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Wie lange ist lange genug? Wahlplakate sollen nicht mehr acht Wochen lang aushängen dürfen

Mitte-Grossrat Ralf  Bucher will die Dauer der Plakatierung von Wahlwerbung auf öffentlichem Grund verkürzen. Auch, weil die Politik gegenüber Vereinen bevorzugt behandelt werde. Und weil die Bevölkerung der Plakate irgendwann überdrüssig werde - das schade den Kandidierenden gar.  

Ralf Bucher hält den Finger auf eine Ungerechtigkeit. Eine solche hat der Aargauer Mitte-Grossrat aus Mühlau bei der Plakatierung festgestellt. Während Vereine auf öffentlichem Grund höchstens sechs Wochen bewilligungsfrei auf ihre Sport- und Kulturveranstaltungen hinweisen dürfen, sind Politikerinnen und Politikern deren acht Wochen erlaubt. Da wird also mit zweierlei Mass gemessen. Die Folge: «Die Bevölkerung stört sich daran und Vereine ärgern sich darüber», so Bucher.

Buchers jüngste Motion zielt deshalb auf eine «Verkürzung der Dauer der temporären Strassenreklamen zur Wahl- und Abstimmungswerbung» ab, wie er im Vorstoss schreibt. Unterschrieben ist dieser von 16 Mitgliedern des Grossen Rats. Entsprechend müsste in der kantonalen Bauverordnung der Paragraf 49 unter Absatz 3 geändert werden.

Ralf Bucher, Mitte-Grossrat und Geschäftsführer des Aargauer Bauernverbands: «Die Bevölkerung stört sich daran und Verein ärgern sich darüber»
Andrea Zahler

Als störend empfindet Bucher, dass im Kanton ein Wildwuchs von Regeln vorherrscht, je nach Gemeinde. Diese Regeln betreffen nicht nur die Dauer der Plakatierung, sondern auch Vorschriften, wo Plakate angebracht werden dürfen – und wo eben nicht.

Plakate geben in jedem Wahlkampf zu reden: Mal sind sie zerstört oder verunstaltet, mal haben sie sich gelöst und liegen am Boden, mal stehen sie nach dem Wahltermin wochenlang herum.

Zuletzt hat im Aargau nicht die von Bucher kritisierte Dauer der Plakatierung für Diskussionen gesorgt, sondern der Ort für eine solche. Im Fokus stand konkret die Kandelaberwerbung. Dies nachdem eine weitere Aargauer Gemeinde solche verboten hat.

Über ein Dutzend Aargauer Gemeinde verbieten Wahlwerbung an Strassenlaternen kategorisch. Die Gründe: Meist Wildwuchs und Verkehrssicherheit.
David Grob

17 Aargauer Gemeinden verbieten das Aufhängen von Politwerbung an Strassenlaternen inzwischen kategorisch: Gränichen, Rudolfstetten-Friedlisberg, Villigen, Windisch, Dürrenäsch, Holziken, Menziken, Reinach, Schöftland, Sisseln, Boniswil, Hallwil, Meisterschwanden, Seengen, Abtwil, Hellikon und Kölliken. Sie wollen damit einem überhand nehmenden Wildwuchs vorbeugen. Ordnung soll auf öffentlichem Grund herrschen.

Viel zentraler aber: Die Strassensicherheit soll nicht gefährdet werden. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass Plakate dann ihre Wirkung entfalten, wenn sie von möglichst vielen Wählerinnen und Wählern gesehen werden. Und das ist nun mal entlang von Strassen.

Problem Wildwuchs – auch bei den Platkataushang-Regeln

Tatsächlich ist der Kanton Aargau mit dem Problem Plakat-Wildwuchs aber nicht alleine. Das ist kein Wunder.

Unzählige Wahlplakate auf öffentlichem Grund.
David Grob

Die Schweiz kennt kein spezifisches Gesetz, das die Wahl- und Abstimmungskampagnen definiert, wohl aber Regeln. Doch liegen diese in der Verantwortung von Kantonen und Gemeinden. Einzig: Das Verbot von Werbung entlang von Autobahnen gilt schweizweit. Das Anbringen von Plakaten an Strassenlaternen liegt im Aargau in der Entscheidungshoheit der Gemeinden. Entsprechend vielfältig sind die Regeln.

Zurück zur Motion: Grossrat Ralf Bucher will die wilde Plakatierung auf öffentlichem Grund nicht generell verbieten, wie er in seiner Begründung der Motion festhält. Denn tatsächlich stelle diese für Kandidatinnen und Kandidaten mit geringen finanziellen Mitteln eine günstige Möglichkeit dar «öffentliche Präsenz zu erhalten». Eine Einschätzung die Mitte-Politiker Bucher mit anderen Parteien teilt. Ihm geht es alleine um die Dauer.

So handhaben es umliegende Kantone

Aus Buchers Sicht reichen sechs statt, wie heute erlaubt, acht Wochen. Eine solche Zeitspanne würden auch die umliegenden Kantone Baselland, Bern, Luzern und Solothurn kennen. Dort führten zum Teil ähnliche Vorstösse wie von Bucher zur aktuellen Praxis.

Der Vorteil seiner Regel: Ein Nachplakatieren entfällt – und eine «Belastung der Bevölkerung» durch Plakate werde beschränkt. Denn vor lauter Plakaten würde man die einzelnen Kandidierenden doch kaum mehr wahrnehmen. Bucher hofft angesichts einer kürzeren Zeitspanne darauf, dass die Gemeinden auf separate Einschränkungen verzichten – was Kandidierenden zugute kommt.