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Ist es richtig, wenn Fussballerinnen von der «Mannschaft» sprechen?

Unser Kolumnist analysiert diese Woche die Sprache, die an der Fussball-EM der Frauen gebraucht wird.

Die deutsche Fussballerin Linda Dallmann redet konsequent von der Mannschaft, wenn sie ihr Team meint. Sie ist nicht die einzige Spielerin an der gegenwärtig laufenden Fussball-Europameisterschaft der Frauen, die ein Frauenteam als Mannschaft bezeichnet. Das ist natürlich nicht verboten, wie überhaupt fast jede Art der sprachlichen Äusserung erlaubt ist. Dennoch horcht das sensible Ohr womöglich auf, wenn es seit vielen Jahren auf eine gendergerechte Sprache eingeschworen wird und nun auf einmal lernen soll, dass es Ausnahmen von der Regel gibt.

Bevor wir die Gendergerechte Sprache kennenlernten, brauchten wir ja fast immer dort, wo etwas beide Geschlechter betraf, nur die männliche Form. Frauen seien einfach mitgemeint, erklärten wir damals etwas salopp. Aber die Frauen wehrten sich mit dem Argument, «mitgemeint» sei nicht «mitgedacht» oder «mitgefühlt». Es sei eine Verzerrung der Realität, wenn beispielsweise in einem Gemischten Chor dreissig Frauen und vier Männer mitsängen und dennoch verallgemeinernd von den «Sängern» gesprochen werde. Auch Begriffe wie «Frau Gemeindepräsident» galten irgendwann als überholt.

Manche Leute versuchten sogar das Indefinitpronomen «man», in dem sie einen versteckten Mann zu erkennen glaubten, durch den Neologismus «frau» zu ersetzen, was sich jedoch besonders im mündlichen Sprachgebrauch nie ganz durchsetzen konnte. Gerade in unseren schweizerdeutschen Mundarten, wo «man» meist zu «me» mutiert, wird das Pronomen nicht mehr als männlich wahrgenommen. Deswegen wird ein Mundartsatz wie «Me müesst mou meh mache» kaum geschlechtergerecht angepasst zu etwas wie «fre müesst mou meh mache».

Aber kommen wir doch, bevor wir uns hoffnungslos in den Verästelungen der Sprache verirren, zurück zur Frauenmannschaft. Wenn Linda Dallmann ihr Frauenteam eine Mannschaft nennt, dann denkt sie vermutlich auch, Frauen seien einfach mitgemeint. Sie sieht dann wohl im Wort «Mannschaft» nicht a priori etwas Männliches, auch wenn der Mann in diesem Wort eindeutig mitschwingt.

Vielleicht ist es ein ähnliches Phänomen wie bei meiner dreieinhalbjährigen Tochter, die irgendwann den Quartierjugendlichen zugehört haben muss und seither meint, man könne jede und jeden (sogar dem eigenen Vater) mit «hey Digga» ansprechen. Mit dem Jugendwort «Digga» oder «Digger» soll ursprünglich ein ­«dicker Freund» im Sinne eines engen Freundes gemeint gewesen sein. Wir Väter haben also durchaus die Möglichkeit, es als Kompliment zu verstehen, wenn uns die eigenen Kinder «Digga» nennen. Gleichzeitig können wir aber auch mit gutem Recht den Standpunkt vertreten, «Digga» sei nicht das Wort, mit dem wir vom eigenen Nachwuchs angesprochen werden möchten.

Es ist bei diesem Beispiel, wie bei fast allem was die Sprache betrifft, auch eine Frage der Gewohnheit und der Sprachsensibilität. Meiner Erfahrung nach kann man sich, was die Sprache betrifft, fast an alles gewöhnen. Sogar an einen Begriff wie ­«Frauenmannschaft».