Sie sind hier: Home > Verkehr > «Wir verlieren täglich junge Menschen auf der Strasse:» SVP-Politikerin wehrt sich nach Töffunfall ihrer Tochter gegen Kritik

«Wir verlieren täglich junge Menschen auf der Strasse:» SVP-Politikerin wehrt sich nach Töffunfall ihrer Tochter gegen Kritik

Minderjährige sollen keine 125er-Motorräder fahren dürfen: Das will Grossrätin Nicole Heggli-Boder. Auslöser für diese Forderung sei nicht der Unfall ihrer Tochter, sagt die Politikerin. Und sie sei immer dagegen gewesen, dass die 17-Jährige schon Motorrad fahre – aber in der Familie überstimmt worden.

«31.5.2025, 12.05 Uhr: Tunnel Sachseln, Fahrtrichtung Luzern. Eine Motorradlenkerin verunfallte ohne Fremdeinwirkung bei der Ausfahrt nach dem Tunnel Sachseln und wurde dabei erheblich verletzt. Sie musste mit dem Rettungsdienst ins Spital gebracht werden. Die Polizei geht aktuell von einem technischen Defekt am Motorrad aus – die genaue Unfallursache wird untersucht.» So lautete die Meldung der Kantonspolizei Obwalden zum schweren Töffunfall der Tochter von Nicole Heggli-Boder.

«Am 31. Mai erreichte mich ein Anruf … was wir danach durchmachen, kann nur jemand nachfühlen, der es auch schon erlebt hat …», schrieb die SVP-Grossrätin am Montag auf Facebook und verlinkte den Beitrag von Tele M1. Gegenüber dem Regionalsender und in einem Artikel dieser Zeitung forderte die Politikerin, die Alterslimite für 125-ccm-Töffs wieder auf 18 Jahre zu erhöhen. Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2021 dürfen schon 16-jährige Jugendliche diese Motorräder fahren.

Unfallursache laut Polizei noch nicht geklärt

Seither häufen sich die Unfälle von minderjährigen Lenkerinnen und Lenkern, damit begründet Heggli-Boder ihre Forderung. «Wir verlieren täglich junge Menschen auf der Strasse durch diese Gesetzesanpassung. Die Polizei schlägt seit zwei Jahren Alarm, jeder vierte Schwerverletzte ist unter 18 Jahre alt!», schreibt sie auf Facebook. Dort stand die Politikerin in den letzten Tagen im Gegenwind, in den Kommentaren musste sie zum Teil scharfe Kritik einstecken.

Nicole Heggli-Boder im Interview mit Tele M1 zum schweren Töffunfall ihrer Tochter.
Bild: Screenshot Tele M1

So bezweifelten einige User, dass nicht funktionierende Bremsen nach einer Passfahrt die Unfallursache gewesen sein könnten. Heggli-Boder verweist dazu auf die Mitteilung der Kantonspolizei Obwalden, die von einem technischen Defekt ausging. Auf Nachfrage dieser Zeitung teilt ein Sprecher mit: «Die Unfallursache ist noch nicht geklärt, da noch nicht alle Ermittlungsarbeiten abgeschlossen werden konnten.»

Heggli-Boder: «Ich war immer dagegen, dass sie Töff fährt»

Andere kritisierten, dass die Politikerin erst nach dem Unfall ihrer Tochter verlange, die Alterslimite wieder zu erhöhen. Heggli-Boder kontert, sie stelle die Forderung, das neue Gesetz wieder abzuschaffen, schon seit mindestens zwei Jahren. «Es hat bislang nur keinen interessiert, aber als Sicherheitspolitikerin ist es meine Aufgabe, für die Sicherheit der Bevölkerung einzustehen». Der Unfall ihrer Tochter gebe ihr einfach nur recht, «ist aber nicht der Auslöser für meine Forderung».

Auf die Kritik, sie hätte ihrer minderjährigen Tochter das Töfffahren verbieten können, entgegnet Heggli-Boder: «Ich war immer dagegen, dass sie fährt.» Solche Entscheide würden in der Familie aber demokratisch gefällt, da sie als Mutter nicht die alleinige ‹Macht› habe. Ihre Tochter habe alles, was das Motorrad angehe, selber regeln und zahlen müssen. Die SVP-Grossrätin hofft, mit ihrer Stellungnahme die Spekulationen und Behauptungen beenden zu können. «Ich bin mir das gewöhnt, aber für meine Tochter ist es alles andere als lustig», schreibt sie.

Experten sprechen sich für höhere Alterslimite aus

Die politische Forderung, die Alterslimite für 125er-Töffs wieder auf 18 Jahre zu erhöhen, ist in Bundesbern bereits angekommen. Derzeit ist im Nationalrat ein entsprechender Vorstoss von Sydney Camerzin (Mitte, VS) hängig. «Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Wir müssen zurück zum alten System», sagte Willi Wismer zu dieser Zeitung. Der Fahrlehrer und Präsident der Verkehrssicherheitsstiftung Roadcross verfolgt die Häufung der Unfälle junger Motorradfahrer mit Sorge.

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung schloss sich nach dem tödlichen Töffunfall eines 17-Jährigen in Eschenbach LU dieser Forderung an, wie «20 Minuten» berichtet. Ein Sprecher wies auf die heikle Kombination von geringer Fahrerfahrung, hoher Motorleistung und jugendspezifischen Risikofaktoren wie Impulsivität und Selbstüberschätzung hin. Dass die obligatorische praktische Grundschulung von acht auf zwölf Stunden verlängert wurde, reiche nicht aus, um die Unfallzahlen zu senken.