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«Wir distanzieren uns von allen extremistischen Anlässen»: Das sagt der Gemeinderat zu Martin Sellners Auftritt 

Die Kantonspolizei hat eine Veranstaltung der rechtsextremen «Jungen Tat» im Weinbaumuseum in Tegerfelden abgebrochen. Seither befindet sich das kleine Surbtaler Dorf in einem Mediensturm. 

Die Gemeinde Tegerfelden weiss nicht, wie ihr geschieht. Da organisierten Rechtsextreme ohne ihr Wissen einen Anlass im örtlichen Weinmuseum, die Polizei löst diesen auf und die Gemeinde steht plötzlich in den Schlagzeilen. Nun, drei Tage später, reagiert auch der Gemeinderat des knapp 1300 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Dorfes. Er will nicht schweigen.

Denn der Anlass sorgte für internationale Schlagzeilen: Am Samstag löste die Kantonspolizei eine Veranstaltung der rechtsextremen «Jungen Tat» mit gegen 100 Anhängerinnen und Anhängern im Aargauisch Kantonalen Weinbaumuseum in Tegerfelden auf und verwies den österreichischen Rechtsextremisten Martin Seller, der einen Vortrag über «Remigration» hielt, vom Kantonsgebiet weg. Seither beschäftigen die Vorkommnisse die Schweiz und das Ausland.

In einer Pressemitteilung erklärt der Gemeinderat, dass er im Zusammenhang mit den Ereignissen im Weinbaumuseum vom Samstag klarstellen möchte, «dass er sich von allen extremistischen Anlässen entschieden distanziert». Weiter schreibt er: «Wir setzen uns für ein friedliches und respektvolles Miteinander in unserer Gemeinde ein und verurteilen jegliche Form von Extremismus auf das Schärfste.»

Weitere Aussagen wolle der Gemeinderat nicht machen, heisst es auf Anfrage. Somit bleibt offen, welche Auswirkungen der Anlass auf die Gemeinde und deren Image hat, sowie welche Lehren die Gemeinde daraus ziehen kann.

Die Veranstaltung bewegt national und international.

Die «Junge Tat» hatte bei der Reservation des Kulturraumes im Weinbaumuseum den Verein hinter dem Museum über den Inhalt des Anlasses hinters Licht geführt. Als Veranstaltungsgrund gaben die Organisatoren eine «Podiumsdiskussion zu Entwicklungshilfe und Migration» mit Vorträgen zu diesen Themen an.

Der Verein hinter dem Aargauisch Kantonalen Weinbaumuseum kannte den Inhalt der Veranstaltung nicht. 
Bild: Valentin Hehli

Gegenüber dieser Zeitung distanzierte sich der Verein vom Anlass. Er hatte das Mietverhältnis noch am Samstag mit der Polizei vor Ort aufgelöst. Die Teilnehmenden verliessen das Lokal aber erst, als die Stromversorgung auf Anraten der Polizei unterbrochen worden war.

Noch am selben Tag rief die Junge SVP Aargau auf der Social-Media-Plattform X zu Solidarität mit Martin Sellner auf und schrieb von einem «schwarzen Tag für unsere Demokratie und die Meinungsfreiheit». Sogar Tesla-Gründer Elon Musk äusserte sich auf seiner Plattform dazu. «Ist das legal?», antwortete Musk auf einen Beitrag Sellners. Dieser hatte von einem «Pushback», also einer Wegweisung aus der Schweiz, durch die Aargauer Kantonspolizei berichtet und die Aktion eine «Schande für die Schweizer Demokratie» genannt.

Martin Sellner musste noch am Samstag den Kanton Aargau verlassen. 
Bild: Christian Bruna/EPA

Am Montag verteidigte Regierungsrat Dieter Egli (SP) das Vorgehen der Polizei: Die Auflösung der Veranstaltung sei kein politischer, sondern ein polizeitaktischer Entscheid gewesen. Die Meldung verbreitete sich auch in den deutschen Medien. Die Tageszeitung «Taz» titelte ironisch: «Sellner muss remigrieren».

Am Dienstag verlas Grossrätin Mia Jenni während der Parlamentssitzung im Namen der SP-Fraktion eine Stellungnahme zur Polizeiaktion vom Wochenende: Remigration sei völkisch, die Verbreitung der Idee tödlich. Das hätten frühere Terroranschläge gezeigt. «Nie wieder ist heute», dafür seien alle im Saal verantwortlich.