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«Ein genialer Schachzug»: Der Grüne Jonas Fricker über Klima-Kleber, sein Verhältnis zu Irène Kälin und warum er wieder in den Nationalrat will

Er sass schon einmal im Bundesparlament und trat 2017 nach einem Holocaust-Vergleich zurück. Jetzt will der Badener Jonas Fricker für die Aargauer Grünen den zweiten Sitz im Nationalrat holen.

Als Jonas Fricker 2007 zum ersten Mal in den Aargauer Grossen Rat gewählt wurde, war er 30 Jahre alt und tauchte in Shorts zur Sitzung auf. «Heute weiss ich, wie der Hase läuft. Es ist ein anderes Erlebnis als damals», sagt der inzwischen 46-Jährige. Am Montag war er zu Gast bei «Talk Täglich» von Tele M1. Denn Fricker möchte im Oktober für die Grünen den zweiten Sitz im Nationalrat holen. «Ich bin noch immer voller Energie», sagt er.

Frickers erste Amtszeit im Grossen Rat dauerte bis zu seiner Wahl in den Nationalrat, Ende 2014. Nachhaltig war der Übertritt allerdings nicht. Im September 2017 stellte Fricker bei der Debatte um die Fair-Food-Initiative der Grünen einen Vergleich zwischen der Fleischindustrie und dem Holocaust an. Zwei Tage später trat er aus dem Parlament zurück. Auf diese Szene schaue er heute ohne grosse Emotionen zurück, sie sei verarbeitet.

«Ich habe einen grossen Fehler gemacht, die Konsequenzen gezogen und etwas daraus gelernt», sagt Fricker im Talk Täglich. Rückblickend sehe er, dass er den Skandal auch hätte aussitzen können. Der Rücktritt sei sein eigener Entscheid gewesen, Druck von den Medien und aus der Partei – auch auf die Parteileitung – leugnet er aber nicht.

Kälins Präsidium ein Glücksfall

Im Oktober 2020 wurde er wieder in den Grossen Rat gewählt, im Nationalrat rückte Irène Kälin für Fricker nach. Ob es für ihn schwierig gewesen sei, den Aufstieg seiner Nachfolgerin zur Nationalratspräsidentin mitzuerleben, will Moderator Adrian Remund wissen. Als Mann wäre er sowieso nie von den Grünen dafür nominiert worden, stellt Fricker klar. Für seine Partei sei das Präsidialjahr Kälins ein Glücksfall gewesen, «wir hatten eine Präsenz, die uns ansonsten nicht zugekommen wäre». Das Verhältnis zur Nationalrätin sei denn auch gut, «wir sind ja jetzt auch zusammen im ‹Wahlgewinn-Team› und versuchen, die zwei Sitze zu holen».

Dabei seien die Grünen angezählt, sie büssten bei kantonalen Wahlen der letzten Zeit regelmässig Sitze ein, sagt Adrian Remund. Ob denn Aktionen von Klima-Aktivisten, wie sie an Ostern auf der Autobahn stattgefunden haben, für die Sache förderlich seien? Das sei eine andere Ebene, bei der die Grünen sich nicht aktiv beteiligten. Die Wählerinnen und Wähler könnten diese Unterscheidung machen, davon ist Fricker überzeugt.

Druck von der Strasse und aus der Politik

«Ich bin in der Politik und kann damit etwas ändern», sagt er. Die Aktivistinnen und Aktivisten hätten diese Möglichkeit nicht, also gingen sie mit ihrer Sorge auf die Strasse. «Um die politischen Ziele zu erreichen braucht es beides», stellt Fricker klar, sowohl den Druck von der Strasse als auch konkrete Massnahmen der Politik.

Fricker lässt durchblicken, dass er sich nicht selber auf die Strasse kleben würde, die Aktion vor dem Gotthard bezeichnet der Badener dennoch als «genialen Schachzug». Die Autos hätten sowieso schon im Stau gestanden, dieser habe sich nicht verlängert, «der Schaden war minimal – für maximale Aufmerksamkeit». Im sonst eigentlich rollenden Verkehr verhalte es sich natürlich anders.