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Thomas Burgherr im zt Talk: «Die ‹Nacht der langen Messer› – das ist eine Legende»

SVP-Nationalrat Thomas Burgherr spricht im zt Talk über das offizielle SP-Ticket für die Bundesratswahlen, warum man schwache Bundesräte abwählen soll – und warum die «Nacht der langen Messer» (fast) ins Reich der Märchen gehört.

Am nächsten Mittwoch erlebt der Wiliberger SVP-Nationalrat die dritte Gesamterneuerungswahl des Bundesrates in seiner politischen Karriere. Heisst der Nachfolger von Alain Berset Beat Jans oder Jon Pult – oder kommt alles anders?

«Ich gehe davon aus, dass einer der von der SP vorgeschlagenen Kandidaten in den Bundesrat gewählt wird. Der grüne Kandidat wird keine Chancen haben. Aber selbstverständlich kann es sein, dass Ständerat Daniel Jositsch, Ständeratspräsidentin Eva Herzog und vielleicht auch andere Stimmen holen. Wenn Jositsch im ersten Wahlgang 40 oder 50 Stimmen macht, kann eine Dynamik entstehen, die zu einem anderen Ausgang als erwartet führen kann.»

Ähnliches sei bei der Wahl von Otto Stich oder Willi Ritschard passiert. Beide waren von der SP-Fraktion nicht offiziell vorgeschlagen worden. «Und das waren nicht schlechte Bundesräte.»

Der Anspruch der SP auf den Sitz von Alain Berset sei in der SVP-Fraktion unbestritten. «Wir wählen einen SP-Bundesrat», so Burgherr. Allerdings sei das offizielle Ticket eine «Provokation»: «Beide stehen sehr links, beide sind EU-Turbos, beide wollen eine ungehinderte Zuwanderung.» Gegen die Stimmung, auf eine andere Kandidatin oder einen anderen Kandidaten zu setzen, habe die SVP nichts. «Man darf sich ruhig die Frage stellen, ob die offiziellen Kandidaten die richtigen sind.»

Ist es überhaupt staatspolitisch sinnvoll, dass sich das Parlament seit Jahren «sklavisch» (NZZ) an die offiziellen Tickets hält – oder sollte es sich von dieser Einschränkung befreien? «Ich frage mich auch je länger je mehr, ob das gut ist.» Wenn sich das Parlament darauf einige, keine amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte abzuwählen und nur offizielle, von den Fraktionen vorgeschlagene Kandidatinnen und Kandidaten zu wählen, «dann schützt man unter Umständen auch schwache Figuren». Gewählt würden so nicht die Besten. «Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich die besten Leute im Bundesrat haben möchte.»

Wird in letzter Minute – in der  «Nacht der langen Messer» – abgesprochen, welche Namen die Parlamentarier auf die Wahlzettel schreiben?  «Die ‹Nacht der langen Messer› hat es sicher einmal gegeben», sagt Burgherr. Aber so, wie diese oft geschildert werde, «habe ich sie noch nie erlebt.» – «Das ist mehr eine Legende.» Trotzdem: Die SVP-Fraktion tauscht sich am Dienstag noch einmal über die Bundesratswahlen aus, und wohl auch noch Mittwochmorgen, «weil über Nacht noch etwas gegangen ist». Damit bleibe bis zur letzten Minute möglich, dass eine Dynamik in die eine oder andere Richtung entstehen könne.