
So stark ist die Dioxin-Belastung bei KVAs im Aargau – erhöhte Werte im Wildschweinfleisch
In Lausanne wurden im Frühling 2021 überraschend hohe Dioxinkonzentrationen festgestellt. Grund dafür war die ehemalige Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Vallon, die bis 2005 betrieben wurde. Die Stadt Lausanne sperrte mehrere Parks, Sportanlagen oder Spielplätze. Als Folge dessen gab das Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) im Aargau umfassende Untersuchungen der Böden rund um die KVA Buchs, Turgi und Oftringen in Auftrag.
Grenzwerte für die Bodenbelastung mit Dioxin
Richtwert: 5 Nanogramm Dioxin pro Kilo BodenWenn der Richtwert überschritten wird, prüfen die Kantone mögliche Ursachen der Belastungen. Von einer Gefährdung für Menschen, Tiere und Pflanzen muss nicht ausgegangen werden.
Prüfwert: 20 Nanogramm Dioxin pro Kilo BodenBei einer Überschreitung des Prüfwerts klärt der Kanton ab, ob die Belastung des Bodens Menschen, Tiere oder Pflanzen gefährdet. Bei konkreter Gefährdung wird die Nutzung des Bodens so weit eingeschränkt, dass die Gefährdung nicht mehr besteht. Dies gilt für empfindliche Nutzungen (zum Beispiel: Kinderspielplatz), wenig empfindliche Nutzungen (zum Beispiel: Grünrabatte im städtischen Raum) sind weiter möglich.
Sanierungswert: 100 bis 1000 Nanogramm Dioxin pro Kilo BodenDer Sanierungswert liegt für Kinderspielplätze bei 100 Nanogramm – dies, weil Kinder dort Erde direkt aufnehmen können und darum besonders gefährdet sind. Für landwirtschaftliche Flächen liegt der Sanierungswert bei 1000 Nanogramm, dort ist also eine zehnmal höhere Konzentration zulässig. Wird der Sanierungswert überschritten, ist am betreffenden Standort keine Bodennutzung mehr möglich.
Der sogenannte Sanierungswert (siehe Box) wurde nirgendwo überschritten. Der Prüfwert für Dioxin liegt bei 20 Nanogramm, ab dieser Konzentration können Menschen, Tiere und Pflanzen gefährdet sein.
Im untersuchten Gebiet um die KVA Oftringen ergab bereits die Untersuchung 2022, dass der Richtwert eingehalten wurde – es bestand also kein weiterer Handlungsbedarf. Um die KVA Buchs und Turgi überschritten die Konzentrationen den Prüfwert vereinzelt, weshalb weitere Untersuchungen und die Gefährdungsabschätzung notwendig waren. Die Ergebnisse liegen nun vor, wie das BVU schreibt: Es besteht keine konkrete Gefährdung. Allerdings hat das gute Resultat doch ein paar Einschränkungen.
KVA Turgi: Empfehlungen für Rüben und Schafe
In Turgi wurden 2023 sieben zusätzliche Bodenproben entnommen. Im Fokus stand dabei die landwirtschaftliche Produktion. Das Ergebnis: Beim Verzehr von pflanzlichen Produkten wie Gemüse besteht keine Gefährdung. Auch beim Futterpflanzenanbau schliesst das BVU bei einer üblichen Nutzung eine Gefährdung aus. Trotzdem empfiehlt es, dass Schafe nicht für längere Zeit auf der gleichen Fläche weiden sollten und auf Futterrüben zu verzichten oder diese vorgängig von der Erde zu reinigen seien.
KVA Buchs: Ein Drittel der Proben über dem Prüfwert
Auch um die KVA Buchs wurden 2023 zusätzlich neun Bodenproben entnommen. Die Konzentrationen der drei Bodenproben östlich der KVA Buchs im Suhret-Wald mit den höchsten Belastungen lagen zwischen 20 und rund 50 Nanogramm, die anderen darunter. Die Abteilung für Umwelt des BVU geht davon aus, dass die Konzentrationen im Wald mit den Bäumen zu tun hat: Sie filtern die Luft, mit dem fallenden Laub oder dem Niederschlag gelangen die Schadstoffe auf Blättern oder Nadeln in den Boden. Auch hier sind aber keine Massnahmen notwendig.
Wildschweinfleisch war belastet
Das Amt für Verbraucherschutz hat Lebensmittel aus dem Suhret-Wald auf Dioxine und Biphenyle, kurz PCB, untersucht. Dazu gehörten je drei Proben von Reh und Wildschwein und zwei Mischproben von Pilzen. Rehfleisch und Pilze stellten sich als unbedenklich heraus, doch beim Wildschweinfleisch mussten zusätzliche Proben untersucht werden. In fünf der total siebzehn Proben wurden die Höchstwerte für Dioxine und PCB überschritten. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen konnte gesundheitliche Auswirkungen auf Personen, die häufig Wildschweinfleisch konsumieren, nicht ausschliessen. Deswegen hat es das Inverkehrbringen von ungetestetem Wildschweinfleisch aus dem Suhret-Wald untersagt.
Um zu verhindern, dass Bodenaushub mit Dioxin-Konzentrationen über dem Richtwert in unbelastete Gebiete gelangt, werden die entsprechenden Flächen in die kantonale Hinweiskarte Prüfperimeter Bodenaushub eingetragen, schreibt das BVU. Dieser muss bei Bauarbeiten beachtet werden – konkret: Bei Bauvorhaben in diesem Perimeter muss der Bodenaushub auf Dioxine untersucht werden, falls er nicht vor Ort wiederverwendet werden kann.