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Verleger Peter Wanner übergibt das Unternehmen an seine Kinder: «Es fiel mir nicht schwer, loszulassen»

Peter Wanner hat das von ihm aufgebaute Medienunternehmen an seine Söhne Michael und Florian und an Tochter Anna verkauft. Michael Wanner, CEO von CH Media, erhält die Stimmenmehrheit. Peter Wanner, der Verleger bleibt, erklärt im Interview, wie es dazu kam.

Nachdem die beiden Söhne Michael und Florian Wanner vor zweieinhalb Jahren die operative Führung von CH Media übernommen haben, hat sich Verleger Peter Wanner, 81, im Rahmen einer vorzeitigen Nachfolgelösung entschieden, die AZ Medien AG an die beiden Söhne und an Tochter Anna zu veräussern. Die AZ Medien AG hält 65 Prozent an der CH Media Holding AG. Zu dieser gehören rund 70 Medienmarken, darunter auch dieses Newsportal sowie Zeitungen, Radio- und Fernsehsender in der ganzen Deutschschweiz.

Alle drei Kinder des Verlegers sind in verantwortlicher Position im Unternehmen tätig. Tochter Caroline hat als praktizierende Ärztin auf eine Beteiligung verzichtet.

Über den Verkaufspreis wurde Stillschweigen vereinbart. Verleger Peter Wanner bleibt weiterhin Verwaltungsratspräsident. Um eine klare Entscheidungsfindung unter den neuen Eigentümern zu ermöglichen, erhält Michael Wanner, derzeit CEO von CH Media, die Stimmenmehrheit. Er sagt: «Mein Vater hat die Unternehmung aufgebaut und zur heutigen Grösse geführt. Wir sind ihm zu grossem Dank verpflichtet. Wir wissen um die besondere Verantwortung, die er uns jetzt übertragen hat. Wir freuen uns, mit ihm zusammen das Unternehmen zu führen und zählen weiterhin auf seine Erfahrung und auf seinen Rat.»

Die Erbteilung konnte einvernehmlich erzielt werden. Verleger Peter Wanner: «Darauf bin ich besonders stolz. Über Monate hinweg haben wir im Kreise der Familie, unterstützt durch externe fachliche Beratung, Gespräche geführt und Varianten diskutiert. Am Ende haben alle vier Kinder der getroffenen Lösung zugestimmt. Was will man als Vater noch mehr?» Im Interview äussert sich Peter Wanner zu den Hintergründen.

Nach über 45-jähriger Tätigkeit im Mediengeschäft geben Sie jetzt das Szepter an die nächste Verlegergeneration weiter. Fiel Ihnen das nicht schwer?

Peter Wanner: Nein, erstaunlicherweise nicht. Das Unternehmen ist jetzt bei den Söhnen Michael und Florian und Tochter Anna in sehr guten Händen. Ich kann mir keine bessere Lösung vorstellen, zumal die beiden Söhne und die Tochter ähnlich «ticken» und denken wie ich. Es wäre wahrscheinlich anders gewesen, wenn ich das Unternehmen einem nicht der Familie zugehörigen Management hätte übergeben müssen.

Bei Ihrem Vater war das noch anders.

Ja. Der hat vieles zustande gebracht, wollte und konnte aber nicht loslassen. Erst bei der Fusion mit dem «Aargauer Tagblatt» im Jahre 1996 hat er sich definitiv zurückgezogen. Ich habe damals erlebt, wie das so ist, wenn einer nicht abgeben will, und habe mir geschworen, dass ich es anders machen werde.

Sie sind jetzt aber auch schon 81.

Stimmt. Und ich wollte eigentlich die Erbteilung in Bezug auf das Unternehmen mit 80 hinter mich bringen, das war das Ziel. Ich habe es knapp geschafft. Zudem sind die drei Kinder schon lange im Unternehmen tätig und tragen in ihren Bereichen Verantwortung. Jetzt folgt der nächste logische Schritt.

Verkauft das Unternehmen an die nächste Generation, bleibt aber VR-Präsident: Peter Wanner.
Bild: Alex Spichale

Sie sagen, die Lösung sei einvernehmlich erfolgt.

Ich habe vor zwei Jahren die Diskussion angestossen und meine Vorstellungen kundgetan. Danach haben wir über Monate hinweg – unterstützt durch externe fachliche Beratung – verschiedene Varianten diskutiert und geprüft. Mit allen Erben habe ich auch Einzelgespräche geführt. Am Ende haben wir eine einvernehmliche Lösung gefunden und alle haben zugestimmt.

Das war Ihnen wichtig?

Oh ja. Ich hätte es mir ja einfach machen und die Erbteilung testamentarisch verfügen können. Dann wäre aber wahrscheinlich innerhalb der Familie ein Streit ausgebrochen. Den wollte ich vermeiden.

Der älteste Sohn erhält die Stimmenmehrheit. Mit welcher Überlegung?

Michael war als Ältester stets Leader in der Familie, von allen akzeptiert. Er macht als CEO von CH Media einen hervorragenden Job. Zusammen mit dem jüngeren Sohn Florian, der ebenfalls Mitglied der Unternehmensleitung ist und die elektronischen Medien verantwortet, werden die beiden als starkes Gespann die Unternehmung in die Zukunft führen, während Tochter Anna eine leitende Funktion in der Redaktion innehat und Mitglied des Verwaltungsrates ist. Bei Meinungsverschiedenheiten ist es jedoch wichtig, dass jemand den Stichentscheid oder eine Mehrheit der Stimmen hat.

Die fünfte Generation übernimmt

Mit der Erbteilung übernimmt die fünfte Verleger-Generation die Verantwortung für das Medienunternehmen. Gründer der Aargauer Zeitung (1836) und erster Verleger war Josef Zehnder (1810–1896), der auch Stadtammann von Baden (1863–1881) war. Zwei Jahre vor seinem Tod ging das Zeitungsunternehmen an seinen Enkel Otto Wanner sen. über, 1938 übernahmen dessen Söhne Eugen und Otto Wanner, ab 1956 führte Otto Wanner das Unternehmen allein. Mit der Fusion von AT und BT zur Aargauer Zeitung im Jahre 1996 übernahm dann Peter Wanner, der zuvor das Badener Zeitungsunternehmen operativ leitete, die Führung und Verantwortung.

Welche Rolle hat Ihre Frau gespielt?

Da gilt das Sprichwort: «Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau.» Sie sorgt für den Zusammenhalt in der Familie.

Hat die Erbschaftssteuerinitiative der Juso auch eine Rolle gespielt?

Nein, der Nachfolgeprozess ist wie gesagt schon seit langem geplant und hat mit der Erbschaftsinitiative nichts zu tun. Aber tatsächlich: wäre die Erbteilung noch nicht vollzogen und würde die Initiative angenommen, hätte das gravierende Auswirkungen auch für unser Unternehmen. Wir haben – wie viele andere grössere KMU und Familienunternehmen auch – das Geld in der Firma. Dieses braucht es für Investitionen und die strategische Weiterentwicklung. Es ist daher völlig unsinnig, das Betriebsvermögen besteuern zu wollen. Das würden wir nicht verkraften.

Hat die Initiative eine Chance?

Ich glaube nicht. Käme sie durch, würde sie viele familiengeführte Unternehmen zerstören und volkswirtschaftlich einen unglaublichen Schaden anrichten. Die Juso haben leider keine Ahnung, wie die Wirtschaft funktioniert.

Wenn Sie zurückblicken: Was waren in Ihrer Verleger-Karriere die Highlights?

Da gibt es einige. Ich nenne nur die wichtigsten: die Gründung von Radio Argovia, danach von Tele M1, die Fusion zwischen «Aargauer Tagblatt» und «Badener Tagblatt», die Lancierung der «Schweiz am Sonntag», später der «Schweiz am Wochenende», die Übernahme von Radio 24 und TeleZüri, das Joint Venture mit den NZZ-Regionalzeitungen, der Kauf der 3+-Gruppe, die Lancierung von watson auf der grünen Wiese. Bei der Investition in watson hielten mich alle für verrückt – das Newsportal wurde trotzdem erfolgreich und rentabel.

Und was waren die grössten Enttäuschungen und Tiefschläge?

Die gibt es natürlich auch und sie sind schmerzhaft und beschäftigen einen noch lange. Doch hier schweigt des Sängers Höflichkeit.

Wie würden Sie Ihr Führungscredo nach all den gemachten Erfahrungen beschreiben?

Zuhören, den Leuten auf Augenhöhe begegnen, Vertrauen schenken, Diskussionen über Varianten führen und dann entscheiden. Und kontrollieren, ob die Entscheidung und der damit verbundene Auftrag auch umgesetzt wird.

Was machen Sie jetzt, nachdem Sie die Verantwortung und Führung abgegeben haben?

Ich bleibe weiterhin Verleger und Verwaltungsratspräsident. Dies wird von der jüngeren Generation explizit so gewünscht. Dadurch kann ich meine Erfahrung und meine Ideen einbringen. Sodann habe ich mehr Zeit, die Medien zu konsumieren, auch die vielen eigenen. Jemand sollte das ja überwachen. Wenn die Zeit es erlaubt, werde ich vermehrt meinen Hobbys frönen: Lesen, Wandern, Tennis spielen und Langlaufen. Und natürlich Weine degustieren und trinken. Langweilig wird es mir nicht.

Das ist CH Media

Zum Medienunternehmen CH Media, an dem die NZZ 35 Prozent hält, zählen 18 Tageszeitungen samt ihren Online-Portalen, darunter die «Aargauer Zeitung», die «Luzerner Zeitung» und das «St. Galler Tagblatt», die Wochenendzeitung «Schweiz am Wochenende», 10 Anzeiger, 12 Radiosender, drei regionale TV-Stationen und 8 nationale TV-Sender sowie drei Druckereien. Ausserdem gehört das Nachrichtenportal watson dazu. Das ganze Medienunternehmen macht einen Umsatz von rund 400 Millionen Franken. Was die Marktanteile angeht, so ist CH Media in der deutschen Schweiz die Nummer 1 bei den Zeitungen, die Nummer 1 bei den Privatradios und bei den privaten TV-Stationen sowie die Nummer 3 bei den privaten Newsportalen.