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Über 40 Männer ausgenutzt: Berner unterhielt jahrelang Schwulenbordell

Er vermittelte seinen Opfern die Freier und nahm ihnen die Hälfte ihrer Einnahmen ab. Die Polizei hat einen Berner verhaftet, der Männer illegal in die Schweiz schleuste und sie ausnutzte.

Seine Opfer stammten aus Spanien, Brasilien, Kolumbien, Venezuela und Tschechien. Ein Berner hat in den vergangenen knapp 10 Jahren mindestens 40 Männer in die Schweiz geholt, damit sie hier als Prostituierte arbeiten. Die Polizei geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der betroffenen Männer «deutlich» höher ist.

Der Beschuldigte quartierte die Männer bei sich in der Wohnung ein und organisierte ihnen auch die Kundschaft. Die Staatsanwaltschaft und die Polizei werfen ihm vor, dass er «Art und Umfang der Prostitution festgelegt und den Opfern die Hälfte ihrer Einnahmen abgenommen» habe. In seiner Wohnung sollen fast durchgehend zwei bis vier Männer gelebt haben. Als die Polizei den Beschuldigten im Januar verhaftete, waren drei männliche Sexarbeiter vor Ort.

Ausschliesslich männliche Freier bedient

Die Männer, welche bei ihm in der Wohnung anschafften, wählte der Mann offenbar nach seinen «Idealvorstellungen bezüglich Aussehens, Alters und Gewichts» aus, wie es in der Mitteilung heisst. Teilweise habe er die Sexarbeiter selbst kontaktiert oder sie wurden ihm durch Drittpersonen vermittelt. Mit wenigen Ausnahmen dürften die männlichen Opfer homosexuell oder bisexuell sein und ausschliesslich männliche Kunden bedient haben.

Der Drahtzieher befindet sich in Untersuchungshaft. Ihm wird eine ganze Reihe an Vergehen vorgeworfen. Unter anderem Menschenhandel, Förderung der Prostitution und Förderung der rechtswidrigen Ein- und Ausreise. Auch verfügten die Sexarbeiter über keine Arbeitsbewilligung.

Erstaunlich ist auch das Alter des Beschuldigten: Er ist mittlerweile 34 Jahre. Als er mit dem Betreiben des illegalen Schwulen-Bordells begann, war er gerade einmal Mitte 20. Wie viel Geld er so eingenommen hat, schreiben die Behörden nicht. Nur so viel: «Die Ermittlungen haben ergeben, dass er sich mit den Einnahmen seinen Lebensunterhalt finanziert haben dürfte». Nach Abschluss der Untersuchung durch die Polizei übernimmt nun erst die Staatsanwaltschaft das Dossier.

Meistens sind Frauen betroffen

Miriam Helfenstein von Plateforme Traite, einem schweizweiten Netzwerk von Organisationen, die Betroffene von Menschenhandel unterstützen, spricht von einem seltenen Fall. Männer seien zwar auch Opfer von Menschenhandel, aber meistens gehe es dabei um Arbeitsausbeutung. Gehe es um sexuelle Ausbeutung, sind dagegen Frauen klar die Hauptbetroffenen, so Helfenstein.

Damit kommunizieren die Berner Behörden innert weniger Wochen den zweiten gravierenden Fall von Menschenhandel. Im September wurde öffentlich, dass die Staatsanwaltschaft gegen fünf Personen Anklage erhoben hat. Diesen wird vorgeworfen, dass sie über 140 Frauen in die Schweiz gelotst und sie dort zur Prostitution gezwungen haben. Die Frauen stammten meist aus China und wurden mit falschen Versprechungen in die Schweiz gelockt.

Bern als Vorbild für andere Kantone

Bei den Beschuldigten handelt es sich um eine 52-jährige Schweizerin, einen 51-jährigen Schweizer, eine 53-jährige Deutsche sowie zwei Chinesen im Alter von 30 und 34 Jahren. An diesen Ermittlungen waren mehrere Länder beteiligt: Dank gefälschter und unrechtmässig erworbenen Visa und Ausweisdokumenten konnten die Frauen in Europa frei herumreisen.

«Menschenhandelsfälle dieser Grössenordnung sind eher selten», sagt Helfenstein über die beiden Aktionen. Solche Operationen seien wichtig, um Netzwerke zu zerschlagen. «Menschenhandel ist ein Holdelikt: Nur wer sucht, findet», betont Helfenstein. Daher sei es wichtig, dass die Behörden für das Thema sensibel sind. Das sei in Bern gegeben. «In Kantonen hingegen, in denen es an Sensibilisierung und Interesse mangelt, werden deutlich weniger Fälle aufgedeckt», sagt Helfenstein.