
Statt längere Ferien für Lehrlinge: Bürgerliche Politiker wollen Gymi-Ferien verkürzen
In einem Brief an den Bundesrat forderten letzte Woche 140’000 Lehrlinge acht Wochen Ferien. «Lernende leisten viel – doch ihre Erholung kommt oft zu kurz», heisst es darin. Bis jetzt haben Lehrlinge jährlich fünf Wochen Ferien. Gegenüber «20 Minuten» beklagte sich ein 16-jähriger Lehrling: «Wenn man die Ferienfotos von Kollegen am Gymi auf Instagram sieht, während man am Arbeiten ist oder in der Schule sitzt, ist das nicht so cool.»
Die Stimmen blieben im Bundesrat nicht ungehört – aber wohl nicht auf die Art, wie es sich die Lehrlinge gewünscht hätten. So wollen bürgerliche Parlamentsmitglieder den Ferien-Zoff jetzt umdrehen, wie «20 Minuten» schreibt. Sie wollen nicht die Ferien der Lernenden ausbauen, sondern stattdessen die 13 Wochen Ferien an Mittelschulen kürzen. Malermeisterin und SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger findet:
«Mehr Ferien für Lernende ist der falsche Ansatz. Richtig wäre, die Ferien in der Mittelschule zu reduzieren!»
Sie plant, in der kommenden Woche eine Interpellation zu den Forderungen einzureichen. In dieser möchte sie wissen, wie der Bundesrat die «zunehmende faktische Ungleichbehandlung zwischen Berufsbildung und akademischer Bildung bei Freizeit, Pflichten und Förderung» beurteilt. Derzeit sind Ferien an Mittelschulen sind zur Zeit kantonal geregelt. In ihren Heimatkanton Baselland gebe es bereits solche Bemühungen, so Sollberger. Die fordert, dass andere Kantone nachziehen sollen.

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Auch Mitte-Ständerat Fabio Regazzi ist mit der Forderung von Sollberger einverstanden. Der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands sagt gegenüber «20 Minuten»:
«Das ist ein guter Ansatz von Kollegin Sollberger, den ich voll und ganz unterstütze.»
Ferien für Gymnasiasten und Studierende seien lang, während die Ferien der Lernenden kurz seien. Dies schwäche die Attraktivität der Lehre ab, sagt Regazzi. Der Mitte-Politiker ist überzeugt, dass man dies ändern müsse, da der Schweiz sonst in wenigen Jahren viele gut ausgebildete Fachkräfte fehlen werden.

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Das sagt der Gewerkschaftsverbund
Beim schweizerischen Gewerkschaftsbund stösst die Forderung allerdings nicht auf Anklang. «Politische Spielchen auf dem Rücken von Mittelschülern ist eine reine Trotzreaktion und bringen den Lernenden gar nichts», sagt Kampagnenleiter Urban Hodel gegenüber «20 Minuten».

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Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer, sagt: «Würde man die Ferien im Gymnasium reduzieren, würde dies in der Berufslehre nichts verändern.» Sie unterstützt die Forderung der Lernenden. Diese befänden sich mitten im Erwachsenwerden und seien schulisch und beruflich stark gefordert.(nib/watson.ch)