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Polymyalgia rheumatica – die unterschätzte Rheuma-Erkrankung

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Polymyalgia rheumatica (PMR) verursacht unerklärliche Muskelschmerzen und bleibt oft unerkannt.Die Rheumatologie am Kantonsspital Aarau bietet spezialisierte Diagnostik und massgeschneiderte Therapien an.

Viele kennen das: Schmerzen in den Schultern oder im Becken, die morgens besonders schlimm sind und sich im Laufe des Tages verbessern. Doch was, wenn diese Beschwerden nicht verschwinden und die Lebensqualität einschränken? Die Polymyalgia rheumatica (PMR) könnte der Grund dafür sein. Diese entzündlich-rheumatische Erkrankung betrifft vor allem Menschen über 50. Oft bleibt sie unerkannt und stellt sowohl Betroffene als auch Ärztinnen und Ärzte vor grosse Herausforderungen. Die Rheumatologie und Immunologie am Kantonsspital Aarau (KSA) hat sich auf die Behandlung dieser komplexen Erkrankung spezialisiert.

Typische Symptome von Polymyalgia rheumatica sind gürtelförmige Schmerzen und Steifigkeit in den Schultern, dem Becken und den Oberschenkeln. 
Bild: Rheumaliga Schweiz

Eine häufige, aber unbekannte Erkrankung

PMR ist eine von über 400 bekannten rheumatischen Erkrankungen und betrifft in der Schweiz etwa eine von 200 Personen. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer, das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt zwischen 60 und 70 Jahren. Trotz ihrer Häufigkeit bleibt PMR vielen Menschen unbekannt, und selbst in medizinischen Kreisen gilt sie als diagnostische Herausforderung. «Das Tückische an PMR ist, dass die Symptome oft unspezifisch beginnen und leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden können», sagt Prof. Dr. med. Sabine Adler, Chefärztin der Rheumatologie und Immunologie am Kantonsspital Aarau.

Die Diagnose von PMR gleicht oft einer Detektivarbeit. Typische Symptome wie Schmerzen und Steifigkeit in Schultern, Becken und Oberschenkeln können auf viele andere Erkrankungen hindeuten. «Es gibt keinen spezifischen Bluttest, der PMR eindeutig nachweist», sagt Prof. Adler. Daher ist die enge Zusammenarbeit zwischen rheumatologischen Fachkräften und Hausärztinnen und Hausärzten von grosser Bedeutung. «Hausärzte sind oft die ersten, die mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Nachtschweiss oder allgemeinen Schmerzen konfrontiert werden», erläutert Prof. Adler. Wenn dann eine PMR vermutet wird, können klinische Untersuchungen, Bluttests zur Ermittlung von Entzündungswerten und bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRI weiterhelfen. Ein besonderes Augenmerk legen die Expertinnen und Experten darauf, andere ernsthafte Erkrankungen wie die Riesenzellarteriitis (chronische Entzündung von Arterien) auszuschliessen, die in etwa 30 Prozent der PMR-Fälle zusätzlich auftreten kann und unbehandelt zu schweren Komplikationen führen könnte.

Kompetenz und Engagement am KSA

Die Rheumatologie und Immunologie am KSA zählt zu den führenden Abteilungen in der Schweiz. Als eine von acht A-Kliniken bildet sie Fachärztinnen und Fachärzte aus und engagiert sich in der Weiterbildung von Hausärztinnen und Hausärzten. «Unsere Aufgabe ist es, auf dem neuesten Stand der Wissenschaft zu bleiben und die bestmögliche Therapie für unsere Patientinnen und Patienten zu finden», betont Prof. Sabine Adler. Die enge Zusammenarbeit mit Hausärztinnen und Hausärzten und die Teilnahme an Forschungsvorhaben wie denen der Stiftung Schweizerische Stiftung für Qualitätsmedizin in der Rheumatologie sind wesentliche Bausteine dieser Arbeit.
ksa.ch/rheumatologie-immunologie

Behandlung: individuelle Herausforderung

Die Behandlung von PMR erfolgt in der Regel mit Cortisonpräparaten, die die Entzündung im Körper reduzieren. «Die meisten Patientinnen und Patienten sprechen innerhalb weniger Tage auf die Therapie an», berichtet Prof. Adler. Die Cortison-Dosis wird dann schrittweise reduziert, wobei die Behandlung insgesamt ein bis zwei Jahre dauern kann. «Ein Rückfall ist möglich, besonders wenn die Cortison-Dosis zu schnell gesenkt wird», warnt die Expertin. In solchen Fällen kann die Therapie durch zusätzliche Medikamente unterstützt werden, um die Nebenwirkungen von Cortison zu minimieren.

Rund um PMR ranken sich viele Mythen. «Eine häufige Fehlannahme ist, dass die Betroffenen selbst für ihre Erkrankung verantwortlich sind, zum Beispiel durch einen ungesunden Lebensstil», erklärt Prof. Adler. «Das stimmt so nicht. Die genauen Ursachen von PMR sind unbekannt, und die Erkrankung kann jeden treffen, unabhängig von Ernährung oder körperlicher Verfassung.» Sicher ist nur, dass das Risiko mit dem Alter steigt und dass das Immunsystem eine Rolle spielt.

«Niemand hat Schuld an dieser Erkrankung»

Prof. Dr. med. Sabine Adler ist Chefärztin der Rheumatologie und Immunologie am KSA.

Frau Adler, die genauen Ursachen von PMR sind unbekannt; gibt es Vermutungen, was die Krankheit auslösen kann?

Zuallererst: Niemand hat Schuld an dieser Erkrankung, insbesondere nicht der oder die Betroffene! Der einzige bekannte Risikofaktor ist das Alter – wir gehen davon aus, dass eine genetische Veranlagung für diese Erkrankung besteht, die aufgrund des alternden Immunsystems «zum Vorschein» kommt. Ob vorbestehende Virusinfekte hier eine Art Auslöser sein können, wird immer wieder diskutiert – aber wer von uns hatte noch nie einen Virusinfekt?

Kann PMR meist geheilt werden – oder wird die Krankheit oft chronisch?

Die meisten Betroffenen können geheilt werden. Im Rahmen des Heilungsprozesses kann es zu wiederkehrender Krankheitsaktivität – also einem Schub – kommen. Darüber hinaus wissen wir aber, dass auch andere, unterliegende Erkrankungen mit Zeichen einer PMR einhergehen können. Somit kann es sein, dass die PMR-Zeichen zwar (vorübergehend) verschwinden, die Ursache hierfür aber bestehen bleibt. Dann muss man gemeinsam auf die Suche gehen.

Die Behandlung mit Cortison kann sich über zwei Jahre erstrecken. Vertragen die Patientinnen und Patienten das in der Regel gut, oder kommt es häufig zu Nebenwirkungen?

Cortisonpräparate werden gut vertragen, wenn wir sie in tiefer Dosierung und über einen kurzen Zeitraum geben. Wenn im Verlauf absehbar wird, dass die Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt oder die Verträglichkeit von Cortison eben doch nicht so gut ist, wird man auf andere Medikamente wechseln (müssen).

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