
Wegen Deepfake-Video: Immunität von Andreas Glarner wird aufgehoben – jetzt droht eine Strafe
Jetzt ist es klar: SVP-Nationalrat Andreas Glarner hat ein Strafverfahren am Hals, weil er auf sozialen Medien (Instagram und X) ein Video veröffentlicht hat. Es handelt sich dabei um ein Deepfake, ein durch KI generiertes Video, in welchem sich die grüne Nationalrätin Sibel Arslan über «kriminelle Türken» äusserte und zur Wahl der SVP aufrief.
Die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten beantragte deswegen im Februar, die Immunität von Andreas Glarner aufzuheben. Die Vorwürfe sind happig: Es besteht der Verdacht des Identitätsmissbrauchs und der Ehrverletzung.
Sowohl die Immunitätskommission wie auch die Staatsanwaltschaft gehen nun neue Wege. «Es handelt sich um den ersten Fall, bei dem sich die Kommission mit der Verwendung von Deepfakes im Wahlkampf zu befassen hat»,schreibt sie in der Medienmitteilung. Gleichzeitig könnte in diesem Fall auch erstmals der neu geschaffene Straftatbestand des Identitätsmissbrauchs zur Anwendung kommen.
Die Kommission hat äusserst knapp – mit 5:4 Stimmen – entschieden, die Immunität von Glarner aufzuheben. Sie sei der Auffassung, dass das Interesse des Opfers und die Schwere der Straftat höher zu gewichten seien als die Meinungsäusserungsfreiheit. Der Entscheid hat auch eine präventive Komponente. Denn die Kommission «hält fest, dass solche Handlungen dem Parlamentsbetrieb erheblich schaden; sie zu tolerieren, würde bei den nächsten Wahlen solchem Verhalten die Tür öffnen.»
Die Aufhebung der Immunität und die Ermöglichung eines Strafverfahrens seien überdies Ausdruck, dass die Kommission solche Aktionen missbillige. Um das Strafverfahren aufzunehmen, muss allerdings die Immunitätskommission des Ständerats zum gleichen Schluss kommen.
Anderer Entscheid bei Islam-Tweet
Der zweite Fall ist komplizierter: Die Berner Staatsanwaltschaft beantragte die Aufhebung von Glarners Immunität wegen eines islamkritischen Posts auf Twitter (heute X), der wegen eines möglichen Verstosses gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm zu einer Anzeige geführt hat. Bei dieser Frage waren sich die zuständigen Mitglieder der Immunitätskommission des National- und des Ständerat uneins, ob die Immunität überhaupt tangiert ist.
Ende Februar kam dieRechtskommission des Ständerats zum Schluss, dass die Immunität, die Parlamentsmitglieder aufgrund ihrer gesetzgeberischen Arbeit geniessen, auch in diesem Fall greift. Die Immunitätskommission des Nationalrates ist auf diese Linie nun eingeschwenkt. Sie musste nun noch entscheiden, ob sie diese aufheben will. Mit 6:3 Stimmen hat sie sich dagegen entschieden. Sie verweist in einer Medienmitteilung auf dieMeinungsfreiheit.
Das bedeutet: Die Berner Staatsanwaltschaft darf wegen der Rassismusvorwürfe nicht gegen SVP-Nationalrat Andreas Glarner ermitteln.