
Parlamentarier besetzen Leitungssitze im Kongress in Brasilien
Aus Protest gegen dieHausarrest-Anordnung für Ex-Präsident Jair Bolsonarobesetzen rechte Abgeordnete und Senatoren in Brasilien die Leitungssitze beider Parlamentskammern. «Wir verlassen die Tische nicht, bevor die Präsidenten beider Häuser sich treffen, um ein Problem der nationalen Souveränität zu lösen» erklärte Sóstenes Cavalcante, Fraktionschef der Liberalen Partei (PL) aus dem Bolsonaro-Lager.
Hintergrund der Aktion ist die Anordnung von Hausarrest gegen den Ex-Präsidenten durch Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Gerichtshof wegen mutmasslicher Verstösse gegen Auflagen. Die Blockade begann in der Nacht auf Mittwoch und dauerte tagsüber an. Einige klebten sich demonstrativ Klebeband über den Mund, um auf ein angeblich drohendes «Schweigen» der Opposition hinzuweisen.

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Forderungen nach Amtsenthebungsverfahren von Richter Moraes
Sie fordern unter anderem eine Abstimmung über ein Amtsenthebungsverfahren gegen den bei der politischen Rechten in Brasilien verhassten Juristen Moraes sowie eine Amnestie für die Beteiligten am Sturm auf Regierungsgebäude am 8. Januar 2023. Bis dahin sollten alle Abstimmungen im Kongress blockiert werden, denn die Besetzung findet nicht im Rahmen einer regulären Parlamentssitzung statt, sondern stellt eine ausserordentliche Protestaktion dar.

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Als Reaktion auf die Aktion sagte der Präsident der Abgeordnetenkammer, Hugo Motta, die Plenarsitzung vom Dienstag ab und kündigte für Mittwoch ein Treffen der Fraktionsvorsitzenden an. Der Kongress müsse eine Brücke des Dialogs sein, schrieb er auf der Plattform X.
Auch Senatspräsident Davi Alcolumbre kritisierte die Besetzung als eine «willkürliche Ausübung der eigenen Gründe». Ein solches Vorgehen sei den demokratischen Prinzipien fremd.

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Oberstes Gericht in Brasilien lockert Bolsonaros Hausarrest
Das Oberste Gericht in Brasilien hat den Hausarrest des früheren Präsidenten Jair Bolsonaro gelockert. Richter Alexandre de Moraes gestattete Familienmitgliedern am Mittwoch Besuche bei Bolsonaro ohne vorherige Genehmigung. Der Ex-Präsident wird beschuldigt, nach seiner Wahlniederlage einen Putschversuch geplant zu haben. Das Verfahren gegen ihn dauert an.
De Moraes’ Entscheidung, die auf einen Antrag der Bundespolizei zurückgeht, bedeutet, dass die Verwandten das Haus, in dem Bolsonaro mit seiner Frau Michelle lebt, besuchen können, ohne das vorher bei Gericht beantragen zu müssen. Die Erlaubnis gilt für Bolsonaros Söhne und Töchter, Enkelkinder und enge Verwandte seiner Frau. Der ursprüngliche Hausarrest, der am Montag verhängt wurde, erlaubte nur Bolsonaros Anwälten den uneingeschränkten Zugang zu seinem Haus.
Bolsonaro muss sich wegen seiner Rolle bei einem versuchtenStaatsstreich nach seiner Wahlniederlage 2022vor der Justiz verantworten. Am 8. Januar 2023 stürmten Anhänger Bolsonaros kurz nach Amtsantritt des heutigen Staatschefs Luiz Inácio Lula da Silva den Kongress, das Oberste Gericht und den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Brasília. Der 70-Jährige beharrt darauf, er habe sich in diesem Zusammenhang nichts zuschulden kommen lassen.(dpa/AP)