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Jung, alkoholisiert, bequem: Wer sich nachts fürs E-Trotti entscheidet, kennt die Gefahren

E-Trottinetts sorgen auf der Strasse für Ärger – und immer öfter auch für Unfälle. Eine neue Studie zeigt, dass die Prävention bisher am falschen Ort ansetzt.

E-Trottinetts gelten in Städten längst als Plage. Nicht nur, dass sie ständig im Weg stehen: Auch die Zahl der Unfälle nimmt zu. Im vergangenen Jahr gab es in der Schweiz 157 schwere Personenunfälle mit E-Trottinetts. In den letzten vier Jahren hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt.

86 Prozent dieser schweren Unfälle sind selbst verursacht. Sie geschehen meist nachts. Am Lenker stehen häufig junge Menschen, oft sind sie alkoholisiert. Eine neue Studie der ZHAW zeigt nun: Sie greifen vor allem aus Bequemlichkeit zum Trottinett. Obwohl sie es eigentlich besser wüssten.

Sie wissen, was sie tun

In Polizeikontrollen geben Fahrer zwar oft an, dass ihnen die Risiken einer solchen Fahrt nicht bewusst seien. Auch die Beratungsstelle für Unfallverhütung schreibt, viele Nutzer wüssten nicht, dass für ein E-Trottinett dieselben Alkoholgrenzwerte gälten wie beim Autofahren.

Dem widerspricht Markus Hackenfort, Projektleiter der Studie: «Die von uns befragten jungen Menschen wissen sehr genau, was sie dürfen und tun sollten – und was nicht.»

Die Studie der ZHAW zeigt: Die Verkehrsregeln sind den Trotti-Fahrern durchaus bewusst.
Bild: Gaëtan Bally / Keystone

Gemäss der Studie schätzen die Lenker auch die Risiken und Gefahren meist zutreffend ein. Es sei also, anders als bei den meisten Verkehrsunfällen, keine Frage der Selbstüberschätzung. Die Trotti-Fahrer entscheiden sich wissentlich für ein unsicheres Transportmittel.

Das klingt erst einmal banal. Doch es sei wichtig für eine effektive Prävention, sagt Hackenfort. Typischerweise setzt diese beim fehlenden Wissen an. So versuchten etwa die Zürcher, Walliser oder Aargauer Kantonspolizeien, mit Plakaten auf die Verkehrsregeln für E-Trottinetts hinzuweisen. Vergeblich, meint Hackenfort: «In diesem Fall macht das kaum noch einen Unterschied.»

Alternativen statt Verbote

Denn trotz Risikobewusstsein entscheiden sich junge Menschen für das, was unmittelbar am schnellsten erreichbar scheint. Wenn sie also nachts eine Bar verlassen, die Bushaltestelle zehn Minuten davon entfernt steht und der nächste Bus erst in einer halben Stunde fährt, lockt das zwei Minuten entfernte Miet-Trottinett.

Dazu kommen soziale Faktoren. Gerade junge Menschen schliessen sich oft ihren Freunden an. Warten diese auf den Bus, bleibt man dem Trottinett fern. Und umgekehrt steigt man eher auf, wenn das die Gruppe auch tut.

Ein nächtliches E-Trottinett-Verbot will Hackenfort deswegen nicht fordern. Auch strengere Verkehrsregeln seien wenig zielführend. «Wenn wir die Betrunkenen vom Trotti runterkriegen wollen, müssen wir ihnen Alternativen aufzeigen», sagt er. Das könne etwa Aufklärung über Nachtbusverbindungen oder günstige Fahrdienste beinhalten. Wo nötig, müsse man diese Alternativen erst noch schaffen.

«Designated Drivers» für Trottis?

Auch im sozialen Bereich sind Massnahmen denkbar. So entscheiden viele schon am frühen Abend darüber, wie sie ihren Heimweg bestreiten. Dann etwa, wenn man entscheidet, den Autoschlüssel zu Hause zu lassen; oder, wenn die Gruppe gemeinsam entscheidet, wer alle heimfahren soll.

Dieses Konzept eines «Designated Driver» lasse sich auf den Trottinett-Kontext übertragen, sagt Hackenfort. Auch hier könne schon vor dem Ausgang eine Person bestimmt werden, die etwa Busverbindungen heraussuche, die Zeit im Blick behalte und verantwortlich dafür sei, dass alle heil heimkehren könnten.

Diese und weitere Ideen will die ZHAW nun in einem zweiten Teilprojekt prüfen – und herausfinden, wie sich die grosse Masse der Trotti-Fahrenden zu besseren Entscheidungen bringen lässt.