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Aargauer Sektenguru zwang seine Gefolginnen zu Oralsex: Nun will er frei sein – Reue zeigt er keine

Er nutzte seine Macht als Meditationslehrer aus, um sich an seinen Schülerinnen zu vergehen: Der Endinger Sektenguru wurde 2018 zu neun Jahren Haft verurteilt. 2022 wurde er verwahrt. Diesen Entscheid focht er vor Bundesgericht an.

Die Medien haben ihn Max H. genannt. Er selber wollte von seiner Gefolgschaft mit «Meister Soeido» angesprochen werden. Ein klares Bild über ihn zeichnen die zahlreichen Gerichtsurteile: Der Wunderheiler, Naturheilpraktiker, Meditationslehrer, Sektenguru ist ein mehrfach verurteilter Sexverbrecher.

Dass Max H. 17 Jahre nach seiner ersten Verurteilung wegen sexueller Nötigung die Gerichte immer noch beschäftigt, liegt an seinen unermüdlichen Versuchen, die gegen ihn ausgesprochenen Urteile anzufechten. Neuerdings wehrte er sich bis vor Bundesgericht gegen einen Entscheid des Obergerichts Aargau: Im Mai 2022 wurde nämlich eine stationäre Massnahme angeordnet.

Das Gericht schätzte die Rückfallgefahr des mittlerweile 70-jährigen Mannes als zu hoch ein, um ihn nach Absitzen seiner Freiheitsstrafe auf freien Fuss zu setzen. Im November 2021 endete diese, doch ein Antrag der Staatsanwaltschaft wurde vom Bezirksgericht Zurzach genehmigt und vom Obergericht Aargau bestätigt. Max H. soll sich also in einer Justizvollzugsanstalt einer Therapie unterziehen und so lange dort bleiben, wie eine Rückfallgefahr besteht.

Oralsex, um Erleuchtung zu erreichen

Das wollte Max H. nicht auf sich sitzen lassen, weshalb sich die Lausanner Richter mit dem Fall beschäftigten. Die Details des Falls sind genauso unheimlich, wie man sie sich vorstellt: Der Sektenguru nutzte seine Macht als spiritueller Führer aus, um sich an seinen Gefolginnen zu vergehen.

Im Jahr 2006 wurde er vom Obergericht des Kantons Solothurn wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind und mehrfachen Ausnützens einer Notlage zum Nachteil von zwei Frauen verurteilt. Im Jahr 2009 wurde er wegen weiterer Sexualstraftaten zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Damals lebte er noch in Oensingen. Ein Teil seiner Strafe durfte er mit elektronischer Fussfessel zu Hause absitzen. In der Zwischenzeit war er nach Endingen AG umgezogen.

Im Aargau wurde er erneut straffällig, zum Teil auch während des laufenden Verfahrens und nach seiner Verurteilung von 2009. Die Klägerinnen waren stets 20 bis 30 Jahre jünger als er, waren emotional labil. Er erzählte ihnen, dass sie von einer allumfassenden Macht zu seinen Frauen erkoren worden seien, dass Oralsex mit ihm sie zur Erleuchtung bringen würde (durch Schlucken seines «heiligen Samens»). Nach Jahren von teilweise gewaltvollen Übergriffen identifizierte die Staatsanwaltschaft fünf Opfer, es wurde Anklage erhoben. 2018 verurteilte ihn zuletzt das Obergericht Aargau zu neun Jahren Haft.

Neigung zu Pädophilie und Sadismus

Max H. zeigte nie wirklich Reue. Er weigerte sich, sich einem psychiatrischen Gutachten zu unterziehen. Während der Verhandlungen blieb er mehrheitlich still oder lachte leise vor sich hin. Nach seiner Verurteilung focht er die ambulante Massnahme an und forderte eine kürzere Freiheitsstrafe. Das Bundesgericht wies diese Anträge zurück.

Am 12. November 2021 endete seine Freiheitsstrafe von neun Jahren. Max H. blieb jedoch in Sicherheitshaft, solange, bis ein rechtskräftiges Urteil zu seiner Verwahrung gefällt ist. Das ist diese Woche geschehen: Das Bundesgericht bestätigt die angeordneten Massnahmen vollumfänglich. Dass nachträglich eine Verwahrung verordnet wurde, verstösst keineswegs gegen Bundesrecht.

Das Urteil des Obergerichtes stütze sich nämlich auf ein sorgfältig erstelltes forensisches Gutachten: Gemäss dem Psychiater seien diverse Charakterzüge von Max H. genügend problematisch, um von einer starken Rückfallgefahr ausgehen zu können. Der Sektenguru sei ausgeprägt narzisstisch und dominant. Bei ihm sei eine unklare sexuelle Devianz feststellbar, einerseits in Richtung Pädophilie und andererseits in Richtung Sadismus.

Briefkontakt mit ehemaligem Opfer

Der Sektenguru versuchte, Löcher in das Gutachten des Psychiaters zu schiessen, indem er mit seinem Alter argumentierte: Die durchgeführten Tests würden für über 70-Jährige keine zufriedenstellenden Rückschlüsse erlauben. Das liess das Bundesgericht nicht gelten. Das Gutachten trage dem Alter Rechnung, ausserdem gäbe es widersprüchliche Studien darüber, ob die Rückfallgefahr der Täter mit dem Alter abnehme oder nicht. Erschwerend komme dazu, dass der Sektenguru selbst während der laufenden Verfahren in Solothurn rückfällig wurde und auch in den aktuellen Gutachten kein fehlbares Verhalten erkennt.

Er weise sämtliche Vorwürfe zurück, räume weder sein manipulatives Verhalten noch seine narzisstischen Persönlichkeitszüge ein und verneine, dass er seine dominante Position ausgenutzt habe. Seine Fähigkeiten zur Selbstkontrolle werden als schwach eingestuft, nicht nur, weil er nach wie vor sein Verhalten als legitim betrachtet.

Aktuell steht er im Briefkontakt mit einem Opfer und pflegt eine freundschaftliche Beziehung zu einer Frau, mit der er nach seiner Entlassung eine Wohngemeinschaft gründen wollte. Das dürfte in absehbarer Zeit nicht geschehen.