
Wachstum wird Zofingen beschäftigen+++Stadtrat kann seine Entschädigung flexibel aufteilen +++«Untere Vorstadt»: Ja zur Einräumung des Baurechts
In seiner Interpellation zum Thema «Bevölkerungswachstum und seine Auswirkung auf Zofingen» stellt GPL-Einwohnerrat Anders Sjöberg Fragen zu strategischen Instrumenten bei der Analyse von Bevölkerungszusammensetzung, Mobilität, Energieversorgung, Wirtschaftswachstum, Schulen, Gesundheit und Pflege sowie fiskalischen Auswirkungen oder zu den zukünftigen Bauprojekten wie Swissprinters, Frikartpark oder Untere Vorstadt. Sjöberg will hier wissen, mit wie vielen zusätzlichen Wohnungen respektive Personen in den nächsten zehn Jahren gerechnet wird und welchen Anteil am Einwohnerwachstum gemäss Finanzplan 2026 bis 2035 die aktuell vorliegenden Projekte haben. Zudem nimmt es Sjöberg wunder, ob die Folgen des Bevölkerungswachstums der oben erwähnten Projekte bereits in die Investitionsplanung, insbesondere in die Immobilienstrategie sowie in die Schulraum-, Verkehrs- und Infrastrukturplanung, eingeflossen sind und welche Massnahmen vorgesehen sind, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
In der Beantwortung hält der Stadtrat fest, dass die Bevölkerung in Zofingen in der Vergangenheit jeweils um ca. einen Prozentpunkt pro Jahr gewachsen ist. Sie weist aktuell rund 13’000 Einwohnende und 11’030 Beschäftige (bei 1130 Betrieben) auf. «Das Wachstum der Stadt Zofingen wird massgeblich beeinflusst von der Anzahl der erstellten Bauten», hält die Exekutive fest. Die in der Vergangenheit erstellten Wohnungen habe der Markt gut aufgenommen. Dies belege die aktuell tiefe Leerwohnungsziffer (aktuell sind 41 Wohnungen auf dem Stadtgebiet leer, dies entspricht 0,61 %, Stand 1. Juni 2025). «Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist», so der Stadtrat, «dass die baulichen Aktivitäten innerhalb der bestehenden Bauzonengrenzen stattfanden (Transformation von Gebieten mit grossem Potenzial für innere Entwicklung).» Es habe hierfür kein Kulturland beansprucht werden müssen.
Bezüglich Instrumente verweist der Stadtrat auf das eidgenössische Raumplanungsgesetz, auf den Richtplan des Kantons Aargau sowie auf den Nutzungsplan (Bauzonenplan) und die Sondernutzungspläne der Stadt. «Die prognostizierte Wohnraum- oder Bevölkerungsentwicklung basiert auf einer Vielzahl von Dokumenten unterschiedlicher Informationsquellen. Ein regelmässiges Monitoring über die relevanten Sachbereiche (u. a. Siedlungsentwicklung, Verkehrsaufkommen, Immobilien, Schulraum), wird durchführt. Diese Kenntnisse fliessen auch in den Finanz- und Investitionsplan ein», so der Stadtrat.
Bezüglich Wachstum schreibt die Behörde: «Angesichts der laufenden Planungen können die Anzahl Wohnungen bei den einzelnen Arealen noch Änderungen erfahren.» Grundsätzlich sind im Cartub (Areal Mühlematte) 260 Wohnungen vorgesehen, an der Aarburgerstrasse 38, im Frikartpark 93, in der Unteren Vorstadt Ost 90 und im Swissprinters Teil West 218.
Weiter erwähnt der Stadtrat die Projekte «Im Funken» (Untere Vorstadt West), am Rebberg, am Haurihäuserweg und die Transformation des Areals Bethge. Hinzukommen noch Arealentwicklungen im Stadtteil Mühlethal. «Die Stadt geht bei einer abnehmenden Wohn- und Belegungsdichte von ca. 2,2 Personen pro Wohnung bis in etwa 10 Jahren von ca. 2200 zusätzlichen Einwohnerinnen und Einwohnern aus», heisst es in der Beantwortung der Interpellation. «Im Investitionsplan sind alle bekannten Projekte aufgenommen, die im Kontext der Bevölkerungsentwicklung notwendig sind – v. a. im Bereich der Schulraumplanung.»
Abklärungen bezüglich Massnahmen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt hält der Stadtrat aktuell noch für zu verfrüht. «Es braucht aber eine Vielzahl von Akteuren und Massnahmen, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt dauerhaft gelingt und keine Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen werden.» Dabei sei stets zu bedenken, dass gesellschaftliche Teilhabe immer freiwillig ist und individuell bleiben werde.
Attila Gygax von der GLP sagt dazu: «Wir sind teilweise zufrieden mit den Antworten. Das Wachstum wird eine grosse Herausforderung sein für die nächste und übernächste Legislatur.» Wichtig sei, dass man auch noch über Mobilitätsentwicklung rede. Und bei Gestaltungsplänen sieht die GLP öfters noch Luft nach oben. «Hier wünschen wir uns mehr Engagement.»
Stadt wird Parkplätze im neuen Parkhaus mieten und bewirtschaften
Und noch einmal geht es um die Überbauung Untere Vorstadt. SVP-Einwohnerrat Raphael Lerch hat dem Stadtrat drei Fragen gestellt bezüglich geplanter öffentlichen Parkierungsanlage in der Überbauung Untere Vorstadt. Sie betreffen hauptsächlich die Bewirtschaftung. In seiner Beantwortung hält der Stadtrat fest, dass die maximal 150 öffentlichen und bewirtschafteten Parkplätze in der Unteren Vorstadt Bestandteil der Sondernutzungsvorschriften des rechtskräftigen Gestaltungsplans sind. Ihre genaue Anzahl werde mit der Detailplanung der Hochbauten inklusive unterirdischer Parkierung festgelegt. Gemäss Stadtrat soll die Erschliessung der öffentlichen Parkplätze an der gleichen Stelle erfolgen wie diejenige der privaten Parkplätze. Die Baurechtsnehmerin wird die öffentlichen Parkplätze erstellen. Die Stadt wird diese mieten und betreiben. «Dabei sollen die Parkgebühren den Betriebsaufwand – nach dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip – decken», heisst es in der Beantwortung. «Die Tarife werden mit denjenigen der öffentlichen Parkplätze abgestimmt.» Die Zofinger Exekutive beabsichtigt den Abschluss eines längerfristigen Pachtvertrags (mind. 25 Jahre). «Er kann aber auch an die Dauer des Baurechts angeglichen werden», hält sie fest. Die kalkulatorischen Randbedingungen würden aufgrund des fehlenden Projekts noch nicht vorliegen. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (Finanzverordnung, Gemeindegesetz und Geschäfts- und Kompetenzreglement der Stadt) wird der Stadtrat entscheiden, ob der Einwohnerrat über den Betrieb des geplanten Parkhauses in der Unteren Vorstadt zu entscheiden hat. Die Kreditlimite für wiederkehrende Ausgaben beträgt 120’000 Franken.
Interpellant Raphael Lerch hält fest: «Vieles bei diesem Parkhaus ist nicht gesichert.» Der Stadtrat habe bei dieser Sache nicht gut verhandelt.
Der Stadtrat kann sein Pensum flexibel verteilen
Wieviel soll das einzelne Stadtratsmitglied verdienen? Dies will der Zofinger Stadtrat auch künftig innerhalb der budgetierten Lohnsumme selber entscheiden können. Der Einwohnerrat stimmt heute über eine entsprechende Vorlage ab. Im Rahmen des Budgets 2026 sind unter Personalaufwand Exekutive 631’800 Franken budgetiert. Ein Plus von 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresbudget und plus 1,3 Prozent gegenüber der Rechnung 2024. Abzüglich der Arbeitgeberbeiträge bleibt somit eine Lohnsumme von 512’900 Franken. Davon geht der für den Stadtpräsidenten definierte Lohn weg; ab Januar sind das rund 211’000 Franken. Stimmt der Einwohnerrat dem Antrag des Stadtrates zu, kann der Stadtrat die restliche Lohnsumme selbstständig auf die 190 Stellenprozente für die übrigen Stadtratsmitglieder verteilen.
Für die FGPK spricht Claudia Schürch (EVP): Die FGPK sei einverstanden, dass die zeitlich begrenzte Flexibilisierung definitiv eingeführt werden soll. Die Gefahr, dass das Budget unfair verteilt wird, sieht die FGPK nicht. Im Anschluss spricht Schürch gleich für die Fraktion EVP-Die Mitte: Ihre Fraktion sehe das gleich.
Rainer Böni (FDP) spricht für die Fraktion FDP/ZM: Auch seine Fraktion sieht in der Flexibilisierung kein Problem. Gleich sieht dies auch die GLP: Diese Praxis habe sich bisher bewährt, so Sprecher Anders Sjöberg.
Die Grünen hätten bei diesem Geschäft ebenfalls kaum diskutiert, sagt Sprecherin Karin Burkhard. Die Fraktion vertraue auf den Stadtrat als funktionierendes Gremium, damit die Pensenverteilung fair sei.
Barbara Wilisegger sagt, dass die SVP der Vorlage zustimmt. Auch die SP schliesst sich den Voten der Vorgänger an und unterstützt die Vorlage.
Christiane Guyer (Grüne) spricht für den Stadtrat und bedankt sich für das Vertrauen des Einwohnerrats.
Die Detailberatung geht so schnell durch wie die Fraktionsstellungnahmen: Es gibt keine Wortmeldungen. Der Einwohnerrat genehmigt die Flexibilisierung der Stadtratsentschädigung einstimmig.
Inzwischen ist der Rat vollständig. Joël Brünisholz (Grüne) und Maik Müller (ZM) sind noch vor der Diskussion über die Abgabe des Baurechts eingetroffen, ebenso Stadtrat Robert Weishaupt.
Abgabe des Baurechts sorgt für Diskussionsstoff
Das dritte Traktandum hat es in sich. Die Einräumung eines Baurechts für die Überbauung Untere Vorstadt war bereits für die Sitzung im September traktandiert. Damals wurde das Geschäft aber auf Antrag der SVP von der Traktandenliste gestrichen und vertagt. Marco Negri argumentierte in seinem Votum, dass man nur eine kurze Vorbereitungszeit gehabt habe. Es seien noch zu viele Fragen ungeklärt bei so einem wichtigen Geschäft. Die SVP hatte kurz vor Sitzungsbeginn noch über 40 Fragen dazu eingereicht. Nun steht das Geschäft heute Abend erneut auf der Traktandenliste. Die Stadt soll 10’620 Quadratmeter Land im Baurecht an den Investor abgeben, so der Antrag. Realisiert werden soll ein Projekt mit 91 Wohnungen, Gewerberäumen und einer Tiefgarage.
Und wieder sorgt das Geschäft für eine ausführliche Diskussion. Michael Wacker (SP), Präsident der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission (FGPK), gibt Einblick in die kontroverse Diskussion, welche die Kommission geführt hat. «Bei der Diskussion war niemand wirklich überglücklich, aber auch nicht putzhässig.» Die Abgabe im Baurecht sei von den einen hinterfragt worden, andere fanden es gut. Einige hätten fehlende Transparenz moniert, andere hätten sich für die gute Transparenz bedankt. Wacker betont zudem, dass es um die Abgabe des Baurechts gehe und nicht um den Vertrag. «Das ist klar geregelt in der Gemeindeordnung.»
Als erster Votant tritt Marco Negri (SVP) ans Rednerpult. Er kritisiert den Baurechtszins – «im Vertrag wird die Bodenwertpreissteigerung praktisch ausgeblendet. Eine Angleichung ist nicht vorgesehen. Es handelt sich um einen unterdurchschnittlichen Baurechtszins.» –, den Landwert und die Heimfallregelung. Im Namen seiner Partei stellt er einen Rückweisungsantrag.
Bis auf die SVP und vereinzelte aus anderen Parteien will keine Fraktion das Geschäft zurückweisen. Mit 32 Nein- zu 8 Ja-Stimmen wird das Anliegen von Marco Negri klar abgelehnt.
Der Einwohnerrat geht nun in die Detaildiskussion. In dieser kann der Einwohnerrat zwar keine Anträge für die Baurechtsverhandlung stellen, weil die Verhandlung in der Kompetenz des Stadtrats liegt, vereinzelte Votantinnen und Votanten geben der Exekutive aber den einen oder anderen Wunsch mit. Michael Wacker (SP) bittet darum, die Zufahrt via Mühletalstrasse zu machen und nicht via Spitalgasse. Franziska Kremer (SP) wünscht, dass die Vermietung diskriminierungsfrei erfolgen wird und die öffentlichen Gebäude an beispielsweise Hausärzte oder Kita-Betreiber vermietet werden.
Stadtpräsidentin Christiane Guyer betont kurz vor der Schlussabstimmung: «Wir können hier ein zukunftsweisendes Projekt realisieren.» Tatsächlich erhält der Stadtrat das Go für die definitive Verhandlung des Baurechtsvertrags: Der Einwohnerrat stimmt der Einräumung eines Baurechts für die «Untere Vorstadt» deutlich mit 31 Ja- zu 9 Nein-Stimmen zu.
Blumen für den designierten Stadtpräsidenten
Einwohnerratspräsident Matthias Hostettler (Grüne) begrüsst die 38 Einwohnerräte, Joel Brünisholz (Grüne) hat sich entschuldigt, Maik Müller (ZM) stösst später zur Sitzung dazu. Hostettler gratuliert Einwohnerrat André Kirchhofer (FDP) zur Wahl als Stadtpräsident und Stadtrat Robert Weishaupt (Die Mitte) zur Wahl als Vizepräsident. Weishaupt hat sich für die Sitzung entschuldigt, er ist an der Generalversammlung von 2rad Schweiz.
Vorstoss ist einer von der SP eingegangen zu zeitgemässem Schwimmunterricht an der Schule Zofingen.
Den drei Einbürgerungsgesuchen stimmt der Einwohnerrat einstimmig zu.
Herzlich willkommen zur Berichterstattung zur heutigen Sitzung des Zofinger Einwohnerrats. Heute Abend stehen hauptsächlich parlamentarische Vorstösse auf dem Programm. An der morgigen Sitzung debattiert das Stadtparlament dann über das Budget. Hier bleiben Sie auf dem Laufenden über die Entscheide.




