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Erfolgsgeschichte «Repair-Café»: Flicken lassen schont das Portemonnaie – und macht Freude

Toaster, Kaffeemaschinen, Pullover – im «Repair-Café» wird geflickt, was kaputtgegangen ist. Die Nachfrage nach dem Angebot ist schon während der Pandemie gewachsen und erfährt jetzt mit der Teuerung erneut einen Schub.

Am Anfang war der Gedanke, dass es so nicht weitergehen kann. Toaster, Kaffeemaschinen, Staubsauger, Koffer, Smartphones oder Kleider: «Jedes Jahr werden in der Schweiz Tausende Gegenstände weggeworfen, die oft mit ein wenig Aufwand noch repariert werden könnten», sagt die Rheinfelder GLP-Politikerin und Grossrätin Béa Bieber. Inspiriert durch ähnliche Projekte in der Schweiz und im Ausland initiierte sie 2017 das grenzüberschreitende «Repair-Café» in Rheinfelden.

Eine Gruppe von rund 25 freiwilligen Reparateuren versucht seither an regelmässigen Anlässen in beiden Rheinfelden, defekten Gegenständen ein zweites Leben zu schenken. Sie setzen so ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft. Mit Erfolg: Mehrere Dutzend Besucherinnen und Besucher bringen jeweils ihre defekten Gegenstände zum «Repair-Café».

Die Teuerung sorgt für ein Umdenken

Die Nachfrage ist während der Pandemie gewachsen, verbunden mit dem verstärkten Gedanken an Nachhaltigkeit. Und sie wächst aktuell weiter: Jetzt ist es die Teuerung, die für ein Umdenken im Umgang mit Haushaltsgeräten, Unterhaltungselektronik und sonstigen Alltagsgegenständen sorgt.

Auch Initiantin Béa Bieber legt Hand an: Ihre Domäne bei den «Repair-Cafés» ist die Textilienreparatur.
Bild: Hans Christof Wagner

Das spürt auch das «Repair-Café». Neben dem Nachhaltigkeitsgedanken gäbe es vor allem zwei Gründe, weshalb Gegenstände aller Art zur Reparatur vorbeigebracht würden, sagt Béa Bieber. «Ein Faktor ist, dass es eine emotionale Verbundenheit zum Gegenstand gibt.» Wenn mit einem Schmuck- oder Kleidungsstück etwa Erinnerungen an einen besonders schönen Moment verbunden sind. Oder, wenn es sich um ein Erbstück handelt. «Der andere Faktor ist der finanzielle Aspekt», sagt Bieber.

Denn ob Toaster, Kaffeemaschine oder Smartphone: Geht ein Gerät kaputt, sind die Reparaturkosten beim Hersteller oder in der Fachwerkstatt oft hoch. Bieber weiss: «Manchmal ist allein der Kostenvoranschlag für eine Reparatur so teuer wie ein neues Gerät.» Oder ein Gerät ist so konstruiert, dass es sich von Laien gar nicht erst öffnen lässt. Kaffeemaschinen sind unter den Experten des «Repair-Cafés» fast schon berühmt-berüchtigt dafür. Allerdings: «Wir haben Werkzeuge entwickelt, mit denen sich auch diese Kaffeemaschinen öffnen lassen», sagt Bieber mit einem Lachen.

Es kann sich also durchaus lohnen, selbst Hand anzulegen – oder eben einen erfahrenen Bastler vom «Repair-Café» zu engagieren. Oftmals gibt es dann auch gleich einen Tipp, wie künftig Schäden verhindert werden können.

Die Erfolgsquote ist sehr hoch

Das «Repair-Café»-Team arbeitet dabei komplett ehrenamtlich. Wer möchte, kann freiwillig einen Batzen in ein Kässeli geben. Das Team nutzt das Geld für neue Werkzeuge, den Betrieb der Website oder das jährliche Helferessen.

Das Team des «Repair-Cafés» versucht jeweils alles. «Manchmal gelingt die Reparatur durch die anwesenden Reparateure. Ab und zu tut es auch schon ein guter Rat, wie man die Mängel selber beheben kann oder wo entsprechende Ersatzteile erhältlich sind», sagt Bieber. Der Ehrgeiz der Reparateure ist dabei so gross, dass sie ab und an sogar ein Gerät mit nach Hause nehmen, weil dort das richtige Werkzeug für die Reparatur vorhanden ist.

«Es ist eine grosse Freude für das Team wie auch die Besitzerinnen und Besitzer, wenn eine Reparatur gelingt», sagt Bieber. Die Erfolgsquote ist dabei beachtlich: Im Schnitt können rund 80 Prozent der vorbeigebrachten Geräte und Textilien geflickt werden. Allein auf Schweizer Seite hat das «Repair-Café» in den vergangenen Jahren somit über tausend Geräte vor dem Container bewahrt – und das Portemonnaie ihrer Besitzerinnen und Besitzer geschont.