
Warum sind die Aargauer Schulkinder so schlecht in Deutsch und Französisch?
Der Kanton Aargau muss bei der Bildung über die Bücher. Zu diesem Schluss kam das Departement Bildung, Kultur und Sport im Mai, als es zu den Ergebnissen der nationalen Überprüfung des Erreichens der Grundkompetenzen (ÜGK 2023) Stellung nahm. Im Auftrag der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektorinnen und Erziehungsdirektoren wurden Tests in der Schulsprache sowie in der ersten und zweiten Fremdsprache im 11. Schuljahr durchgeführt. Eine repräsentative Auswahl von knapp 1000 Aargauer Schülerinnen und Schüler absolvierte diese.
In allen Leistungszügen der Oberstufe im Kanton zeigten sich ungenügende Ergebnisse bei den erworbenen Französischkenntnissen und vorwiegend in der Realschule auch bei den Deutschkenntnissen. Das Bildungsdepartement kündigte eine Analyse zur Verbesserung der Sprachkompetenz an. Ziel sei es, einen wirksamen Deutschunterricht für alle sicherzustellen. «Das ist für den Aargau besonders wichtig, weil hier mit rund 39 Prozent der Anteil fremdsprachiger Schülerinnen und Schüler besonders hoch ist», hiess es in der Mitteilung weiter. Im Raum stehe auch, wie der Kanton in Zukunft mit dem Französischunterricht umgehen soll.
SP und SVP gehen unterschiedlich vor
Die SVP Aargau sah den Grund für den «besorgniserregend schlechten Zustand» auch im «Kuschelkurs bezüglich der ungebremsten Zuwanderung». Zudem zeige sich, dass das System mit integrativer Schule und Zweisprachigkeit auf Primarstufe «unsere Kinder nicht fit für Berufslehre oder weitergehende Schulen macht», kritisierte die Partei.
SP-Grossrat Alain Burger will der Sache genauer auf den Grund gehen. Denn die präsentierten Resultate werfen bei ihm grundlegende Fragen zur Wirksamkeit des heutigen Sprachunterrichts und zur allgemeinen Chancengerechtigkeit im Bildungssystem auf. Der 42-jährige Berufsschullehrer ist Mitglied der grossrätlichen Bildungskommission.

Bild: Henry Muchenberger
In einem Postulat bittet er den Regierungsrat «in einem Bericht darzulegen, weshalb Aargauer Schülerinnen und Schüler die Grundkompetenzen in Deutsch und Französisch in der nationalen Erhebung (ÜGK 2023) teils deutlich nicht erreichen». Burger erwartet neben einer fundierten und kontextdifferenzierten Analyse auch, dass der Regierungsrat im Bericht aufzeigt, mit welchen kurz- und mittelfristigen Massnahmen die Sprachkompetenzen «nachhaltig» verbessert werden können.
Durchlässigkeit zwischen Schultypen ist wichtig
Bei Massnahmen, die einzelne Schultypen der Oberstufe betreffen, sei sicherzustellen, dass die Durchlässigkeit zwischen den drei Schultypen Real, Sek und Bez langfristig gewährleistet bleibe, hält Alain Burger fest. Schulische Weichenstellungen in einzelnen Anforderungsprofilen sollten keine Bildungsbarrieren für einen späteren Übertritt in einen anderen Schultyp schaffen.
Alain Burger erwartet nach der Analyse konkrete, wirkungsorientierte Massnahmen zur Verbesserung des Sprachunterrichts – sowohl im Bereich Deutsch als auch der Fremdsprachen. Für die gesellschaftliche und berufliche Teilhabe sind Sprachkompetenzen aus seiner Sicht zentral.
Die neue Bildungsdirektorin Martina Bircher(SVP) sagte wenige Wochen, bevor die Ergebnisse der ÜGK 2023 präsentiert wurden, dass das Bildungsdepartement eine Sprachenstrategie erarbeite. Anhand überwiesener Vorstösse schaue der Kanton, ab welcher Klasse in Zukunft welche Sprachen unterrichtet werden sollen. Je nach Entscheid ergäben sich dann im Stundenplan neue Möglichkeiten – auch zugunsten von handwerklichen Fächern.