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Gnadenfrist für Vorstösse-Könige: Auch in der Sondersession darf munter eingereicht werden

Das Parlament kämpft gegen die Vorstossflut. Eine Massnahme: ein Vorstossverbot während der Sondersession. Ausgerechnet bei der kommenden Sondersession gilt es aber noch nicht.

Es ist wieder Sondersession. Das heisst eigentlich: Nachsitzen. Der Nationalrat braucht diese zusätzliche dreitägige Session, um die stets steigende Arbeitslast abzutragen. Dabei brockt er sich die Büez vor allem selbst ein.Rund 3000 Vorstösse haben Parlamentarierinnen und Parlamentarier allein im vergangenen Jahr eingereicht.

Zweck der Sondersession ist es, genau diesem Pendenzenberg abzubauen. Nur: In der Vergangenheit kam es wiederholt vor,dass während der Extra-Sitzungszeit mehr neue Vorstösse eingereicht als abgearbeitet wurden. Sprich: Die ganze Übung die Arbeitslast/den Pendenzenberg also nur weiter erhöht hat.

Damit soll nun Schluss sein. Der Nationalrat hat sein Geschäftsreglement angepasst. Neu soll es nicht mehr erlaubt sein, während der Sondersession Vorstösse einzureichen – sondern nur noch während der vier ordentlichen Sessionen. Das hat der Nationalrat bereits im Herbst beschlossen. Nur: Bei der nun anstehenden Sondersession gilt diese Regel noch nicht.

Leben, was man predigt

Da die Änderung des Reglements an eine Gesetzesänderung zu einem anderen Thema gekoppelt ist, muss erst die Referendumsfrist abgewartet werden. Diese läuft noch bis im Frühsommer. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass dieses Geschäft tatsächlich noch Teil einer Volksabstimmung wird.

Gegner gibt es eigentlich genug. Wortgewaltig wie gewohnt wehrte sich etwa Noch-Mitte-Präsident Gerhard Pfister gegen die Beschränkung: «Glauben Sie allen Ernstes, dass diejenigen, die sagen, sie müssten zur Rettung des Abendlandes diesen bestimmten Vorstoss einreichen, dies dann, wenn sie es in der Sondersession nicht tun dürfen, nicht einfach in der Sommersession machen? Das ist völlig illusorisch!» Er mahnte an die SVP und FDP, aus deren Kreise der Ruf nach der Einschränkung kommt: «Denken Sie bitte daran, was Sie sonntags immer predigen – Eigenverantwortung vor Regulierung.»

Jeder findet seine eigenen Ideen am wichtigsten

Schlicht und einfach «armselig» nannte Balthasar Glättli (Grüne/ZH) den neuen Passus im Geschäftsreglement. «Demokratie heisst immer auch, dass es mal etwas mühsam sein darf», so Glättli. Er glaubt nicht, dass deswegen nun weniger Vorstösse eingereicht werden – schliesslich finde jeder und jede, dass die jeweils eigenen «wichtig sind, unnütz sind die der anderen.»

Anderer Meinung war Gregor Rutz, der gar mit der Bibel argumentierte: «Es gibt eine Zeit zum Reden und eine Zeit zum Schweigen.» Da ja die Sondersession genau da sei, um die Arbeitslast abzutragen, mache es keinerlei Sinn zu erlauben, dass in dieser Zeit diese sogar noch vergrössert werde. Frei nach Rutz: Reden ist Silber, keine Vorstösse einreichen ist Gold.

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