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Lehrlinge wollen 8 Wochen Ferien – und sammeln dafür 100’000 Unterschriften

Zwei Drittel der Lernenden kämpfen mit psychischen Problemen. Linke Jungparteien und Gewerkschaften fordern deswegen mehr Ferien. Löst das die Probleme?

Die Schweizer Lernenden sind gestresst und erschöpft. Sie leisten viel. Doch die Erholung komme oft zu kurz. Die Berufslehre stecke in einer Krise, müsse dringend aufgewertet werden.

Zu diesem Schluss kommen die Schweizer Gewerkschaften. Sie fordern deshalb 8 Wochen Ferien in der Lehre. Bisher sieht das Gesetz fünf Wochen vor. Die gleichaltrigen «Gymeler» haben derweil 13 Wochen.

Diese Ungleichbehandlung sei nicht fair, sagt Magdalena Erni, Co-Präsidentin der Jungen Grünen, die den Aufruf unterstützen. Mehr Ferien stärkten die psychische Gesundheit, Freundschaft und Neugierde.

Die Forderung ist nicht neu. Doch der Wunsch kommt an: Seit Freitag haben an die 100’000 Personen den neusten Appell an den Bundesrat unterschrieben.

Ferien als Mittel gegen psychische Belastung?

Anlass für den Brief ist eine Studie, in welcher mehrere zehntausend Lernende befragt wurden. Sie zeigt, dass zwar viele Jugendliche erst einmal zufrieden damit sind, sich für eine Lehre entschieden zu haben.

Gleichzeitig geben über 60 Prozent der Befragten an, während der Lehre unter psychischer Belastung gelitten zu haben. Mehr als die Hälfte davon sagt, die Lehre habe diese Probleme zumindest verstärkt, wenn nicht gar ausgelöst.

So einfach könne man das aber nicht sehen, sagt Melanie Racine, Vizepräsidentin der Jungfreisinnigen. Die Ferienwochen sollten für die Wahl des Bildungswegs nicht ausschlaggebend sein. Die Lehre bringe viele Vorteile für die persönliche Entwicklung und sei ein toller Start in das Berufsleben. Zudem seien die Ferien in der Lehre bezahlt: «Am Gymnasium nutzt man die Ferien dagegen, um zu arbeiten.»

Abgesehen davon stünden die Arbeitgeber ohnehin unter Druck: «Sie müssen auf dem Stellenmarkt auch attraktiv bleiben.» So gebe es in vielen Betrieben schon heute 6 Wochen Ferien für Lernende.

Die Lehre muss sich lohnen – auch für die Arbeitgeber

Wie viel drei zusätzliche Ferienwochen die Unternehmen kosten würden, lasse sich nicht abschätzen, schreibt Nicole Meier vom Schweizerischen Arbeitgeberverband. Sie warnt vor voreiligen Schlüssen: So könnten mentale Probleme verschiedene Ursachen haben. Die Lehre könne gar eine Chance für vorbelastete Jugendliche sein, persönliche Schwierigkeiten zu überwinden.

Bisher sei das Kosten-Nutzen-Verhältnis einer Lehrstelle für den Betrieb «leicht positiv». Das sei wichtig, damit die Unternehmen auch bereit seien, junge Leute auszubilden, so Meier. Ansonsten könnten gewisse Betriebe die Ausbildung ihrer Lernenden einstellen: «Für die Schweizer Berufsbildung wäre das fatal.»

Mit mehr Ferien alleine werde man die Belastung junger Menschen noch nicht lösen, sagt auch Magdalena Erni. Dafür brauche es auch eine bessere Begleitung durch die Ausbildung und höhere Löhne.

Dabei müsse man auch zusehen, wie KMU besser unterstützt werden könnten, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Ferienfrage sei allerdings ein wichtiger erster Schritt, um Lehrberufe attraktiver zu machen, sagt Erni: «Wir sind schliesslich alle auf diese Fachkräfte angewiesen.»

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