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Spitex Suhrenthal: Die Herausforderung, 17 Gemeinden vom Zusammenschluss zu überzeugen

Am 30. Mai wird Sonja Morgenthaler an der Mitgliederversammlung der Spitex Suhrental nach 20 Jahren verabschiedet. Wir sprachen mit der langjährigen Präsidentin, die auch Gründungsmitglied des vor 10 Jahren gegründeten Vereins Spitex Suhrental Plus war.

Sonja Morgenthaler, während Ihrer 20-jährigen Amtszeit bei der Spitex-Organisation Suhrental Plus (SSP) und der Vorgängerorganisation Spitex Muhen-Hirschthal-Holziken haben Sie bedeutende Veränderungen miterlebt. Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen, denen sich die Organisation in dieser Zeit gegenübersah?

Sonja Morgenthaler: Rückblickend war es aus meiner Sicht die grösste Herausforderung, die 17 Gemeinden und die damaligen Vereine mit ihren Mitgliedern von einem notwendigen Zusammenschluss im Sinne der Umsetzung des kantonalen Pflegegesetzes zu überzeugen. Es brauchte damals viel Überzeugungskraft, alle Beteiligten von einer grösseren Organisation mit der passenden Kapazität zu überzeugen. Ich bin bis heute glücklich, dass uns dies auf allen Ebenen im ersten Anlauf gelungen ist. Es war und wird in der Situation des Fachkräftemangels, der demografischen sowie gesundheitspolitischen Entwicklung die grösste Herausforderung bleiben, die notwendige Kapazität zur Verfügung zu stellen.

Sie haben die Entwicklung der SSP von einer kleineren Organisation zu einer bedeutenden regionalen Einrichtung massgeblich mitgestaltet. Welche strategischen Entscheidungen haben dazu beigetragen, dieses Wachstum zu ermöglichen?

Sogleich nach der Fusion wurden in der ganzen Region neue Einsatzzeiten inklusive Spätdienst umgesetzt, dies entsprach einem grossen Bedarf und brachte ein erstes Wachstum der Pflegestunden mit sich. Mit der Gründung des Teams für Psychosoziale Pflege sowie mit der Gründung des regionalen Zentrums für spezialisierte Palliative Care kam das nächste Wachstum. Zudem hat die strategische Ebene stets daran festgehalten, Haushilfe und Hauspflege selbst anzubieten. Das tönt jetzt nach einer banalen Entscheidung, ich wage aber zu behaupten, dass dies sehr weise war. Denn mit den zunehmenden komplexen Situationen zu Hause und der demografischen Entwicklung braucht es dieses Angebot. Natürlich arbeiten wir auch mit der Pro Senectute zusammen in diesem Bereich. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass auch Personen unter 60 Jahren ein Angebot brauchen. Und letztlich haben wir eine Leistungsvereinbarung mit den Gemeinden. Das heisst, wir haben eine Versorgungspflicht. Daran halten wir uns sehr genau und entlasten Spitäler sowie Institutionen der Langzeitpflege.

In Ihren Abschiedszeilen im Jahresbericht betonen Sie die Bedeutung der Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen. Wie haben sich diese Partnerschaften im Laufe der Jahre entwickelt und welchen Einfluss hatten sie auf die Arbeit der SSP?

Gerade die Arbeit der Teams der spezialisierten Palliative Care und der Psychosozialen Pflege ergab weitere Zusammenarbeiten mit unseren Nachbarspitexorganisationen, privaten Spitex-Organisationen und stationären Einrichtungen. Das sind wichtige Partnerschaften, davon profitieren Klientinnen und Klienten sowie die pflegenden Angehörigen sehr klar. Wir haben unsere Erfahrungen mit der Fusion auch immer zur Verfügung gestellt und wir haben uns auch stetig in Arbeitsgruppen des DGS oder des Spitexverbandes (heute VAKA) engagiert. Das alles ergab für uns wichtige Vernetzungen. Die SSP hat zudem Leistungsverträge mit Kinderspitexorganisationen und bewältigt im Auftrag der Gemeinden die gesamte Verrechnung. Und auch hier sehen wir ein stetes Wachstum an Leistungen. Schlussendlich ist eine gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden von elementarster Bedeutung, denn sie haben grundsätzlich die Verantwortung für die Pflegeversorgung in ihrer Gemeinde. Wir konnten die Gemeinden wesentlich entlasten.

Mit dem Co-Präsidium von Matthias Lämmli und Alfred Stiner werden neue Weichen für die Zukunft gestellt. Was sind Ihre Erwartungen an die neue Führungskonstellation und wie sehen Sie Ihre Rolle in diesem Übergangsprozess?

Meinen Entscheid zum Rücktritt habe ich an der Strategiesitzung 2022 geäussert. Matthias Lämmli und Alfred Stiner haben sich im März 2023 für ein Co-Präsidium entschieden. In der gesamten Zeit waren und sind wir in engem Kontakt und haben Schnittstellen, Entscheidungen und auch Antizipationen miteinander abgestimmt. Alfred Stiner und Matthias Lämmli entsprechen dem Anforderungsprofil eines Spitexpräsidenten, zeigen ein sehr grosses Interesse an der Entwicklung der SSP und ein enorm grosses Engagement. Ich weiss die SSP in besten Händen.

Als langjährige Präsidentin haben Sie einen tiefen Einblick in die Pflegesituation Ihrer Region. Welche Verbesserungen würden Sie sich für die Zukunft des Pflegeberufs wünschen, insbesondere im Hinblick auf die Wertschätzung und Anerkennung der Pflegekräfte?

Es gibt Eigenschaften im Pflegeberuf, welche kaum zu ändern sind. So können die Arbeitszeiten respektive die Angebotszeiten der Spitex nicht verändert werden. Es gilt hier aber, planerisch unser Möglichstes zu tun, damit Vereinbarkeit von Beruf und Familie und auch von einem Vereinsleben umgesetzt werden kann. In diesem Bereich wünsche ich mir ganz pragmatisch das Verständnis für unsere Planung seitens der Klientinnen und Klienten und der Angehörigen. In der SSP haben wir viel investiert in die Lohnstruktur und in die berufliche Vorsorge zu Gunsten der Mitarbeitenden. Das ist eine richtige und wichtige Anerkennung. Und gerade deshalb muss die Tarifstruktur angepasst werden, damit die Pflegenden in den Organisationen die richtigen Rahmenbedingungen finden. Die Löhne der HF-Lernenden sind zu niedrig. Ich wünsche mir eine umgehende, einheitliche und klare Anpassung nach oben. Es kann doch nicht sein, dass wir einen Mangel an Pflegekräften haben und HF-Studierende erhalten nach einer dreijährigen FAGE-Ausbildung einen Lehrlingslohn.

Verabschiedung an der Mitgliederversammlung

20 Jahre lang führte Sonja Morgenthaler die Spitexorganisation Suhrental Plus und die Vorgängerorganisation Spitex Muhen-Hirschthal-Holziken. An der Mitgliederversammlung vom 30. Mai in Moosleerau gibt sie ihren Abschied. Dort wird die Nachfolge geregelt mit einem Co-Präsidium von Alfred Stiner und Matthias Lämmli. Sonja Morgenthaler hat den von ihr angestrebten Schritt «Back to the Roots» vollzogen und arbeitet im Safenwiler Alters- und Pflegezentrum Rondo als Fachverantwortliche Qualität und Organisation mit einem Teilpensum in der direkten Pflege. (KF)

Ihre Zeit bei der SSP war von Begegnungen geprägt, insbesondere mit Mitarbeitenden, Klientinnen und Klienten sowie Angehörigen. Welche persönlichen Erfahrungen haben Sie am meisten geprägt und welche Erkenntnisse nehmen Sie aus diesen Begegnungen mit?

Ich wurde reich an Begegnungen in dieser Aufgabe. Und für diesen Reichtum bin ich dankbar. So war ich stets beeindruckt von den Erfahrungsberichten unserer Mitarbeitenden aus den Pflegesituationen. Wie zielorientiert sie gerade auch komplexe Situationen zu Hause bewältigen. Ich bin auch stolz über ihr professionelles Vorgehen in den individuellen Familiensituationen. Von elementarer Bedeutung sind auch die Begegnungen mit den Gemeindevertretenden und unseren Beiräten. Es ist eine wertvolle Zusammenarbeit entstanden. Immer wieder wurde ich spontan beispielsweise beim Einkaufen von Klientinnen und Klienten oder Angehörigen angesprochen und sie haben mir dankbar von ihrer Pflegesituation und dem Verlauf berichtet. Ich durfte dabei auch viel lernen. Von dieser Resilienz bin ich oft sehr beeindruckt.

Abschliessend: Welche Botschaft möchten Sie den zukünftigen Führungskräften und Mitarbeitenden der SSP mit auf den Weg geben, während sie sich neuen Herausforderungen stellen und die Arbeit der Organisation fortsetzen?

Rückblickend war es für mich eine der besten Entscheidungen in meinem Leben, Spitexpräsidentin zu werden: Die Entwicklungen, teilweise auch das Taktieren in der Zusammenarbeit erfüllten mich und ich wurde reich an Begegnungen. Ich glaube, hier kann ich vor allem auch den neuen Vorstandsmitgliedern viel Vorfreude mitgeben. Abschliessend ist und bleibt mein Rezept: ein Plus für die Region, ein Plus für die Mitarbeitenden, ein Plus für die Gemeinden, ein Plus für Klientinnen und Klienten und deren Angehörige in der engen Zusammenarbeit und im Netzwerk umsetzen.