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Weil die Winter-RS so beliebt ist: Armee muss für fast 12 Millionen Franken provisorische Unterkunft bauen

Viele Rekruten und Rekrutinnen rücken lieber im Winter ein als im Sommer. Das hat Folgen: Auf zwei Waffenplätzen werden temporäre Unterkünfte nötig, weil sonst der Platz fehlt.

Zwei Mal im Jahr heisst es: Einrücken! Tausende junge Männer und einige Hundert Frauen absolvieren jährlich die Rekrutenschule. Und viele tun dies offensichtlich lieber in der kalten Jahreszeit. Während im Januar 2023 rund 12’000 Rekruten und Rekrutinnen die 18-wöchige Grundausbildung starteten, waren es Anfang Juli nur gut 8200.

«In den letzten Jahren hat sich der Trend bestätigt, dass immer mehr Schweizerinnen und Schweizer die jeweils im Januar beginnende Winterrekrutenschule absolvieren wollen», hält Armeesprecher Stefan Hofer fest. Noch etwa 40 Prozent der Rekrutinnen und Rekruten rückten im Sommer in den Grundausbildungsdienst ein. Rund 60 Prozent tun dies im Winter.

Dieser «Boom» der Winter-RS hat Folgen: Jeweils im ersten Halbjahr kommt es laut Armeesprecher Hofer auf manchen Waffenplätzen zu «infrastrukturellen Engpässen». Obwohl die Politik zuletzt darüber diskutierte, dass zu viele Junge in den Zivildienst statt in die Armee gehen, kommt – zumindest punktuell zu gewissen Zeiten an gewissen Orten – die Infrastruktur der Armee an den Anschlag.

Nutzung für drei bis zehn Jahre

In der Ostschweiz muss deshalb eine provisorische Unterkunft errichtet werden: Auf dem Kasernenareal Neuchlen-Anschwilen des Waffenplatzes Herisau-Gossau wird ein dreigeschossiger temporärer Modulbau erstellt – «aufgrund des gesteigerten Belegungsbedarfs», wie es im Gesuch im militärischen Plangenehmigungsverfahren heisst, das im Mai im Bundesblatt veröffentlicht wurde. 180 Armeeangehörige sollen darin untergebracht werden.

Vorgesehen sind 30 Sechser-Zimmer inklusive Nasszellen und Nebenräumen, wie aus dem Auftrag auf der Beschaffungsplattform «simap» hervorgeht. Wie lange das Provisorium gebraucht werden soll, ist nur vage umrissen: Die Nutzungsdauer betrage zwischen drei und zehn Jahren, heisst es in der Auftragsvergabe. Ersichtlich ist darin auch der Preis: 11,6 Millionen Franken kostet die provisorische Unterkunft.

Aufgebaut werden soll diese relativ schnell: Schon ab Anfang 2024 soll sie bereit stehen, damit sie für die nächste Rekrutenschule, die im Januar beginnt, genutzt werden kann. Neben Neuchlen-Anschwilen ist auch auf dem Waffenplatz Chamblon im Kanton Waadt ein zweiter Standort mit temporärer Unterkunft geplant, wie Armeesprecher Hofer auf Anfrage bekannt gibt – dies jedoch zwei Jahre später, auf Ende 2025.

Kein Zusammenhang mit Unterbringung von Flüchtlingen

Derzeit stellt die Armee auch mehrere tausend Plätze für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung. Das steht jedoch in keinem Zusammenhang mit dem zusätzlichen Bedarf an Unterbringungsplätzen auf dem Waffenplatz Herisau-Gossau, wie die Armee versichert.

Eine andere Vermutung liegt nahe: 2013 beschloss die Armee, mehrere Standorte zu schliessen, um Kosten zu sparen. Betroffen waren beispielsweise die Waffenplätze im bernischen Lyss oder in Saint-Maurice im Kanton Wallis. Hat man also unterschätzt, welche Kapazitäten nötig sind?

Der Armeesprecher verweist indes auf andere Gründe: Bis 2017 fanden jeweils drei Rekrutenschulen pro Jahr statt, nicht nur zwei. Erst mit der Umsetzung der sogenannten Weiterentwicklung der Armee (WEA) ab 2018 und der Reduktion auf zwei Rekrutenschulen pro Jahr hätten sich die Engpässe der Unterkünfte an einzelnen Standorten bemerkbar gemacht, weil mehr Dienstpflichtige die Winter-RS absolvieren. Diese ungleiche Verteilung will die Armee in den nächsten Jahren durch weitere Massnahmen ausgleichen – um wieder auf die temporären Unterkünfte verzichten zu können.