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Weshalb gibt es keine Pro-Palästina-Proteste an der FHNW?

An mehreren Universitäten im ganzen Land wird für Palästina demonstriert. Die Fachhochschule Nordwestschweiz blieb bisher verschont. So gehen die Verantwortlichen mit der Situation um.

Der Nahost-Konflikt spaltet im Westen zunehmend die Gemüter. Im Zentrum steht der brutale Krieg, der im Gazastreifen zwischen Israels Armee und der radikal-islamistischen Hamas tobt, ausgelöst durch eine ebenso brutale Terrorattacke von Hamas-Kämpfern im vergangenen Oktober.

Israel wird zuweilen immer häufiger von Politikern und Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Das Vorgehen der Armee richte sich auch gegen Zivilisten im Gazastreifen, wird moniert. In diversen europäischen Städten gab es bereits Pro-Palästina-Proteste. Im Rahmen des Eurovision Song Contest demonstrierten tausende Menschen gegen Israels Teilnahme am Musikwettbewerb.

Auch an Universitäten scheint der Unmut gegen Israel, oder zumindest gegen das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen, überhandzunehmen. Vergangene Woche demonstrierten Studierende an derUniversität Lausanneund an derETH in Zürich. Seit Sonntag ist auch an derUniversität Berneine Protestaktion in Gang und am Montag besetzten Studierende Gebäude der UniversitätenBaselund Freiburg. Im Zentrum der Proteste steht auch hier der Nahost-Konflikt.

Verbindungen zu israelischen Institutionen sollen gekappt werden

Die Studierenden fordern unter anderem, dass ihre Universitäten nicht mehr mit israelischen Institutionen zusammenarbeiten, die die israelische Regierung und das israelische Militär finanziell unterstützen. Die Verbindungen sollen gekappt werden. Spruchbänder mit Aufschriften wie «No Tech for Genocide» (zu Deutsch «Keine Technologie für Genozid») sind bei den Besetzungen zu lesen. Auch «Free Palestine»-Schriftzüge werden in die Luft gehalten.

Was auffällt: Bisher kam es ausschliesslich an Universitäten zu Pro-Palästina-Aktionen, an Fachhochschulen hingegen blieb es bezüglich Nahost-Konflikt ruhig. Auch an derFachhochschule Nordwestschweiz (FHNW), die Kontakte mit israelischen Institutionen pflegt,kam es an keinem Standort der insgesamt neun Fachbereiche zu Protesten.

Ein anderes Klientel an Fachhochschulen?

«Bisher sind uns keine Vorkommnisse bekannt», bestätigt FHNW-Mediensprecher Dominik Lehmann. Es seien nach aktuellem Kenntnisstand auch keine Pro-Palästina-Proteste geplant. Auch Gespräche zwischen den Studierenden und der Schulleitung hätten bisher nicht stattgefunden «und ich darf sagen, dass wir einen sehr guten Austausch mit unseren Studierendenorganisationen haben.»

Doch warum ist das Thema an der FHNW nicht so präsent, wie an Universitäten? Darüber könne er nur spekulieren, sagt Lehmann. «Ohne pauschalisieren zu wollen: Studierende an Universitäten sind in der Tendenz wohl politisch aktiver als an Fachhochschulen.» Das könnte ein Grund sein, dass der Nahost-Konflikt bisher vor allem an Universitäten zu Protesten führte.

In der Regel richtet sich die Lehre an Universitäten zudem stärker an (gesellschaftlichen) Grundsatzfragen aus, während bei Fachhochschulen praktischere Anwendungen, häufig im beruflichen Umfeld, im Zentrum stehen. Wer sowohl an einer Fachhochschule als auch an einer Uni studiert hat, weiss: Die Dynamik ist anders, die Themen in der Pause häufig nicht die gleichen. Dennoch bleiben diese Überlegungen hypothetisch. Dass die Pro-Palästina-Proteste in den nächsten Tagen auch auf die FHNW überschwappen, ist natürlich nicht ausgeschlossen.

Bei FHNW-Studierenden sind Proteste bisher kein Thema

Ein kritischer Austausch von aktuellen Themen und Konflikten sei auch an der FHNW selbstverständlich erwünscht, betont Lehmann – im Rahmen von geeigneten Gefässen. Grundsätzlich stehe es den einzelnen Fachbereichen und den Dozentinnen und Dozenten denn auch frei, Vortragsreihen oder Vorlesungen zum Thema durchzuführen. «Für propagandistische und gewaltverherrlichende Inhalte und Aktivitäten gibt es aber natürlich keinen Platz und solche würden nicht bewilligt», sagt Lehmann.

Die bisherigen Proteste an Schweizer Universitäten blieben friedlich. Die Studierenden besetzten jeweils Räumlichkeiten oder einzelne Gebäude. An der ETH wurden die Demonstrierenden jedoch von der Polizei aus dem Gebäude getragen, weil man sich nicht mit der ETH-Leitung einigen konnte. Auch die Uni Lausanne wurde am Dienstagmorgen von der Polizei geräumt.

Ob man an der FHNW eine Besetzung tolerieren würde, würde die Leitung erst im konkreten Fall entschieden, sagt Lehmann. Im Moment scheint dies aber ohnehin eine hypothetische Überlegung zu bleiben. Denn auch unter den Studierenden der FHNW gibt es dem Vernehmen nach kein Interesse an einem Protest. Die offizielle Studierendenorganisation wollte am Montag auf Anfrage von ArgoviaToday keine Stellung nehmen, das Thema werde in den nächsten Tagen in der Fachschaft besprochen.