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Die Menschheit gräbt sich das Wasser ab: Weltweit sinken die Grundwasserspiegel

Immer mehr Wasser wird wird in Dürregebieten aus dem Boden hochgepumpt, um Menschen, Tiere und Pflanzen zu versorgen. Vielerorts ist auch dieser Bodenschatz endlich – ausser man verändert die Zuflüsse.

«Die Welt verschleudert das Grundwasser, als gäbe es kein Morgen mehr», das sagt Hansjörg Seybold, Senior Scientist am Departement Umweltsystemwissenschaften der ETH Zürich. Er ist Mitautor einer Studie, die zeigt, wie dramatisch die Grundwasserspiegel in den letzten Jahrzehnten gesunken sind und wie sich das Problem noch beschleunigt.

Natürlich sind die Trockengebiete dieser Welt besonders betroffen, weil dort oft nur dank der Grundwasserreserven gelebt und Landwirtschaft betrieben werden kann. Aber auch in der Schweiz wurde es stellenweise schon knapp und wie das Problem gelöst wurde, könnte andere inspirieren: Zwischen 1960 und 1970 sank im Kanton Genf und im benachbarten französischen Departement Haute-Savoie der Pegel drastisch. Brunnen versiegten und mussten geschlossen werden.

Politik und Behörden einigten sich daraufhin auf eine künstliche Wasserzufuhr aus dem Flüsschen Arve. In den folgenden Jahren konnte der Grundwasserspiegel sogar wieder angehoben werden – wenn er auch den ursprünglichen Stand nicht mehr erreicht hat.

Die künstlichen Wasserwege werden immer länger

Das bedingt allerdings, dass grundsätzlich in einem Gebiet genug Wasser vorhanden ist, wie es in der Schweiz der Fall ist. In Spanien hingegen musste eine grosse Pipeline gebaut werden, die Wasser aus den Pyrenäen nach Zentralspanien führt. In Arizona in den USA trocknet nun das Delta des Colorado Rivers zeitweise aus, weil Wasser umgeleitet wird, damit sich die Grundwasserreservoires andernorts wieder auffüllen können.

Insgesamt gibt es nicht weniger Wasser auf der Welt, aber zu wenig versickert im Boden, wo es als Grundwasser gespeichert wird und als Trinkwasser genutzt werden kann: Bei Starkregen, die im Zuge der Klimaerwärmung häufiger werden, fliesst das Wasser ungenutzt auf der Oberfläche ab in Flüsse und schliesslich ins Meer. In dicht bebauten Regionen wie der Schweiz geschieht das besonders stark, weil viele Flächen versiegelt, das heisst zugebaut sind.

In Trockengebieten ohne Flüsse erschöpft sich das Grundwasser, oder sogenannte Aquifere, rasch, wenn mehr Wasser hochgepumpt wird, als Niederschlag fällt. Davon betroffen sind Kalifornien, Spanien, der Iran, Australien und die High Plains, die sich in der Mitte der USA von Norden in den Süden runterziehen.

Dramatische Beschleunigung

«Dass die Grundwasserpegel weltweit stark gesunken sind, hat uns nicht überrascht, aber dass sich das Tempo in den letzten zwei Jahrzehnten noch beschleunigt hat, hat uns schockiert», sagt Seybold in einer Mitteilung der ETH. «Wir können deshalb das Problem nicht auf die lange Bank schieben. Die Welt muss dringend handeln.»

Doch das Problem ist schwierig zu lösen: Noch wächst die Weltbevölkerung und es muss mehr Nahrung produziert werden. Gleichzeitig ist es in vielen Gebieten durch die Klimaerwärmung heisser und trockener geworden – landwirtschaftliche Kulturen müssten daher stärker bewässert werden, wie die ETH schreibt.

Wo zeitweise viel Wasser fällt, muss es unbedingt zurückgehalten und besser nutzbar gemacht werden. Auch in der Schweiz werden von Gemeinden vermehrt Rückhaltebecken gebaut, um Überschwemmungen abzuschwächen. Doch um in Dürrezeiten auf den gefallen Niederschlag als Grundwasser zurückgreifen zu können, ist die Planung grösserer Schwemmgebiete nötig und punktuell das Aufbrechen von Asphaltflächen.