
Oftringen will Hürde für das Initiativrecht und das fakultative Referendum hinuntersetzen
Die Hürden für das Initiativrecht und das fakultative Referendum werden heruntergesetzt. So sieht es die neue Oftringer Gemeindeordnung vor, über die die Gemeindeversammlung am 12. Juni abstimmt. Konkret heisst das: Damit eine Initiative zustande kommt, braucht es künftig die Unterschriften von 5 Prozent der Stimmberechtigten (statt bis anhin 10 Prozent). Das sogenannt begründete schriftliche Begehren wird beim Zustandekommen von genügend Unterschriften an einer Gemeindeversammlung behandelt. Gleichzeitig kann mit diesem Instrument die Einberufung einer ausserordentlichen Versammlung verlangt werden.
Beim fakultativen Referendum wird die Hürde ebenfalls auf 5 Prozent der Stimmberechtigten festgelegt (bis anhin ein Zehntel). Das fakultative Referendum kann jeweils gegen positive oder negative Beschlüsse einer Gemeindeversammlung ergriffen werden – innert 30 Tage nach der amtlichen Publikation.
Website als amtliches Publikationsorgan
Apropos amtliche Publikation: Bis anhin waren die Lokalzeitungen die Publikationsorgane für die vorgeschriebenen Veröffentlichungen der Gemeinde Oftringen. Auch das will der Gemeinderat ändern. Künftig soll die Gemeindewebsite als amtliches Publikationsorgan dienen. Begründung für diesen Entscheid: weniger Kosten und grössere Flexibilität.
Die neue Gemeindeordnung sieht zudem vor, dass die Bezeichnung Gemeindeammann ersetzt wird durch Gemeindepräsidentin/Gemeindepräsident respektive Vizepräsidentin/Vizepräsident. Grundsätzlich soll die Gemeindeordnung gemäss Gemeinderat «entschlackt» werden, indem die in übergeordneten Gesetzen geregelten Punkte ersatzlos gestrichen werden.
Höhere Kompetenzen für den Erwerb von Grundstücken
Sie sieht aber auch eine Erhöhung der Kompetenzen für den Erwerb und Tausch von Grundstücken durch den Gemeinderat und die Geschäftsprüfungskommission vor. Diese soll von 2 Millionen Franken auf 5 Millionen Franken im Einzelfall erhöht werden – verbunden mit dem Zusatz, dass nebst der bisher schon erforderlichen Zustimmung durch die Geschäftsprüfungskommission neu auch jene der Finanzkommission vorliegend sein muss. Zudem sollen die Parzellen, die in Gemeindeeigentum sind, grundsätzlich nur noch im Baurecht an Dritte vergeben werden können und ein Verkauf nur noch im Ausnahmefall möglich sein.
Die heute gültige Gemeindeordnung Oftringens stammt aus dem Jahr 1989 und wurde bereits einige Male einer Revision unterzogen. Zuletzt 2022 im Rahmen der Abschaffung der Schulpflegen. Zwischenzeitlich habe sich weiterer Anpassungsbedarf ergeben, argumentiert die Exekutive. Die Gemeindeordnung von 1989 soll – der Übersicht halber – ausser Kraft gesetzt werden. Änderungen an der Gemeindeordnung unterliegen dem obligatorischen Referendum. Die Urnenabstimmung ist für den 28. September vorgesehen.
Weiter legt der Gemeinderat der Gemeindeversammlung vier Kreditabrechnungen vor. Der Bau der Entlastungsleitung Hagmannkanal von der Bündtenstrasse bis zum Hauptsammelkanal beim Regenbecken Aeschwuhr kostete 596’000 Franken weniger als budgetiert. Die Gemeindeversammlung genehmigte 2018 einen Verpflichtungskredit von 3,17 Millionen Franken. Ebenfalls zu einer Kreditunterschreitung, dieses Mal von 522’000 Franken, kam es beim Bau des Entlastungskanals Zürichstrasse-Ackerweg. Die Gemeindeversammlung genehmigte 2021 für dieses Projekt einen Kredit von 1,735 Millionen Franken.
Weniger kostete auch der Dachstockumbau im Realschulhaus Oberfeld. Der Verpflichtungskredit belief sich auf 775’000 Franken. Die Nettoinvestition belief sich letztlich auf 474’317 Franken. Einer der Gründe dafür: Man entschied sich, die Fenster nicht zu ersetzen, da sich diese in einem noch guten Zustand befinden.
Doppelkindergarten kostete mehr als erwartet
Zu einer Kreditüberschreitung von 115’689 Franken hingegen kam es beim Neubau des Doppelkindergartens am Ahornweg in Küngoldingen. Der Verpflichtungskredit lag bei 2,7 Millionen Franken. Einer der Gründe: Aufgrund einer Intervention des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA), dass die funktionale Generalunternehmerausschreibung (GU-Ausschreibung) wegen der Vergabekriterien rechtswidrig sei, musste die Submission abgebrochen werden, wie der Gemeinderat in der Botschaft an die Gemeindeversammlung festhält. «In der Folge war die Gemeinde daher aus zeitlichen Gründen gezwungen, die Planung direkt einem Architekturbüro zu vergeben, wofür der Gemeinderat einen Zusatzkredit von 55’000 Franken bewilligte.»
Ein weiteres Traktandum ist die Jahresrechnung 2024, die mit einem Ertragsüberschuss von 6,1 Millionen Franken und einer Selbstfinanzierung von 8,3 Millionen Franken abschliesst (das ZT berichtete). Zudem befindet die Gemeindeversammlung über den Rechenschaftsbericht sowie über acht Einbürgerungsgesuche.
Eine Antwort zu “Oftringen will Hürde für das Initiativrecht und das fakultative Referendum hinuntersetzen”
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Es wird interessant werden die Detailbegründungen für die Anpassungen der Gemeindeordnung des Gemeinderates an der Gemeindeversammlung zu erfahren.
Im Vorlagenbüchlein sind ja keine Hintergründe erwähnt mit Ausnahme der (wahrscheinlich lächerlichen) Kosteneinsparung beim Publikationsorgan (heute Wiggertaler). Das amtliche Publikationsorgan wechselt dann von einer Bringschuld der Gemeinde (der Wiggertaler erhalten wir gratis in den Briefkasten) in eine Holschuld auf der Internetseite der Gemeinde der Stimmbürger.
Auch die Begründung der Herabsetzung für das fakultative Referendum wie auch der Initiative von heute 10% (ca. 720 Stimmberechtigte) auf neu 5% (ca. 360 Stimmberechtigte) sind nicht erwähnt. Nimmt man als Vergleich das Quorum der ERZOA ARA für das fakultative Referendum in den Satzungen von 3000 Stimmberechtigten innert 60 Tagen zeigt sich doch, dass es dem Gemeinderat nicht unbedingt um die tiefere Hürde der demokratischen Mitsprache der Stimmberechtigten geht. Übrigens ist diese Hürde bei der ERZO nicht (mehr) gesetzeskonform, vergleiche Gemeindegesetz Kanton Aargau § 77a, Absatz 1 a) 5% der Stimmbürger, bezw. 1500 Stimmberechtigte.
Die Erhöhung der Kompetenzen für den Gemeinderat von heute 2´000´000 CHF auf neu 5´000´000 CHF ist doch realitätsfremd, resp. führt zu einer weiteren Entmündigung des (normalen) Stimmbürgers und stärkt eigentlich nur die „Classe politique“.
Bereits heute mit den 2 Mio CHF hat der Gemeinderat (nach Aarburg) die zweithöchste Kompetenz aller 17 Gemeinden im Bezirk mit einer Gemeindeversammlung. Der Mittelwert aller Gemeinden (Kompetenz Gemeinderat) beträgt CHF 380´000.-, mit der GPK ein Mittelwert von 1.0 Mio CHF. Selbst deutlich größere Städte wie Olten (4 Mio), Rheinfelden (1 Mio CHF), Wettingen (4 Mio) haben tiefere Kompetenzgrenzen.
Die Gemeinde Oftringen hat 78 Parzellen im Eigentum mit einem Wert von ca. 51 Mio CHF. Parzellen sollen grundsätzlich nur noch im Baurecht (Hoheit Gemeinderat) abgegeben werden, Ausnahmen bewilligt der Gemeinderat. Mit der Erhöhung der Kompetenzen und diesem Passus der Hoheit bei den Baurechtsverträgen für den Gemeinderat werden die Stimmbürger weiter „entmündigt“. Eigentlich sind sämtliche Kompetenzen bei Liegenschaften der Gemeinde an den Gemeinderat übergegangen.
Und letztlich wundert sich die „classe politique“ wenn sich die Stimmbürger selbst an der Urne von der Politik verabschieden. Die Stimmbeteiligung bei den Gemeinderatswahlen von abgrundtiefen 20% sprechen eine deutliche Sprache. Für „normale“ Stimmbürger machen die (gemeint der Gemeinderat) so wie so was sie wollen. Sie verweigern sich strikt den ihren noch in kleinen Teilen vorhandenen demokratischen Rechte und Pflichten.
Bemerkenswert ist die Analyse der Gemeinderatswahlen in Oftringen. Bei genauer Betrachtung haben die 1838 „vereinzelt leere Stimmen“ am meisten Stimmen erhalten. Dies bedeutet, dass eine große Mehrheit der Stimmbürger es nicht geschafft haben, die einzigen 5 vorgeschlagenen Kandidaten und Kandidatinnen von der der linken Formularseite auf die rechte Formularseite zu schreiben. Im Klartext wurden den bestehenden Kandidaten die Stimme verweigert (Schläfli 544 Stimmen; Steiner 408 Stimmen; Amsler 397 Stimmen; Sommer 455 Stimmen.