
«Alles andere als radikal»: Aargauer SP stimmt Juso-Initiative zu und fasst Nein-Parole zur Eigenmietwert-Abschaffung
«Aufbruch zu 19 Prozent»: Mit diesem Ziel hatten Lucia Engeli und Anja Gestmann die SP-Mitglieder am Parteitag Ende April in Lenzburg überzeugt und die Wahl fürs neue Präsidium gewonnen. Gemeint sind 19 Prozent Wähleranteil an den nächsten Grossratswahlen 2028.
Wie genau soll das möglich werden? Das Co-Präsidium hat dies am ersten Parteitag unter seiner Führung vom Samstag in Bad Zurzach in einen Satz gefasst: «Ermöglicht wird dies durch eine verbesserte interne Kommunikation und eine proaktive Kommunikation nach aussen, die die Partei als gestaltende Kraft positioniert und sich klar von rechtspopulistischen Narrativen absetzt.»
«Junge Politikerinnen und Politiker aufbauen»
Anja Gestmann machte dazu einige Ausführungen. «Wir wollen besser und klarer werden in allen Politikbereichen.» Die Parteispitze wolle «mehr Menschen mobilisieren, die anpacken und als Multiplikatoren wirken, für gute Narrative sorgen». Und: «Wir wollen junge Politikerinnen und Politiker aufbauen.»
Ein weiterer Punkt: «Wir wollen reibungslos funktionierende Schnittstellen schaffen, von der Parteibasis zu den eigenen Politprofis und von den Freiwilligen zu den Mitarbeitenden.» Damit meinte sie auch die Kündigungen vom letzten Jahr auf der Geschäftsstelle. Hier ist ein nächster Schritt getan: Die Delegierten wählten später Esther Schmid, Parteisekretärin und Kommunikationsverantwortliche, und Grossrätin Selena Rhinisperger als neue Co-Geschäftsführung der Kantonalpartei.
Die nächsten Schritte des Projekts wollen die beiden Präsidentinnen mit den Parteimitgliedern gemeinsam erarbeiten. Bis Ende September stehen Interviews und Umfragen bei der Basis an, dann Workshops. Im Januar 2026 sollen erste Massnahmen umgesetzt werden. Engeli und Gestmann haben für das Projekt ein siebenköpfiges Kernteam um sich gebildet.
Viel Raum erhielt am Parteitag die Juso-Erbschaftsinitiative, über die das Schweizer Stimmvolk am 30. November befindet. Co-Fraktionspräsidentin Mia Jenni übernahm bei einem Podium die Rolle der Moderatorin. Juso-Schweiz-Präsidentin Mirjam Hostetmann und die emeritierten Professoren Ueli Mäder (Soziologie) und Michael Graff (Volkswirtschaftslehre) sprachen über die Erbschaftssteuer mit Blick auf eine gerechte Verteilung des Vermögens und soziale Gerechtigkeit.
Bilder zum Podium am SP-Parteitag in Bad Zurzach

Bilder: Valentin Hehli



«Juso-Initiative alles andere als radikal»
Mit ihren Ausführungen warben sie für ein Ja an der Urne. «Wir greifen die Vormachtstellung des Kapitals an», sagte Hostetmann. Denn: In der Schweiz leben rund 2500 Superreiche, die über ein Vermögen von über 50 Millionen Franken verfügen. Sie sollen nach Willen der Initiative die neue Steuer zahlen: 4 Milliarden Franken sollen das pro Jahr sein.
«Ich finde die Juso-Initiative alles andere als radikal», antwortete Mäder, von Jenni auf ein gängiges Narrativ der Gegner angesprochen. Die Delegierten fassten danach sehr deutlich die Ja-Parole. Zwei Delegierte stimmten Nein, dazu gab es eine Enthaltung.
Die SP Aargau fasste ausserdem zwei Parolen zu den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen vom 28. September. Jene zur Abschaffung des Eigenmietwerts lehnten die Delegierten mit der Nein-Parole bei drei Enthaltungen ab. «Die Reform kostet zu viel, deshalb empfehlen wir die Nein-Parole», sagte Rebecca Derendinger, Geschäftsleitungsmitglied der SP Aargau. Die Rede ist von rund 2 Milliarden Franken.
Während reiche Immobilienbesitzer entlastet würden, würden Mieterinnen und junge Familien zur Kasse gebeten. «Dieser Systemwechsel verbindet Dinge, die nicht zusammengehören und ist schon deshalb irreführend», sagte Co-Präsidentin Lucia Engeli. Cédric Wermuth, Nationalrat und SP-Schweiz-Co-Präsident, sprach in einem Votum von «einer verkorksten Vorlage sondergleichen».

Bild: Valentin Hehli
Einstimmig fiel das Ja zum neuen Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis (E-ID-Gesetz) aus.