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Nach Tessiner Treuhand-Enthüllung: Politdebatte rund um SVP-Präsident Chiesa

Der nationale SVP-Präsident Marco Chiesa hat mit seiner Firma offenbar gegen das kantonale Treuhandgesetz verstossen. Die Situation ist saniert, aber Fragen bleiben.

Vierzehn Monate lang operierte die Treuhandgesellschaft Ticiconsult Sagl in Lugano-Pregassona, die dem nationalen SVP-Präsidenten und Ständerat Marco Chiesa sowie dem Tessiner SVP-Nationalrat Piero Marchesi gehört, ohne einen Treuhänder, der im kantonalen Treuhandregister eingetragen ist. Doch dies wäre eigentlich im kantonalen Treuhändergesetz (LFid) vorgesehen. Seit die Tamedia-Zeitungen am 29. September diese Nachricht enthüllten, hält die Diskussion an, ob hier bewusst Gesetze umgangen wurden.

Marco Chiesa hat immer wieder erklärt, in der Gesellschaft habe ein Anwalt die Rolle der Treuhänderin übernommen, die das Unternehmen verlassen hatte. Diese Möglichkeit sei gesetzlich erlaubt und durch einen Bundesgerichtsentscheid legitimiert. Allerdings gehen die Meinungen darüber, was das Gesetz zulässt, auseinander. Die Präsidentin des Tessiner Treuhänderverbandes, FDP-Grossrätin Christina Maderni, hat erklärt, dass eine Treuhandfirma dann unter der Adresse der Kanzlei des jeweiligen Anwalts sein müsse, was bei der Ticiconsult nicht der Fall sei.

Politische Debatte im Kantonsparlament

Am Montag dieser Woche ist der Kasus im Grossen Rat des Kantons Tessin gelandet. Staatsrat und Justizdirektor Normann Gobbi (Lega) antwortete auf eine Anfrage der Grünliberalen, welche Klarheit zur Causa Chiesa verlangten. Gobbi antwortete allerdings nicht mit eigenen Worten, sondern verlas – mit Verweis auf die Gewaltentrennung – eine kurze Stellungnahme der kantonalen Treuhandaufsicht. Diese hielt fest, dass die Unregelmässigkeit bei Ticiconsult im November 2022 signalisiert worden war. Es habe seither zwei Treffen mit den Gesellschaftern gegeben und durch die Einsetzung eines regulären Treuhänders sei die Situation saniert worden. Die Gesellschafter hätten gut zusammengearbeitet und in «gutem Glauben» gehandelt.

Ob die Diskussion über diesen Fall nun beendet ist, wird sich weisen. Die Tessiner Tageszeitung «La Regione» kommentierte, die von Norman Gobbi verlesene Mitteilung werfe mehr Fragen auf, als dass sie Antworten liefere. So frage man sich, ob Gobbi nur wenige Tage vor den Eidgenössischen Wahlen Marco Chiesa helfen oder ihm nicht doch ein Bein stellen wollte. Denn wenn eine Situation saniert wurde, war sie zuvor zumindest nicht ganz regelkonform.

Anwalt Adriano Sala versandte im Namen der Ticiconsult Sagl noch am Montagabend den lokalen Medien eine Pressemitteilung, in der er festhält, dass zu keinem Zeitpunkt eine Untersuchung gegen die Treuhandfirma eingeleitet worden sei und auch keinerlei Sanktionen verhängt wurden. Daraus liesse sich ableiten, dass es keine Regelverletzung gegeben habe.