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Alcaraz vom Thron gestossen: Sinner triumphiert in Wimbledon

Jannik Sinner nimmt Revanche für die Niederlage in Paris. Carlos Alcaraz lässt er nach Startschwierigkeiten keine Chance und gewinnt als erster Italiener Wimbledon.

Jannik Sinner verbeugte sich vorsichtig vor Prinzessin Kate und nahm dann mit breitem Grinsen die glitzernde Wimbledon-Trophäe entgegen: Mit einer Zaubervorstellung hat der Italiener fünf Wochen nach seiner Niederlage im epischen French-Open-Finale erfolgreich Revanche genommen und den Thron von Carlos Alcaraz erobert.

Sinner setzte sich in einem hochklassigen Endspiel am Sonntag vor geballter (royaler) Prominenz 4:6, 6:4, 6:4, 6:4 gegen den Weltranglistenzweiten durch und feierte seinen ersten Titel beim prestigeträchtigen Rasen-Klassiker. Alcaraz verlor nach zuvor zwei Titeln und 20 Siegen erstmals wieder seit 2022 auf dem «heiligen Rasen».

«Es ist sehr speziell. Meine Eltern und meinen Bruder hier zu sehen, ist unfassbar. Extra-Dank an meinen Bruder, es ist kein Formel-1-Rennen dieses Wochenende. Deswegen ist er hier», sagte Sinner mit einem Lachen. Die Niederlage in Paris sei hart gewesen, fügte Sinner an: «Es geht nicht darum, wie du gewinnst oder verlierst. Du musst verstehen, was du falsch gemacht hast und was du daraus lernen kannst.» Das sei einer der Gründe, «warum ich hier stehe», sagte Sinner.

Alcaraz gratulierte seinem Dauerrivalen fair. «Es ist immer schwer, zu verlieren. Ich möchte Jannik mal wieder gratulieren. Es ist sehr verdient. Unfassbare zwei Wochen für dich in London», sagte Alcaraz. Die «schöne» Rivalität zwischen ihm und Sinner führe dazu, dass er «jeden Tag hart arbeite», fügte der Spanier an. Er dankte dazu dem spanischen König Felipe VI. für dessen Kommen.

Sinner totzt allen Widerständen

Für den Weltranglistenersten Sinner (23) ist es fünf Wochen nach dem Drama von Paris, als er drei Matchbälle im vierten Satz nicht zum Sieg nutzen konnte, eine Erlösung. Für den Südtiroler ist es der vierte Grand-Slam-Titel und der erste, den er nicht auf Hartplatz gewonnen hat: Zuvor hatte er zweimal in Melbourne (2024, 2025) und in New York (2024) triumphiert. Er streicht drei Millionen Pfund Preisgeld ein.

Der erste Triumph auf heiligem Rasen bedeutet Sinner viel.
Joanna Chan / AP

Dabei stand Sinner in Wimbledon schon vor dem Aus, im Achtelfinale gegen Grigor Dimitrow profitierte er bei 0:2-Satzrückstand von der verletzungsbedingten Aufgabe des Bulgaren. Beim Dreisatzsieg im Halbfinale gegen Novak Djokovic zeigte er dann wie im Endspiel gegen Alcaraz, gegen den er zuvor fünfmal in Folge verloren hatte, sein bestes Tennis.

Für Alcaraz (22) endete hingegen erstmals ein Grand-Slam-Finale in einer Enttäuschung. Alle fünf vorherigen Endspiele bei Majors hatte er gewonnen, er war seit 24 Spielen unbesiegt und hätte der fünfte Mann in der Open Era werden können, der drei Wimbledon-Titel in Folge gewinnt. Er hätte dazu an seinem grossen Vorbild Rafael Nadal vorbeiziehen können, der ebenfalls zwei Titel an der Church Road vorweisen kann.

Steigerungslauf zum Erfolg

Rund 15.000 Zuschauer, darunter William und Kate mit ihren Kindern George und Charlotte, sahen einen ausgeglichenen Start und ein Ass von Alcaraz beim ersten Aufschlag. Beim Stand von 2:2 wackelte der Spanier dann bei seinem Service plötzlich – und Sinner nutzte seine erste Breakchance. Alcaraz liess sich davon aber nicht beirren, nahm dem Italiener zunächst das Aufschlagspiel zum 4:4 ab – und sorgte wenig später bei seinem zweiten Satzball für ein Highlight: Eine krachende Vorhand von Sinner returnierte er irgendwie noch ins Feld und liess sich vom ekstatischen Publikum feiern.

In den zweiten Durchgang kam trotzdem Sinner besser hinein. Als er beim Stand 5:4 zum Satzgewinn aufschlug, spielte er sein bestes Tennis: Nach einem überragenden Passierball zum 15:0 riss es einige Zuschauer von den Sitzen, auch beim Satzball packte er einen Zauberschlag aus.

Sinner nahm den Schwung mit in den dritten Satz. Alcaraz wackelte beim Stand von 4:5 – und Sinner packte mit seinem ersten Satzball eiskalt zu. Alcaraz haderte, kassierte im vierten Satz erneut ein schnelles Break und fand keinen Zugriff mehr.