
Segelprofi Felix Oberle: Die letzten Tipps vor dem Rennen kommen vom Meteorolgen
Am 21. September steche ich in See. Sonntags um 15.30 Uhr fällt der Startschuss zur ersten Etappe der Mini-Transat von Les Sables d’Olonne an der französischen Atlantikküste nach La Palma auf den kanarischen Inseln. Es ist mein grosses sportliches Ziel des Jahres.
Vor einigen Tagen bin ich mit meinem 6.50 m langen – oder eher kurzen – Boot vom Heimathafen in Lorient zum Startort gesegelt. Ein letzter 12-stündiger Test auf See. Und durchaus mit einem Effekt. Ich hatte einen Kollegen dabei, der die Firma MB-Composite in Yverdon besitzt und mich beim Unterhalt des Schiffs unterstützt. Ihm fiel auf, dass mein Boot mit einer leicht angepassten Krängung, also der seitlichen Schräglage, schneller ist. Obwohl ich nun zwei Jahre mit diesem Schiff trainiere, hat ein externer Input nochmals etwas bewirkt. Man lernt nie aus! Das zeigt mir, wie wichtig in unserem Sport Offenheit ist. Man darf sich nie nur auf das eigene Gefühl verlassen.
Die letzten Tage vor dem Start sind klar strukturiert und bestens ausgefüllt. Am 8. September mussten alle Schiffe im Hafen festgemacht sein. Seither werden diverse Voraussetzungen für das Rennen überprüft. Wir müssen der Jury das obligatorische Sicherheitsmaterial, den Anker oder die Schleppseile präsentieren. Auch die Menge an Trinkwasser an Bord ist definiert und die Kanister werden inspiziert. Es sind 60 Liter für die erste und 140 Liter für die zweite Etappe. Jene für die zweite Etappe werden plombiert. Der Rennarzt sieht sich die Bordapotheke genau an und die französische Marine hat uns erklärt, wie wir uns bei einem Notfall verhalten müssen und wie eine Helikopter-Evakuation verläuft. Wir erhalten einen Tracker für die Kommunikation, wobei nur erlaubt ist, sich per vorprogrammierten Kurznachrichten oder mit dem Rennarzt auszutauschen.
Je näher der Start rückt, desto klarer wird die Tendenz der unterwegs herrschenden Wetterbedingungen. Während des Rennens erhalten wir lediglich einen täglichen Wetterbericht der Rennleitung jeweils am Nachmittag über das Kurzwellen-Radio und können Wettermodelle nicht via Satellit live verfolgen. Deshalb legen wir die grundsätzliche Strategie sowie Szenarien vor dem Rennstart aufgrund der Wettertendenzen fest. Das mache ich zusammen mit meinem Trainer und einem Strategie-Experten. Zusätzlich habe ich am Samstag noch ein Gespräch mit einem segelerfahrenen Meteorologen. Unterwegs müssen wir dann idealerweise nur noch auf Basis der Szenarien adaptieren.
Ein amüsantes Detail am Rande: Dieses tägliche, knapp stündige Briefing auf hoher See zu Wetter und Rennstand endet jeweils mit einer kleinen Auflockerung für die Sportler – zum Beispiel einem Quiz oder einer Musikeinlage. Beinahe schon wie das Unterhaltungsprogramm auf einer Kreuzfahrt.