
Neuer Rekord bei Kurzarbeitnehmenden aus der EU: So steht es um die Lohn- und Arbeitsbedingungen im Aargau
Auch wenn der Kanton im am Montag veröffentlichten Jahresbericht zum Vollzug der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit wiederholt darlegt, dass die Mehrheit der kontrollierten Unternehmen die Lohn- und Arbeitsbedingungen einhält und die Massnahmen ihre Wirkung entfalten: Gesetzesverstösse gab es auch 2024 wieder.
Fokus auf Gartenbau, Transport, Pneuhandel, Hauswartung, Textilpflege
In früheren Jahren wurden Kioske, Blumengeschäfte, Autowaschanlagen oder Detailhändler untersucht. 2024 lag der Fokus auf die Branchen Gartenbau, Transport, Pneuhandel, Hauswartung und Textilpflege. Im Aargau wurden 505 Betriebe und 2844 Personen kontrolliert.
Zwar wurden die Löhne insgesamt als «nicht missbräuchlich» eingestuft, doch bei zehn Unternehmen lagen diese «deutlich unter der Orts- und Branchenüblichkeit». Es wurden sogenannte Verständigungsverfahren eingeleitet: Bei sieben kam es zu einer Einigung, drei Verfahren hingegen scheiterten.
Bei der Prüfung von Unternehmen im Bereich Personentransport stand nebst den Reisebusfirmen die Taxibranche im Vordergrund. Betreffend dieser aber schreibt der Kanton, dass Lohnvergleiche wegen umsatzabhängiger Lohnmodelle kaum möglich seien. Weil sich die Branche zudem «in starkem Umbruch» befinde, wolle man die Löhne dort später unter die Lupe nehmen.

Symbolbild: Alex Spichale
Nagelstudios diesmal eine Sache des Bundes
Nachdem Nagelstudios in früheren Lohnerhebungen negativ aufgefallen waren, werden sie nun eine Instanz höher untersucht: Auf Anfrage mehrerer Kantone kümmert sich der Bund um die Situation in dieser Branche. In Tätigkeitsbericht vom letzten Monat steht, dass der Bund zum Beispiel die Einführung von Normalarbeitsverträgen mit zwingenden Mindestlöhnen für die Nagelbranche prüfen will.
46 Bussen für die Baubranche
Bei Branchen, die einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstehen, sind die Berufskommissionen für die Kontrollen verantwortlich. Im Baugewerbe zum Beispiel wurden 499 Betriebe mit 1589 Personen kontrolliert. Dabei ging es um aus dem Ausland in die Schweiz entsandte Arbeitnehmende. 46 Verwaltungsbussen wegen Verstössen gegen Lohn- und Arbeitsbedingungen hat das kantonale Migrationsamt ausgesprochen.

Symbolbild: Sandra Ardizzone
Bussen wegen fehlender Dokumente
Der Verein Arbeitsmarktkontrolle Bau Aargau hat 263 ausländische selbstständige Dienstleistungserbringer mit GAV geprüft, das Migrationsamt 186 ohne GAV. Letzterer erteilte 66 Bussen wegen leichter Verletzung der Dokumentationspflicht. Eine schwerwiegende Verletzung, die einen Arbeitsunterbruch erfordert hätte, habe es bisher nicht gegeben.
Trotz Einschreiten der Kommission: Zwei Betriebe zahlten nicht
199 ausländische Entsendebetrieben mit insgesamt 641 Arbeitnehmende wurden überprüft. 32 dieser Betriebe zahlten zu tiefe Löhne. 30 davon zahlten die fehlenden Beträge nach. Bei zwei Betrieben hingegen seien die Verständigungsverfahren gescheitert.
So viele Personen aus EU- und EFTA-Staaten wie noch nie
Personen aus EU- und EFTA-Staaten können bis zu 90 Tage ohne Bewilligung in der Schweiz arbeiten.2022 gingen im Aargau 41’826 Meldungen dafür ein.2023 waren es 6 Prozent mehr, 2024 weitere 12 Prozent – aufgerechnet also fast 50’000, womit der bisherige Höchstwert von 2017 übertroffen wurde. Das Migrationsamt hat wegen Meldepflichtverstössen 33 Bussen und 232 Mahnungen ausgesprochen. Das sind etwas weniger als im Vorjahr.
Schwarzarbeit: Fast jede fünfte Kontrolle ein Treffer
Dank zahlreicher Hinweise von Behörden, Organisationen und der Bevölkerung, wie der Kanton schriebt, habe das Migrationsamt letztes Jahr 737 Schwarzarbeitskontrollen durchgeführt. Von den 1500 Personen wiesen 17,9 Prozent – also fast 270 Personen – einen Verdacht auf Nichteinhaltung der Melde- und Bewilligungspflicht betreffend Sozialversicherungs-, Ausländer- oder Quellensteuerrecht auf. 2023 waren es 19,6 Prozent, 2022 noch höhere 21,1 Prozent.
Im Bereich des Ausländerrechts gab es im letzten Jahr 33 rechtskräftige Strafentscheide der Staatsanwaltschaft. Diese betreffen überwiegend Personen aus Drittstaaten, denen mangels gesamtwirtschaftlichen Interesses und beruflicher Qualifikation keine Arbeitsbewilligung erteilt werden könne.
Die Kontrollen wurden schwerpunktmässig im Bau-, Gast- oder verarbeitenden Gewerbe sowie in Coiffeur- und Kosmetiksalons durchgeführt, erklärt der Kanton, ein Teil davon als gemeinsame Samstagskontrollen mit Sozialpartnern oder dem Verein Arbeitsmarktkontrolle. Dies habe sich bewährt.