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Nach Attacke auf jüdischen Jugendlichen: Braucht es Massnahmen an Schulen oder mehr Polizei gegen radikale Bewegungen?

Nach einem antisemitischen Vorfall an einer Aargauer Bezirksschule folgt nun die Reaktion der Politik. Im Grossen Rat reichten Stephan Dietrich (SP, Bremgarten) und Simon Binder (Mitte, Baden) diese Woche Vorstösse zu diesem Thema ein.

Der Fall eines jüdischen Jugendlichen, der an einer Aargauer Bezirksschule beschimpft, geschlagen und bedroht wurde, zeige auf, dass Gesellschaft und Politik im Aargau betreffend Antisemitismus zu lange weggeschaut haben. So schreibt es Grossrat Stefan Dietrich (SP) in seinem Vorstoss, in dem er konkrete Massnahmen an Aargauer Schulen und Hochschulen im Umgang mit antisemitisch sowie mit rassistisch motivierter Diskriminierung fordert.

«Dem Thema wird an Schulen zu wenig Beachtung geschenkt», sagt er, Lehrpersonen fühlten sich nicht ausreichend unterstützt. Stefan Dietrich plädiert deshalb dafür, Schulkinder wie Lehrpersonen mit aktiver Aufklärung für das Thema zu sensibilisieren. So könne dem Antisemitismus der Nährboden entzogen werden. Vom Regierungsrat will er wissen, welche Massnahmen aktiv an den Schulen unternommen werden. Dafür gebe es auch Handlungsempfehlungen, die 2022 von der International Holocaust Remembrance Alliance beschlossen wurden.

«Welche Unterstützungs- und Weiterbildungsangebote stehen Lehrpersonen im Umgang mit Antisemitismus und Rassismus zur Verfügung?», fragt Stefan Dietrich. Ausserdem möchte er wissen, wie der Regierungsrat zum Ausbau der Schulsozialarbeit steht oder welche Haltung er angesichts der Kritik hat, dass Kanton und Schulen dem Thema zu wenig Beachtung schenken. Zudem will er wissen, ob der Kanton Handlungsbedarf sieht bei den Diskriminierungen und Hassreden, die im Internet stattfinden.

Ein ähnlicher Vorstoss kommt von der Mitte

Ein Vorstoss von Simon Binder (Mitte) zielt auf Ähnliches ab. Er weitet die Thematik auf Radikalisierung und gewaltbereiten Extremismus aus, den es mit bildungs-, aber auch mit sicherheitspolitischen Massnahmen zu bekämpfen gelte.

Im Umgang mit Extremismus bestehe enormer Handlungsbedarf. «Die Radikalisierung des Täters wurde entweder nicht erkannt oder es wurde nicht angemessen reagiert», schreibt Binder. Nach den Vorfällen hierzulande sei unklar, ob die Schulen gemäss kantonalem Lehrplan und dem bestehenden «Nationalem Aktionsplan zur Verhinderung und Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus» ausreichend gegen antisemitische Radikalisierung gewappnet seien.

Simon Binder fragt sich auch, ob «der Schweizer Sicherheitsapparat in der Lage ist, extremistische und islamistische Radikalisierung im Internet und in den sozialen Medien ausreichend zu überwachen, frühzeitig zu erkennen und entsprechend Alarm zu schlagen».

Grossrat Simon Binder (Mitte).
Bild: Dlovan Shaheri

Vom Regierungsrat will er wissen, ob auch er der Ansicht ist, dass bildungspolitische Massnahmen «für die Vermittlung eines vertieften Geschichtsverständnisses» erforderlich seien und ob im Bereich Sicherheit zum Beispiel ein Frühwarnsystem für Online-Radikalisierung sichergestellt werden müsste.

Binder fragt, welche Massnahmen der Regierungsrat vorschlage. «Wo müssten Gesetze angepasst werden? Ist der Regierungsrat bereit, die Polizei personell aufzustocken, um diese radikalen Bewegungen und den Antisemitismus besser bekämpfen zu können?» Dazu verlangt er ein Update zum automatisierten Datenaustausch zwischen den Kantonen.