
AEW führt 2026 den Einheitstarif ein – folgen ein Jahr später schon die dynamischen Strompreise?
Die Zeiten, in denen man nachts die Waschmaschine anstellte, den Geschirrspüler laufen liess oder gar nach einer gewissen Uhrzeit Telefonanrufe tätigte, weil diese dann günstiger waren, sind zunehmend vorbei: Als grössten Stromnetzanbieter im Aargau will die AEW Energie ab kommendem Jahr den Einheitstarif einführen.
Damit folgt das staatliche Unternehmen anderen Stromanbietern wie etwa den Regionalwerken Baden, die den Einheitstarif auf dieses Jahr eingeführt haben. Die Wohler IBW setzt schon seit 2019 auf diese Tarifstruktur. Die Aarauer Eniwa, die Lenzburger SWL oder die Brugger IBB kennen, Stand jetzt noch, eine Unterscheidung zwischen Hoch- und Niedertarif. Die AEW liefert heute Strom insbesondere in Gemeinden im Frick-, Suhren- und Seetal, im Freiamt oder im Zurzibiet.
Stromtarife werden also zunehmend abhängig davon, wie der Strom hergestellt wird und zu welchem Preis er allenfalls eingekauft werden muss. Die Auslastung der Netze spielt inzwischen weniger eine Rolle. Der Grund liegt unter anderem bei den neuen, erneuerbaren Energiegewinnungsformen: Solarstrom, zum Beispiel, wird am Tag produziert. Insbesondere im Sommer entstehen oft Überschüsse, die vom Stromnetz erst mal aufgefangen werden müssen.
«Die Umstellung verhindert eine finanzielle Benachteiligung beim Strombezug während Sonnenstunden und schafft mehr Flexibilität im Verbrauchsverhalten», schreibt die AEW in einer Mitteilung. Das Unternehmen folge mit diesem Schritt «den aktuellen Marktbedingungen» und schaffe weiter eine Grundlage für dynamische Wahltarife, die ab 2027 eingeführt werden könnten.
Die AEW hat im Mai ein Pilotprojekt gestartet, um herauszufinden, wie sich flexible Stromtarife auf die Netzstabilität, das Verbrauchsverhalten und die Stromkosten auswirken. Dieses läuft noch bis März 2026 und soll die Grundlage liefern für die neuen Tarife.

Bild: Daniel Vizentini
Solarstromproduzenten werden anders entschädigt
Es gibt auch Änderungen in der Entschädigung von Solarstromproduzenten. Statt der bisherigen Herkunftsnachweisvergütung von 3 Rp./kWh führt die AEW ab nächstem Jahr einen Einheitstarif für eingespeiste Energie von 8,2 Rp./kWh ein. «Besitzer von kleineren Anlagen profitieren dadurch von fixen Preisen und haben Planungssicherheit, ungeachtet der Entwicklung der Strompreise», sagt das Unternehmen. Rund 2400 Eigentümer von Photovoltaikanlagen gibt es im Versorgungsgebiet der AEW.
Laut neuem Gesetz können Energieunternehmen die Leistung von PV-Anlagen auf 70 Prozent beschränken, ohne die Eigentümer zu entschädigen. Die AEW schlägt einen Kompromiss vor: Sie will ihre Kundschaft bei einer freiwilligen Leistungsbegrenzung um 50 Prozent während fünf Jahren mit 2 Rp./kWh entschädigen.
Die steigende und je nach Wetterlage eben auch stark unterschiedliche Einspeisung von Solarstrom ins Verteilnetzist für viele Netzanbieter eine Herausforderung. Mit der Massnahme soll die AEW Zeit erhalten, um den nötigen Netzausbau zu tätigen. Sie will Solarstromproduzenten aber auch für ihre Flexibilität angemessen entschädigen, wie sie schreibt.

Bild: Foto Basler Aarau/zvg
Familien sparen rund 90 Franken im Jahr
Gute Nachrichten gibt es für alle Strombeziehende: Auf nächstes Jahr senkt die AEW ihre Strompreise um rund 7 Prozent. Ein durchschnittlicher Familienhaushalt in der Verbrauchskategorie H4 (5-Zimmer-Wohnung mit Elektroherd und Tumbler) zahlt künftig 27,9 statt 29,9 Rp./kWh für den Strom. Das mache 92 Franken weniger im Jahr aus.
Es sinken die Kosten für die Energielieferung – im Beispiel des Familienhaushalts von 15,1 auf 11,4 Rp./kWh –, dafür steigen die Netznutzungsentgelte von 11,9 auf 13,4 Rp./kWh. Laut AEW werden damit Betrieb und Unterhalt der Stromnetze finanziert. Grund für diese Preiserhöhung sei, dass weniger Strom verbraucht werde, während die Kosten für die Anbieter gleich bleiben. Dazu gibt es neu einen nationalen Tarifzuschlag von 0,05 Rp./kWh für Investitionen in Netzverstärkungen sowie füreine Überbrückungshilfe für die Stahl-und Aluindustrie.

Bild: Alex Spichale