie ja schon bald keine Gültigkeit mehr haben.