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Die Hoffnungen der FDP ruhen auch auf einem Neuling im Bundeshaus

Nach der Absage von Damian Müller scheint eine FDP-Doppelspitze realistischer denn je. Einer davon ist in Bundesbern noch ein eher unbeschriebenes Blatt.

Zweifel sind in der Politik ein rares Gut. Sie treten vor allem dann auf, wenn es um plötzliche Karrierechancen geht: ein frei werdender Bundesratssitz, ein Fraktionspräsidium oder, wie aktuell in der FDP, das Amt an der Spitze einer Partei.

Im Freisinn sind die Zweifel so gross, dass sich trotz langer Bedenkzeit noch niemand zu einer Kandidatur durchringen konnte. Natürlich will eine solche Entscheidung mit der Familie und dem Arbeitsleben abgestimmt sein. Doch der Grund für die Zier ist bald drei Monate nach der Abgangsankündigung von Thierry Burkart ein anderer. Noch immer ist sich niemand sicher, die nötigen Mehrheiten für eine erfolgreiche Bewerbung zusammen zu haben. Der etwas boshafte Umkehrschluss: Sagen genug ab, steigt in der Partei am Ende die Dankbarkeit jenen Kandidierenden gegenüber, die etwa mangels Profil oder Ausstrahlung zu Beginn kaum jemand auf der Karte hatte.

Am letzten Wochenende vor Ablauf der Bewerbungsfrist überlegen noch: Susanne Vincenz-Stauffacher und Marcel Dobler, beides Nationalräte aus St. Gallen, und Benjamin Mühlemann, Ständerat aus Glarus.

Noch nicht abgesagt hat auch Damien Cottier. Wobei ihm aus der Fraktion nachgesagt wird, er liebäugle eher mit einer Kandidatur als Bundesrat, sollte Ignazio Cassis um das Ende dieser Legislatur seinen Rücktritt ankündigen.

Armeemusiker will der FDP den Marsch blasen

Am offensivsten kommuniziert Benjamin Mühlemann. Bis Anfang nächster Woche habe er noch mehrere Gesprächstermine vereinbart, sagt er auf Anfrage. Mühlemanns grösstes Manko scheint derzeit seine relative Unerfahrenheit auf Bundesebene. 2023 schaffte der ehemalige Journalist und Kommunikationsfachmann den Sprung von der Glarner Regierung ins Stöckli.

Dennoch durfte er bereits einen grossen Erfolg verbuchen: Dem Einzelantrag des langjährigen Militärmusikers ist es zu verdanken, dass die Armee ihr Budget bis 2028 auf rund 30 Milliarden erhöhen kann. Dass dies vor allem zulasten der Internationalen Zusammenarbeit geschehen soll, brachte Mühlemann zwar den Zorn der Linken ein – doch am Ende zerschlug er damit den Gordischen Knoten um die Armeefinanzen. Und trug ihm unter Bürgerlichen den Ruf ein, Deals in letzter Sekunde zu schmieden.

Eine Fähigkeit, die auch Susanne Vincenz-Stauffacher schon unter Beweis stellte. Sie war eine jener Frauen, die am Stromgesetz mitwirkte. Prominenter in Erscheinung trat sie aber als Strategin für die Individualbesteuerung. Als Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz war sie nicht nur Initiatorin, sondern auch Vize-Präsidentin im Trägerverein, zentral im Unterschriftensammeln engagiert und prägend in der parlamentarischen Debatte. Ihre Motivation scheint ungebrochen: Sie brenne für diese Partei, sagte Vincenz-Stauffacher im Juni.

Alleine, die Zweifel. Neben jenen zur eigenen Mehrheitsfähigkeit umtreiben mögliche Kandidierende auch Sorgen zur Belastung, die der Job des Parteipräsidiums mit sich bringt. Mühlemann sagt deshalb deutlich, dass er sich auch ein Co-Präsidium vorstellen kann. Von Vincenz-Stauffacher findet sich dazu keine eindeutige Wortmeldung in den Medienarchiven. Dem Vernehmen nach dürfte das auch für sie eine interessante Option sein. Als Scheidungsanwältin ist sie beruflich stark beansprucht.

Marcel Dobler bleibt auf Anfrage zur Wochenmitte hingegen maximal vage: Verschiedene Optionen hätten verschiedene Vor- und Nachteile, liess er verlauten. Eine Entscheidung wolle er spätestens zum Ende der Bewerbungsfrist fällen. Immerhin: Dobler interessierte sich bereits 2019 für ein Co-Präsidium.

Mühlemann und Vincenz-Stauffacher: Eine Kombination der beiden unterschiedlichen Profile scheint aktuell das realistische Szenario für die Spitze des Freisinns.