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Parteien fassen Parolen zu den Altersvorsorge-Abstimmungen

SP, Mitte und FDP hielten am Dienstagabend ihre ersten Parteiversammlungen des Jahres ab, die EVP war bereits letzte Woche dran. Haupttraktandum: Die Parolen für die Abstimmungen vom 3. März. Thema waren zudem allenthalben die kantonalen Wahlen vom 20. Oktober.

SP sagt Ja zur 13. Rente und Nein zum AHV-Alter 66

Der Saal ist noch nicht halb gefüllt und Stefan Dietrich, Co-Präsident der Aargauer SP, raunt: «Überraschungen wird es heute wohl keine geben.» Die Mitglieder treffen sich am Dienstagabend im Rathaussaal in Wettingen zum ausserordentlichen Parteitag. Die Kantonalpartei will die Parolen für die zwei nationalen Initiativen fassen, über die das Stimmvolk am 3. März befindet: Die Gewerkschaften wollen eine 13. AHV-Rente, die Jungfreisinnigen das Rentenalter auf 66 erhöhen.

Jungfreisinniger auf verlorenem Posten

Für Travis Schmidhauser ist es ein aussichtsloses Unterfangen, die Genossinnen und Genossen von der Renteninitiative zu überzeugen. Und das weiss der Jungfreisinnige auch. «Ich hoffe auf einige Enthaltungen», sagt er, noch bevor er mit seinen Ausführungen beginnt. Schmidhauser sieht die Finanzierung der AHV in Gefahr.

Er begründet dies mit einer Veränderung der Zahl jener, die einzahlen: «Kamen 1948 noch 6,5 Einzahlende auf eine Person im Pensionsalter, so sind es 2050 noch 2,1.» Seine Argumente ziehen nicht. Doch immerhin einen Minimalerfolg kann er verbuchen: Zwei Genossen enthalten sich.

Gewerkschafterin wirbt für 13. AHV-Rente

Der nächste Auftritt von Gabriela Medici scheint ein Heimspiel. Die stellvertretende Sekretariatsleiterin des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes weibelt vor den Aargauer Genossinnen und Genossen für die 13. AHV-Rente. Sie argumentiert mit der sinkenden Kaufkraft und der allgemeinen Teuerung. Krankenkassen und Teuerung würden eine Monatsrente wegfressen, rechnet sie vor. «Es gibt zwar einen Teuerungsausgleich – doch der Krankenkassenprämienschock wird nicht ausgeglichen.»

Blieben bei Schmidhauser Nachfragen ganz aus, kommen nun doch einige kritische Voten. Ein Mann kritisiert den Initiativtext, der die Finanzierung der 13. AHV-Rente schwammig hält. Er sieht dies als starken Angriffspunkt für die Gegner der Initiative. Er werde «Nein» stimmen, sagt ein anderer. Er verstehe nicht, warum eine 13. AHV-Rente auch Reichen zugesprochen werde. Kommt es doch noch zu einer Überraschung?

Verdankung und Verabschiedung von alt Nationalrätin Yvonne Feri durch Regierungsrat Dieter Egli (links) sowie das Co-Präsidium mit Nora Langmoen und Stefan Dietrich.
Bild: Sandra Ardizzone

Vielleicht fragt sich dies auch Yvonne Feri. Die ehemalige Nationalrätin ergreift das Wort: «Wir sind doch die soziale Partei. Ja, es bekommen auch Reiche mehr Geld. Doch das ist nur ein kleiner Wermutstropfen.» Die Überraschung bleibt aus. Der Mann, der sein Nein bereits angekündigt hat, bleibt der einzige. Ansonsten gibt es bei der SP ein Meer von Ja-Stimmen.

Yvonne Feri wird verdankt

Später wird Feri selbst zum Traktandum. 12 Jahre lang bis zum Ende der Wintersession vertrat sie den Aargau im Nationalrat, nun wird sie verabschiedet. Regierungsrat Dieter Egli betont in seiner Laudatio Feris Leidenschaft für den Austausch. «Leider sind wir keine Kollegen geworden im Regierungsrat», entgegnet Feri und spricht damit auf ihre Niederlage vor drei Jahren gegen SVP-Kandidat Jean-Pierre Gallati an. Ist das bereits eine Absage für den frei werdenden Sitz von Alex Hürzeler? Dieter Egli aber verkündet: Ja, er tritt nochmals an. Keine Überraschung.

Dann: Doch noch eine. Die Geschäftsleitung ist bereits gewählt – und Sinem Gökçen, Präsidentin der Aargauer SP-Migrantinnen, will sich auch zur Wahl stellen. «Das ist ein Coup», ruft ein Mann in den Saal. Und ohnehin entspreche dies nicht den Statuten. Die Sprengkandidatur implodiert.

Mitte sagt zweimal Nein und grenzt sich nach links und rechts ab

Es war Marianne Binders zweitletzter Parteitag als Präsidentin der Aargauer Mitte. Im April gibt sie ihr Amt weiter, ein halbes Jahr nachdem sie in den Ständerat gewählt worden ist. Binder eröffnete die Versammlung im Alterszentrum Kehl in Baden mit ein paar guten Nachrichten. Es gelte auch wertzuschätzen, was man hat, sagte die Präsidentin, etwa die Stabilität in der Schweiz. 2024 müsse aus ihrer Sicht ein Jahr der Demokratie werden, mit einem erstarkten Bewusstsein dafür, diese zu verteidigen. Denn selbstverständlich sei sie nicht.

Marianne Binder an ihrem zweitletzten Parteitag als Chefin der Mitte Aargau – im April gibt sie das Präsidium ab.
Bild: Dlovan Shaheri

Demokratie in der Praxis sind die Abstimmungen vom 3. März über die zwei Rentenvorlagen. Für diese fasste die Mitte am Dienstagabend die Parolen. Jacqueline Wick, die Präsidentin der Jungen Mitte, und ihre Mutter, Grossrätin Karin Koch Wick, stellten die Initiative für eine 13. Rente vor. Man wisse, dass es Menschen gibt, «die keine Pension haben, von der AHV allein aber nicht leben können», sagt Karin Koch Wick. Deren Sorgen verstehe man. Aber dafür gebe es die Ergänzungsleistungen. Auch generationen-gerecht sei die Initiative nicht, sagte Jacqueline Wick.

Nicht alle trauten sich Ergänzungsleistungen einzufordern, meinte jemand aus dem Plenum in der anschliessenden Diskussion. Die Ergänzungsleistungen seien nicht als Almosen zu betrachten, sagte Nationalrätin Maya Bally, sondern als Mittel für jene, die eben keine Pensionskasse haben. Dort müsse man ansetzten und dafür sorgen, dass in Zukunft keine Menschen mehr ohne Pensionskasse da stünden. Mit 69 Nein-Stimmen, bei acht Enthaltungen fasste die Mitte die Nein-Parole für die AHV-Initiative.

Renteninitiative der Jungfreisinnigen: Sozialerer Ansatz nötig

Grossrat Philipp Laube referierte zur Renteninitiative der Jungfreisinnigen, der zweiten Vorlage, die zur Abstimmung kommt. Menschen mit kürzerer Ausbildung würden bestraft, weil sie insgesamt noch länger arbeiten müssten als heute, sagte er. Es brauche einen sozialeren Ansatz. Er sei der Meinung, es gebe bessere Modelle für eine sichere Altersvorsorge, sagte Grossrat Andre Rotzetter in der Diskussion.

Es brauche eine Anpassung der Arbeitszeit an die Lebenserwartung, sagte alt Nationalrat Bernhard Guhl. Die vorliegende Initiative sei aber der falsche Weg. Das sah die grosse Mehrheit der Mitte ebenso, auch für die Renteninitiative fasste sie die Nein-Parole deutlich, dies mit 69 Nein- zu fünf Ja-Stimmen.

«Oscar» für Rotzetter, Nomination für Dieth

Den jährlichen «Mitte-Oscar» verlieh die Partei an ihren Wahlkampfleiter Andre Rotzetter. Der Oscar kommt besonders verdienstvollen Personen zu – Rotzetter habe unermüdlich für den Wahlerfolg gekämpft, lobte Marianne Binder. Anschliessend waren die Delegierten gefragt. Denn es galt, Regierungsrat Markus Dieth für die Gesamterneuerungswahlen vom 20. Oktober zu nominieren. Dieth sei bestens gerüstet für die nächsten vier Jahre und verdiene eine Nomination, sagte Grossrats-Fraktionspräsident Alfons P. Kaufmann.

Strahlen bei der Mitte: Marianne Binder wurde Ständerätin, Markus Dieth soll den Regierungsratssitz verteidigen. 
Bild: Dlovan Shaheri

Zuerst aber stand er der Parteipräsidentin Red und Antwort über Lieblingsessen, Lieblingsdepartement, Davos- Ferien und das Eheleben. Markus Dieth erhielt einen Blumenstrauss, zum Weiterverschenken an seine Frau. Die Dele- gierten nominierten den Landammann schliesslich für eine weitere Wahl in den Regierungsrat durch lauten, langen Applaus. Er bedankte sich. Denn, so gab er zu, diese Nominierung habe ihn im Vorfeld durchaus ein bisschen nervös gemacht. Dieth versprach, sich weitere vier Jahre für den Aargau einzusetzen – er behalte die positive Grundeinstellung.

FDP: Einstimmig für höheres AHV-Alter und gegen 13. Rente

Die Freisinnigen führten am Dienstag zwar ihren ersten Parteitag dieses Jahres durch, die Parolen für die AHV-Initiativen fassten sie aber bereits Ende Oktober 2023. Kurz nach den Wahlen fielen die Entscheide in Aarau sehr einheitlich aus – ganz im Sinn von FDP-Schweiz-Präsident und Ständerat Thierry Burkart, der seine Partei zur Geschlossenheit aufrief.

Das Volksbegehren der Jungfreisinnigen, das eine Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung vorsieht, wurde einstimmig zur Annahme empfohlen. Ebenso einstimmig fassten die Freisinnigen die Nein-Parole zur Initiative der Gewerkschaften für eine 13. AHV-Rente, die laut Nationalrätin Maja Riniker schlicht nicht finanzierbar ist.

EVP: Nicht nachhaltig, darum zweimal Nein

Die EVP hat ihre Mitgliederversammlung letzte Woche abgehalten. Eingeladen war SP-Grossrat Hanspeter Hubmann, er referierte über die Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter», die eine 13. AHV-Rente verlangt. Gekontert wurde er von EVP-Co-Präsident Roland Frauchiger. Das Giesskannenprinzip einer 13. Monatsrente, unabhängig vom Bedarf, sei keine nachhaltige Lösung, meinte er. Ihm folgten die EVP-Mitglieder, nach umfassender Diskussion habe die Versammlung mit grosser Mehrheit die Nein-Parole gefasst, schreibt die EVP in einer Medienmitteilung.

Auch zur Renteninitiative der Jungfreisinnigen, die eine Erhöhung des Rentenalters auf vorerst 66 Jahre fordert, sagt die EVP Aargau sehr deutlich Nein. EVP-Schweiz-Präsidentin Lilian Studer äusserte ihre Bedenken zur Initiative und betonte die Notwendigkeit einer Verschnaufpause, so kurz nach der AHV-21-Reform. Mit einer Gegenstimme beschloss die Versammlung, die Initiative abzulehnen.