
Krönung für die Basler, eine Krone für Biel: Der FCB ringt starke Bieler nieder und ist Cupsieger
Die Spieluhr zeigt gerade eben die 90. Minute an, da ist Schluss. Ohne auch nur eine Sekunde nachspielen zu lassen, pfeift Stefan Horisberger den 100. Final im Schweizer Cup ab. Um 15.51 Uhr ist der FC Basel zum 14. Mal in seiner Vereinsgeschichte Cupsieger.
Ein 4:1 erspielt sich der FCB am Ende gegen das drittklassige Biel. Es ist ein verdienter Sieg, ein logischer auch, aber einer, den sich der FCB härter hat erarbeiten müssen als im Vorfeld gedacht. Denn die Entscheidung zugunsten der Basler fällt erst in der 78. Minute und einem Treffer des eingewechselten Marin Soticek zum 3:1.
Zuvor, da ist das ganz viel Krampf beim FC Basel. Vor allem die erste Halbzeit ist eine, mit welcher der FCB – mit Ausnahme des 1:0-Pausenstandes – nicht zufrieden sein kann. Selbst die Entstehung des Tores verdanken die Basler dem Glück: Nach einer Flanke von Xherdan Shaqiri lenkt Biel-Captain Anthony de Freitas den Ball ins lange Eck. Ansonsten würde der FCB zu diesem Zeitpunkt kaum führen. Denn die Basler sind zwar spielbestimmend – aber gut? Nein, das sind sie nicht. «Wir standen uns vor allem in der ersten Halbzeit selbst im Weg», sagt FCB-Mittelfeld-Taktgeber Leon Avdullahu nach Abpfiff.
Eine Halbzeit, in der fast gar nichts stimmt
Der haushohe Favorit kommt nicht in einen Spielfluss, spielt zu viele Fehlpässe und strotzt nur so vor Ungenauigkeit.« Und das Tempo hat auch überall gefehlt», ergänzt Avdullahu. Zwar haben die Basler auch zwei Grosschancen, doch der in dieser Cup-Kampagne so starke Raphael Radtke im Tor Biels zeigt auch im Final seine Qualitäten. So lenkt er beispielsweise eine Direktabnahme von Anton Kade in der 2. Minute noch mit den Fingerspitzen über die Latte und verschafft seinem Team damit überhaupt die Ausgangslage, dass dieses so stark ins Spiel kommen kann. Beim Gegentreffer jedoch kann auch der überraschte Radtke nichts mehr machen.
Wie wenig beim FCB in diesem ersten Durchgang stimmt, zeigen die Momente, in denen der Ball nicht rollt. In der Trinkpause nach 24 Minuten beispielsweise, als Xherdan Shaqiri sehr deutlich zu verstehen gibt, was er von der bisherigen Darbietung hält. Wild gestikulierend und schreiend weist er die Kollegen zurecht. Oder nach 38 Minuten, als Marwin Hitz den 1:0-Vorsprung mit allem, was er hat, verteidigen muss und seinen Vordermännern lautstark seinen Unmut mitteilt. Die Leithammel, sie spüren: Das ist zu wenig von ihrem FC Basel in diesem Cupfinal.
Und Biel? Das verkauft sich in den ersten 60 Minuten unglaublich teuer. Entsprechend gibt es nach dem Spiel von allen Basler Seiten Komplimente. Solidarisch, mutig und kompakt präsentieren sich die Seeländer. Und wenn sie Fehler im Spielaufbau der Basler ausnutzen können, kombinieren sie sich auch vor das Tor von Hitz. Der Basler Keeper muss gleich vier Mal in letzter Sekunde eingreifen. Ansonsten wäre der Spielstand zur Pause noch offener, als das 1:0 eh schon ist.
Tollhaus Wankdorf
Wer nach der Pause eine Veränderung beim FCB in dessen Auftreten erwartet, muss lange warten. Denn nicht die Basler schrauben am Spielstand, sondern Biel. Es sind fünf wilde Minuten, die sich rund um die Stundenmarke abspielen. Oder wie es Dominik Schmid zu dieser Spielphase sagt: «Horror!» Erst foult Jonas Adjetey den Bieler Abdoulaye Coulibaly, dann dauert es fast 120 Sekunden, bis sich der Videoschiedsrichter einschaltet und meldet: Diese Szene muss sich Schiedsrichter Horisberger noch einmal anschauen. Dieser entscheidet in seinem letzten Spiel der Karriere auf Penalty – und das Wankdorf wird zum Tollhaus.
Der FC Biel, dieses Team aus der Promotion League, bekommt gegen den amtierenden Meister FC Basel die Chance, im Cupfinal in der 60. Minute auszugleichen. Und ein Ausgleich wäre auch gar nicht unverdient. Brian Beyer läuft an – und versenkt. 1:1 steht es plötzlich und die Partie ist auf einmal so offen, wie das wohl niemand gedacht hätte im Vorfeld.
Doch die Bieler, dieser so deutliche Underdog, hat sich das in den 60 Spielminuten erlaufen, erkämpft, erlitten. Sie beweisen, dass sie absolut verdient in diesem Endspiel stehen – egal, wie das Resultat am Ende aussieht. Auch die Fans der Bieler verleihen diesem Final einen speziellen Touch. Sie ergötzen sich an jedem Tackling, jeder Intervention, jeder noch so kleinen, erfolgreichen Aktion. Alles wird gefeiert wie ein Treffer.
Auch der FCB bekommt einen Elfmeter
Doch lange währt dieser Zustand der Ausgeglichenheit nicht. Nur sechs Minuten nach dem Bieler Penalty-Treffer darf auch FCB-Captain Shaqiri vom Elfmeterpunkt aus antreten. Nachdem Radtke den Basler Stürmer Albian Ajeti umgeräumt hat, zögert Horisberger keinen Augenblick. Und Shaqiri – der zögert auch nicht. Eiskalt verwandelt er zum 2:1 und lenkt das Spiel in eine Basler Richtung.
Danach scheinen die Kräfte bei Biel zu schwinden und der FCB endgültig in diesem Final angekommen zu sein. Spätestens nach dem 3:1 des eingewechselten Marin Soticek. Das 4:1 durch Moussa Cissé, der sein erstes Profi-Tor überhaupt erzielt, ist der Schlusspunkt und vielleicht der eine Treffer zu viel. Denn die Basler sind zu diesem Zeitpunkt zwar überlegen, aber die Bieler, sie schlagen sich bis zum Ende wacker.

Bild: Claudio De Capitani / freshfocus
«Leider hat der Fussball am Ende anders entschieden», sagt Biel-Trainer Samir Chaibeddra nach der Partie. Aber man sei stolz auf das Ausserordentliche, was man geleistet habe.
Und das können die Bieler sein. Sie hätten eine Krone für diese Cup-Kampagne und diese Leistung am Sonntag verdient. Am Abend wartete ein Fest in der Heimatstadt auf sie. Genau sie wie auf die Basler. Die durften innerhalb von drei Wochen ein drittes Mal auf den Barfi und ihre ohnehin schon starke Saison mit dem Double krönen.